|
VW Golf TSI schon bald |
Volkswagen |
mit Zylinderabschaltung |
Der Effizienz-Verbesserung nächster Kniff steht bevor: Volkswagen hat einen neuen Vierzylinder-Benziner entwickelt, der
im Teillastbetrieb zwei Zylinder abschaltet, um nochmals sparsamer zu werden. Schon in Kürze startet die Kombination TSI-ZAS
in Serie.
Das Sparpotential von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor war in den letzten Jahren eindrucksvoll. Dazu beigetragen
haben einerseits Maßnahmen an Aerodynamik und Reifenreibung, andererseits solche an der Getriebe- und Motortechnik
selbst. Man hört allenthalben, noch sei die Spirale nicht ausgereizt, weitere Verbesserungen möglich.
Einen Beweis für die Richtigkeit dieser These liefert Volkswagen. Die Wolfsburger haben den 1,4-Liter-Benzinmotor
(1,4 TSI) weiterentwickelt und ihm als wichtigste Neuheit eine Zylinderabschaltung (ZAS) spendiert. Mit dem Hightech-System,
das bisher selbst bei großen Motoren nur sehr vereinzelt eingesetzt wird, soll der Verbrauch deutlich gesenkt werden,
indem bei niedriger und mittlerer Last zwei der vier Zylinder vorübergehend still gelegt werden. Der Marktstart
ist bereits für Anfang 2012 vorgesehen.
In Zahlen: Der neue Motor leistet 140 PS und entwickelt 250 Newtonmeter Drehmoment zwischen 1.500 und 4.000 Umdrehungen.
Im Normverbrauch verbessert sich der 140 PS starke Motor um 0,4 Liter, hat VW angekündigt, ohne das zugehörige Modell
zu nennen. Geht man von einem Golf 1,4 TSI mit 122 PS aus, käme die neue Version auf 5,8 statt 6,2 Liter, die Variante
mit 160 PS auf 5,9 statt 6,3, jeweils entsprechend gut sechs Prozent.
Integriert man zudem die Start-Stopp-Funktion, die VW bei diesem Motor im Golf derzeit nicht anbietet, kommen nochmals zwei
Zehntel hinzu. Die größten Effekte erzielt die von VW erstmals in Großserie gebrachte Zylinderabschaltung bei konstanter Fahrt
mit moderatem Tempo: Bei 50 km/h im dritten oder vierten Gang ergibt sich eine Einsparung von nahezu einem Liter auf 100 Kilometer,
bei 70 km/h im 5. Gang 0,7 Liter.
Ausgehend vom Normverbrauch wäre das neue Modell mit 5,6 Liter gelistet. Das sind 0,6 Liter besser als bisher, doch
eindrucksvoller ist der Vergleich mit einem gerade einmal fünf Jahre alten Golf V FSI: Ganze zwei Liter oder gut 25 Prozent
beträgt der Fortschritt.
Komplexe Technik
Die Zylinderabschaltung wird immer dann aktiv, wenn die Motordrehzahl zwischen 1.400 und 4.000 Umdrehungen und das
Drehmoment zwischen 25 und 75 Nm liegt. Zuerst werden die Brennräume noch einmal mit Luft gefüllt - dieser
Frischgaseinschluss führt zu einem minimalen Druck im Zylinder und einem entsprechend niedrigen Energieaufwand.
Anschließend schließt das System die Ein- und Auslassventile der Zylinder 2 und 3; der Motor zündet pro Kurbelwellenumdrehung
nur noch einmal. Die Kolben der deaktivierten Zylinder werden nun von der Kurbelwelle geschleppt; in den beiden aktiven
Zylindern erhöht sich dagegen der Wirkungsgrad, weil sich die Betriebspunkte zu höheren Lasten hin verlagern.
Das Schließen der Ventile erfolgt über eine komplexe Aktuatorik: Auf der Ein- und der Auslassnockenwelle sitzen je zwei
verschiebbare Hülsen, die sogenannten Nockenstücke, auf speziellen Verzahnungen. Sie sind für die acht Ventile des zweiten
und dritten Zylinders zuständig. Jedes Nockenstück trägt an seinen Enden je zwei unterschiedliche Profile nebeneinander - ein
herkömmliches Vollprofil und einen so genannten Nullhubnocken. Während die Vollprofile im Vierzylinderbetrieb konventionell die
Rollenschlepphebel und über sie die Ventile betätigen, rotieren die Nullhubnocken über den Schlepphebeln. Sie betätigen sie
nicht, die Ventilfedern halten die Ventile geschlossen. Gleichzeitig legt das Motormanagement die Einspritzung still.
In die Außenseiten der rotierenden Nockenstücke sind spiralförmige Nuten eingefräst, über die sich die Hülsen blitzschnell um
einige Millimeter auf den Wellen verschieben lassen: Bekommen elektromagnetische Aktuatoren in der Zylinderkopfhaube durch die
Motorsteuerung ein Signal, greifen zwei integrierte Metallstifte von außen in die Nuten ein und bringen sie in Endposition. Von
federbelasteten Kugeln werden die Nockenstücke schließlich arretiert. Sobald der Fahrer kräftig Gas gibt, schalten sich die
Zylinder 2 und 3 wieder zu. Hierzu werden die Informationen des Gaspedalsensors genutzt. Ergibt sich aus ihnen ein
ungleichmäßiges Muster - etwa bei einer Fahrt im Kreisverkehr oder bei sportlicher Gangart auf der Landstraße -, unterbleibt die
Abschaltung.
Alle mechanischen Umschaltvorgänge laufen dabei innerhalb einer halben Nockenwellenumdrehung ab; je nach Drehzahl dauern sie 13
bis 36 Millisekunden. Flankierende Eingriffe an Zündung und Drosselklappe glätten sie. Sorge um die Laufkultur will VW erst gar
nicht aufkommen lassen: "Auch mit nur zwei Zylindern läuft der exzellent ausbalancierte 1.4 TSI noch sehr leise und vibrationsarm",
heißt es. Dem Fahrer wird der aktuelle Betriebszustand ausschließlich in der Momentanverbrauchsanzeige des Bordcomputers
signalisiert.