Volkswagen
Plug-in-Hybrid-Crossover:
Studie VW Cross Coupé
VW Cross Coupé heißt eine Studie, die Volkswagen auf der Tokyo Motor Show präsentiert. Es handelt sich um ein
kompaktes SUV-Coupé, das nicht nur wegen seines Drei-Motoren-Hybridantriebs mit Plug-in-Technik spannend ist,
sondern auch, weil es einige neue Designelemente künftiger Serienmodelle andeutet.
Wenn ein neues Modell auf den Markt kommt, weiß man meist schon vorher einigermaßen bis gut, wie es aussehen wird -
weil es zur Modellfamilie passen muss, weil es Erlkönige gab und mit Insiderwissen erstellte Computerretuschen.
Echte Designschritte und Ausblicke auf neue Fahrzeugkonzepte dagegen kommen oft überraschend: Direkt aus den
Designstudios der Hersteller auf eine Messe, wo dann offiziell die Publikumsreaktionen getestet werden sollen.
Solche Autos nehmen oft Designmerkmale vorweg, die anschließend über Jahre an den Serienmodellen auf der Straße
zu sehen sind.
So ungefähr dürfte es auch beim VW Cross Coupé sein, das die Wolfsburger jetzt auf der Tokyo Motor Show ins Rampenlicht
fahren. Es handelt sich um ein sportlich geschnittenes SUV, das aber im Gegensatz zum BMW X6 und dem kommenden Mercedes
MLC deutlich kleiner ausfällt: Die Studie sortiert sich sowohl mit ihrer Länge von 4,35 Metern als auch mit 1,87 Metern
Breite und 1,52 Metern Höhe zwischen dem Golf und dem Tiguan ein. Anders ausgedrückt: Das Cross Coupé ist länger als
der Golf und zugleich niedriger als ein Golf Plus.
Das Konzeptauto ist außerdem das erste Modell im VW-Konzern, das auf dem neuen modularen Querbaukasten (MQB) basiert.
Diese im kommenden Jahr in Serie beim neuen Audi A3 startende Chassis ermöglicht für VW-Verhältnisse ungewöhnlich kurze
Überhänge. Der Radstand von 2,63 Metern liegt trotz der kürzeren Karosserie leicht über dem des Tiguan, so dass die
Überhänge auf jeweils rund 85 Zentimeter begrenzt werden konnten. Den kraftvollen Auftritt unterstreichen große Spurweiten
von 1,59 Metern vorn und 1,61 Metern hinten (Tiguan: 1,57 Meter). Während dies auf den vorderen Böschungswinkel
(24,2 Grad ungefähr wie beim Tiguan Trend/Sport) wenig Einfluss hat, beträgt der entsprechende hinter Wert sehr gute 32,5 Grad
(Tiguan je nach Variante 17,7 oder 25 Grad).
Drei Motoren, intelligent verknüpft
Interessant ist das Antriebskonzept des VW Cross Coupé. Natürlich handelt es sich um einen Hybriden, doch VW hat das Konzept
verfeinert. Im Motorraum befinden sich ein 150 PS starker TSI-Benziner mit maximal 210 Nm Drehmoment sowie ein Elektromotor
mit 40 kW (54 PS) Leistung und 180 Nm Drehmoment. Sie treiben bedarfsgerecht zusammen oder einzeln die Vorderachse an. Ein zweiter
Elektromotor in der Hinterachse mit bis zu 85 kW (115 PS) und 270 Newtonmeter Drehmoment treibt die Hinterachse an - entweder im
Allradmodus oder für rein elektrisches Fahren. Dies soll auf einer Strecke von bis zu 45 Kilometern möglich sein.
Weil das Layout auf eine konventionelle, platz- und kraftzehrende Kardanwelle verzichtet, bleibt im Mitteltunnel Platz für die
Batterieeinheit. Sie setzt auf Lithium-Ionen-Technik und bietet 9,8 kWh Kapazität. Aufgeladen wird sie durch die Energierückgewinnung
beim Bremsen (an beiden Achsen arbeitet der E-Motor dann als Generator), über den Benzinmotor oder auch extern via Kabel und
Steckdose. Im Normzyklus kommt dieses Konzept auf einen Verbrauch von 2,7 Litern - hier ist die elektrische Reichweite aber eingerechnet.
Ohne dies kommt das wegen der Batterietechnik 1.750 Kilogramm schwere Cross Coupé auf etwa 6,75 Liter, das sind rund zwei Liter
weniger als sich ein aktueller Tiguan TSI mit 180 PS und permanentem Allradantrieb genehmigt. Schade nur, dass VW als Verbrennungsmotor
nicht einen Diesel gewählt hat, was die Geschichte zwar teurer und noch schwerer, aber auch nochmals sparsamer gemacht hätte.
Die Fahrleistungen überraschen, denn sie sind nicht so "sportlich", wie VW das behauptet: Bei einer Gesamt-Systemleistung
von 265 PS sprintet das Cross Coupé aus dem Stand in gerade einmal 7,0 Sekunden auf Tempo 100, maximal sind 201 km/h Reisetempo möglich.
Im rein elektrischen Betrieb erlaubt die Elektronik 120 km/h. Zum Vergleich: Der Tiguan 1,8 TSI DSG kommt auf 7,9 Sekunden und 202 km/h, die
210-PS-Variante auf 7,3/213.
Bulliges Design mit neuer Frontpartie
Von der Technik zum Design: Prägend für die Optik des Cross Coupés sind die lange Motorhaube, eine neue Frontpartiegestaltung,
die nach hinten gerückte Passagierkabine und die im SUV-Vergleich flache Fensterlinie. Gewöhnungsbedürftig ist eine sog.
"Tornadolinie", die sich unterhalb der rahmenlosen Fenster vom vorderen bis zum hinteren Kotflügel erstreckt. Die Radhäuser sind
wie beim Tiguan leicht eckig gehalten und mit einem schwarzen Aufsatz ausgestellt.
Das Cross Coupé "lebt" dabei Studien-typisch auf großem Fuß: 20-Zoll-Räder mit 265/45er-Pneus gibt es beim Tiguan nicht einmal für
Geld und gute Worte. Vom Golf erbt das Cross Coupé die breite C-Säule, die im Gegensatz zum Tiguan auf ein drittes Seitenfenster
verzichtet, was dem optischen Auftritt durchaus gut tut. Eine flache Heckscheibe mit großem Dachkantenspoiler und links und rechts
je ein doppeltes, bündig eingefasstes Endrohr kennzeichnen das Heck.
"Höchst eigenständig zeigt das Cross Coupé, wohin sich das Volkswagen Design entwickelt", heißt es bei VW, und dies gilt
auch und speziell für die Front, wo die Gestaltung der charakteristischen horizontalen Linien des "VW-Gesichts", inzwischen
vom Polo bis zum Crafter eingesetzt, eine Brücke zwischen Gegenwart und Zukunft schlagen soll. Anders als bei heutigen Modellen
haben die Designer beide Xenon-Doppelscheinwerfer und die verchromten Rippen des Kühlergitters miteinander verschmelzen lassen. Die
nach außen ansteigenden Chromflügel betonen die Breite und sind dabei Teil eines neuartigen Lichtkonzeptes; der untere der beiden
Chromflügel beinhaltet das Tagfahrlicht, der darüber angeordnete Flügel den Blinker. Die Nebelscheinwerfer gefallen durch ihre kleine
Größe, ermöglicht durch LED-Technik.
Viersitzer-Interieur mit dynamischer Instrumentierung
Das viersitzige Interieur gibt sich einerseits sportlicher als in heutigen VW-Serienmodellen dieser Art, andererseits
ist es wie bei solcherart Studien üblich, bewusst überzeichnet. Erwähnenswert sind der aus dem vollen Block gefräste Wählhebel des
7-Gang-DSG, die Haltegriffe seitlich an der Mittelkonsole, die man, wenn auch im Cross Coupé feiner ausgeführt, seit dem Golf V
nicht vermisst hat und nicht zuletzt das auffallend breite und flache, weit oben angeordnete Navi-Display. VW bleibt hier dem Touchscreen-Konzept
treu; der Einsatz eines Controllers wie bei Audi, Mercedes oder BMW ist wohl in Anbetracht der (vermeintlich) schwierigeren
Bedienung nicht vorgesehen.
Hinter dem auffälligerweise tastenfreien Lenkrad ist ein frei programmierbares Kombiinstrumenten-Display angeordnet.
Es zeigt dynamisch generierte Inhalte in Abhängigkeit des über den Drehregler in der Mittelkonsole gewählten Betriebsmodus
("Sport", "City" und "Offroad") - zum Beispiel Gyrometer, Kompass und topografische Karte im Offroad-Modus, Power-Anzeige und
260-km/h-Tacho im Sport-Betrieb. Die Modi sind jeweils spezifisch gestaltet und auch farblich differenziert voneinander ausgeführt.
Mittig zwischen
den beiden Rundinstrumenten angeordnet befindet sich ein weiteres, multifunktionales Farbdisplay. Es zeigt grundsätzlich wie bei
heutigen Modellen Infos zu Radio, Telefon, Bordcomputer oder Navi-Hinweise an, dies aber wesentlich größer und farbiger als es
die aktuell beste "MFA Premium" kann. Die Darstellung erinnert an Audi und den Touareg, und viele VW-Fans dürften insoweit sofort dem Gedanken
"haben wollen" verfallen.
Studie gibt Designrichtung vor und könnte Modell-Vorbote sein
Und was passiert mit dem Cross Coupé nach der Messe in Tokyo? Nun, es verschwindet in den Wolfsburger Katakomben. Dass es sein
grundsätzliches Konzept als etwas kleinerer Konkurrent zum angekündigten BMW X4 in die Serie schafft, ist irgendwo zwischen denkbar und wahrscheinlich
einzuordnen, und dass sein Design Vorbote für künftige Serienmodelle ist, mehr als das. "Originär, charakterstark, skulptural und dynamisch
steht das Cross Coupé für das zukünftige SUV-Design von Volkswagen!", haben die PR-Leute in Wolfsburg getextet, und da sie im Gegensatz
zu manch anderem Hersteller üblicherweise nicht zu schlechter Sprache und inflationärem Ausrufezeichengebrauch neigen,
wissen sie wahrscheinlich schon mehr.