Das unabhängige Portal rund um Automobil & Verkehr
Freitag, 29. März 2024
Schrift: kleiner | größer
Lesezeit: ~ 4 Minuten
Neuer 1,4-TSI-Motor wird nochmals sparsamer / Serienstart bereits Anfang 2012

VW führt Zylinderabschaltung beim Vierzylinder ein (aktualisiert)

9639"
VW Golf TSI schon bald Volkswagen
mit Zylinderabschaltung
Der Effizienz-Verbesserung nächster Kniff steht bevor: Volkswagen hat einen neuen Vierzylinder-Benziner entwickelt, der im Teillastbetrieb zwei Zylinder abschaltet, um nochmals sparsamer zu werden. Schon in Kürze startet die Kombination TSI-ZAS in Serie. Das Sparpotential von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor war in den letzten Jahren eindrucksvoll. Dazu beigetragen haben einerseits Maßnahmen an Aerodynamik und Reifenreibung, andererseits solche an der Getriebe- und Motortechnik selbst. Man hört allenthalben, noch sei die Spirale nicht ausgereizt, weitere Verbesserungen möglich.

Einen Beweis für die Richtigkeit dieser These liefert Volkswagen. Die Wolfsburger haben den 1,4-Liter-Benzinmotor (1,4 TSI) weiterentwickelt und ihm als wichtigste Neuheit eine Zylinderabschaltung (ZAS) spendiert. Mit dem Hightech-System, das bisher selbst bei großen Motoren nur sehr vereinzelt eingesetzt wird, soll der Verbrauch deutlich gesenkt werden, indem bei niedriger und mittlerer Last zwei der vier Zylinder vorübergehend still gelegt werden. Der Marktstart ist bereits für Anfang 2012 vorgesehen.

In Zahlen: Der neue Motor leistet 140 PS und entwickelt 250 Newtonmeter Drehmoment zwischen 1.500 und 4.000 Umdrehungen. Im Normverbrauch verbessert sich der 140 PS starke Motor um 0,4 Liter, hat VW angekündigt, ohne das zugehörige Modell zu nennen. Geht man von einem Golf 1,4 TSI mit 122 PS aus, käme die neue Version auf 5,8 statt 6,2 Liter, die Variante mit 160 PS auf 5,9 statt 6,3, jeweils entsprechend gut sechs Prozent.

Integriert man zudem die Start-Stopp-Funktion, die VW bei diesem Motor im Golf derzeit nicht anbietet, kommen nochmals zwei Zehntel hinzu. Die größten Effekte erzielt die von VW erstmals in Großserie gebrachte Zylinderabschaltung bei konstanter Fahrt mit moderatem Tempo: Bei 50 km/h im dritten oder vierten Gang ergibt sich eine Einsparung von nahezu einem Liter auf 100 Kilometer, bei 70 km/h im 5. Gang 0,7 Liter.

Ausgehend vom Normverbrauch wäre das neue Modell mit 5,6 Liter gelistet. Das sind 0,6 Liter besser als bisher, doch eindrucksvoller ist der Vergleich mit einem gerade einmal fünf Jahre alten Golf V FSI: Ganze zwei Liter oder gut 25 Prozent beträgt der Fortschritt.
Komplexe Technik
Die Zylinderabschaltung wird immer dann aktiv, wenn die Motordrehzahl zwischen 1.400 und 4.000 Umdrehungen und das Drehmoment zwischen 25 und 75 Nm liegt. Zuerst werden die Brennräume noch einmal mit Luft gefüllt - dieser Frischgaseinschluss führt zu einem minimalen Druck im Zylinder und einem entsprechend niedrigen Energieaufwand. Anschließend schließt das System die Ein- und Auslassventile der Zylinder 2 und 3; der Motor zündet pro Kurbelwellenumdrehung nur noch einmal. Die Kolben der deaktivierten Zylinder werden nun von der Kurbelwelle geschleppt; in den beiden aktiven Zylindern erhöht sich dagegen der Wirkungsgrad, weil sich die Betriebspunkte zu höheren Lasten hin verlagern.

Das Schließen der Ventile erfolgt über eine komplexe Aktuatorik: Auf der Ein- und der Auslassnockenwelle sitzen je zwei verschiebbare Hülsen, die sogenannten Nockenstücke, auf speziellen Verzahnungen. Sie sind für die acht Ventile des zweiten und dritten Zylinders zuständig. Jedes Nockenstück trägt an seinen Enden je zwei unterschiedliche Profile nebeneinander - ein herkömmliches Vollprofil und einen so genannten Nullhubnocken. Während die Vollprofile im Vierzylinderbetrieb konventionell die Rollenschlepphebel und über sie die Ventile betätigen, rotieren die Nullhubnocken über den Schlepphebeln. Sie betätigen sie nicht, die Ventilfedern halten die Ventile geschlossen. Gleichzeitig legt das Motormanagement die Einspritzung still.

In die Außenseiten der rotierenden Nockenstücke sind spiralförmige Nuten eingefräst, über die sich die Hülsen blitzschnell um einige Millimeter auf den Wellen verschieben lassen: Bekommen elektromagnetische Aktuatoren in der Zylinderkopfhaube durch die Motorsteuerung ein Signal, greifen zwei integrierte Metallstifte von außen in die Nuten ein und bringen sie in Endposition. Von federbelasteten Kugeln werden die Nockenstücke schließlich arretiert. Sobald der Fahrer kräftig Gas gibt, schalten sich die Zylinder 2 und 3 wieder zu. Hierzu werden die Informationen des Gaspedalsensors genutzt. Ergibt sich aus ihnen ein ungleichmäßiges Muster - etwa bei einer Fahrt im Kreisverkehr oder bei sportlicher Gangart auf der Landstraße -, unterbleibt die Abschaltung.

Alle mechanischen Umschaltvorgänge laufen dabei innerhalb einer halben Nockenwellenumdrehung ab; je nach Drehzahl dauern sie 13 bis 36 Millisekunden. Flankierende Eingriffe an Zündung und Drosselklappe glätten sie. Sorge um die Laufkultur will VW erst gar nicht aufkommen lassen: "Auch mit nur zwei Zylindern läuft der exzellent ausbalancierte 1.4 TSI noch sehr leise und vibrationsarm", heißt es. Dem Fahrer wird der aktuelle Betriebszustand ausschließlich in der Momentanverbrauchsanzeige des Bordcomputers signalisiert.
text  Hanno S. Ritter
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
Sie befinden sich im Archiv. Meldungen und enthaltene Links können veraltet sein. Bitte beachten Sie das obenstehende Veröffentlichungsdatum dieser Nachricht. Aktuelle Auto-News finden Sie hier.