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Donnerstag, 28. März 2024
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19,5 Meter langer Bus mit vier Achsen und einem Gelenk für 193 Passagiere

Mercedes CapaCity: Neues Großraum-Bus-Konzept für den ÖPNV

Siehe Bildunterschrift
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Mercedes CapaCity
DaimlerChrysler
Dort, wo der öffentliche Nahverkehr angenommen wird, sind aus Gründen von Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz möglichst große Trams und Busse gefragt. Auch Mercedes hat kürzlich den Prototypen einen besonders großen Busses vorgestellt, geht mit dem "CapaCity" aber andere Wege als bisherige Konzepte.
19,54 Meter lang ist der Bus - das sind zwar gut anderthalb Meter mehr als sonst zulässig und üblich, aber doch weit weniger als etwa der letztes Jahr in Dresden getestete Mega-Bus des belgischen Herstellers Van Hool mit fast 25 Metern Länge.

Während dort 183 Personen transportiert werden können, verspricht Mercedes genügend Kapazität sogar für 193 Passagiere - das sind rund 40 Prozent mehr als etwa im Citaro G, dem Serienpendant mit Standardmaßen. Die Anzahl der Sitzplätze hat Mercedes nicht veröffentlicht, klar ist aber, dass man mit den zulässigen acht Personen pro Quadratmeter Stehfläche rechnet - dagegen erscheint eine Sardinenbüchse fast noch luftig.

Hierfür wurde die Nutzlast auf 13 Tonnen und das zulässige Gesamtgewicht auf 32 Tonnen erhöht, wozu insbesondere auch eine vierte Achse beiträgt. Aufgrund des vergleichsweise geringen Längenzuwachses konnte dagegen auf eine technisch aufwändige und teure Doppelgelenk-Lösung verzichtet werden. Praktisch wurden der Vorderwagen eines regulären Citaro G und das Heck eines 15-Meter-Citaro L zusammengesetzt - die Standardteile sparen später Geld in punkto Wartung.

Der weitere Vorteil dieses Konzepts liegt in den kaum veränderten Fahreigenschaften: So entspricht der Wendekreis des "CapaCity" von 22,85 m exakt dem des dreiachsigen Gelenkbusses Citaro G; der Kurvenlauf sowie die notwendige Breite der Ringfläche sind ebenfalls identisch. Damit ist der CapaCity im Handling erheblich einfacher als andere Alternativ-Konzepte mit Doppelgelenk oder Anhänger, die derzeit angeboten werden - auch beim Rangieren oder der Rückwärtsfahrt, die mit einem Gelenk natürlich deutlich leichter zu bewerkstelligen ist als mit zweien. Eine Kamera am Heck, deren Bild auf dem Monitor am Fahrerplatz auch den Korridor zeigt, dem der Bus unter Beibehaltung des aktuellen Lenkeinschlags folgen wird, soll hier zusätzliche Erleichterung schaffen.

Der Bus ist komplett als Niederflurkonzept ausgelegt. Vier doppelt breite Türen, davon zwei im Nachläufer, durchweg stufenlose Ein- und Ausstiege sowie Stehperrons für stehende Passagiere, Eltern mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer führen den Angaben zufolge trotz der hohen Kapazität trotzdem zu einem schnellen Fahrgastwechsel.

Im Design entspricht der CapaCity weitgehend der bekannten Linie des Hauses. Mercedes hat sich eigenen Angaben zufolge einerseits bemüht, die schiere Größe optisch zu kaschieren, andererseits, etwa durch Abdeckungen an den beiden nicht gelenkten Achsen, die Länge zu betonen. Auffällig sind darüberhinaus die Heckleuchten, die optisch durch schwarz lackierte Flächen bis weit nach unten heruntergezogenen Seitenscheiben, die weitgehend glattflächige Verkleidung auch der Dachaufbauten sowie die Front mit einem angedeuteten Dreieck und dem betont herausgearbeiteten Mercedes-Stern.

Für den Antrieb sorgt ein bewährter liegender Reihen-Sechszylinder (OM 457 hLA) mit zwölf Litern Hubraum und 354 PS. Der Motor nach Abgasstandard Euro 4 mit BlueTec-Dieseltechnologie auf Basis der SCR-Technik treibt die dritte Achse an. Die Fahrleistungen sollen auf dem Niveau des kürzeren dreiachsigen Citaro G liegen.

Das Fahrwerk verfügt über eine Besonderheit: Eine Wank-/Nickregelung, wie sie bisher nur bei einigen wenigen Brennstoffzellen-Bussen mit ihrer hohen Dachlast eingesetzt wurde, soll durch eine elektronisch geregelte variable Kennung der Stoßdämpfer für Sicherheit einerseits und für Komfort andererseits sorgen - bei einem so großen und schweren Bus im Stadtverkehr sicher der richtige Weg. Reduzierte Schwankungen der Radlast schonen laut Mercedes zudem die Straßen. Zusammen mit der Einzelrad-Aufhängung an der Vorderachse verspricht der Autobauer neue Maßstäbe im Fahrkomfort bei Stadtbussen.

Da die Länge des CapaCity mit 19,54 m über das derzeit zulässige gesetzliche Maß von 18,75 m hinausreicht, ist für den Betrieb auf öffentlichen Straßen momentan noch eine Sondergenehmigung notwendig. Diese liegt in Deutschland bereits für fünf Bundesländer vor, eine deutschlandweite Zulassung dürfte folgen, schon alleine, weil an einer Verbreitung vor allem die meist öffentlich-rechtlichen ÖPNV-Betreiber großes Interesse haben:

Eine Konzentration der Fahrgast-Beförderungsleistung auf Hauptlinien und eine damit einhergehende Reduzierung von Kraftstoff-, Fahrer-, Werkstatt- und Kapitalkosten sind dafür Gründe ebenso wie eine geringere Umweltbelastung. Zusätzliche Umbaukosten für Haltestellen und Fahrwege werden Kapazitäts-Konzept "CapaCity" dagegen weitgehend vermieden. Für mögliche erste Praxistests, möglicherweise auch mit einem weiteren Testfahrzeug in normalem Citaro-Design, seien Hamburg und der Flughafen Frakfurt/Main im Gespräch, berichtet ergänzend Stadtbus.de.
text  Hanno S. Ritter
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