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Dienstag, 16. April 2024
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Neuer Cinquecento kommt bereits am 4. Juli 2007

50 Jahre Fiat 500: Rückblick und Ausblick

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Fiat 500 und Fiat 500
Fiat
Fiat feiert 50 Jahre Fiat 500 – und beschenkt sich selbst und die große Fangemeinde mit einem vorgezogenen Start des neuen "Cinquecento". Schon am 50. Jahrestag der Präsentation des Ur-Modells, dem 4. Juli, kommt der Nachfolger. Rückblick und Ausblick in Wort und Bild. Mit rund 3,7 Millionen gebauten Exemplaren zwischen 1957 und 1977 hat der Fiat 500 das Automobil-Bewusstsein einer ganzen Generation geprägt.

Rückblende auf den 4. Juli 1957. Durch die Innenstadt von Turin rollt eine Autokarawane, die der Legende zufolge bei jedem Halt für Menschenaufläufe sorgt. 120 Exemplare des brandneuen Fiat 500 bringen die Passanten zum Staunen. Der Cinquecento, wie er in Italien genannt wird, schickt sich an, den Automobilmarkt zu revolutionieren. Er hat alles, was man von einem Auto in den 50er Jahren erwartet - ausreichend Platz und einen zumindest im Stadtverkehr leistungsfähigen Motor. Damit folgt das knapp drei Meter lange und 1,32 Meter schmale Wägelchen der gleichen Philosophie, die in diesem Zeitraum unter anderem das Goggomobil, die BMW Isetta, den NSU Prinz, den Citroën 2CV oder den Mini kennzeichnen.

Der wirtschaftliche Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Schnell nimmt der Fiat 500 in Italien die Rolle ein, die ein paar Jahre später in der noch jungen Bundesrepublik der VW Käfer erfüllen wird - er mobilisiert eine ganze Nation. Neben den kompakten Abmessungen und dem Altstadt-gerechtem Wendekreis von 8,60 Metern ist der Preis ein weiterer Trumpf. Zunächst 465.000 Lire, nach ersten Änderungen dann 490.000 Lire (rund 3.000 Mark) kostet das Wägelchen, 150.000 Lire weniger als der größere Fiat 600 und ein Niveau, dass es auch dem sogenannte kleinen Mann möglich macht, sich im beginnenden Wirtschaftswunder-Zeitalter endlich ein eigenes Auto leisten. Der Motorroller hat als bevorzugtes Beförderungsmittel allmählich ausgedient.

Chefkonstrukteur ist Dante Giacosa, der bereits den Vorläufer Fiat Topolino entwickelt hat. Er entwirft den Fiat 500 zunächst als Zweisitzer, um die interne Konkurrenzsituation zum viersitzigen Fiat 600 zu entschärfen. Als Motor sieht er einen luftgekühlten Zweizylinder-Zweitakter mit 480 Kubikzentimeter Hubraum vor, den er aus Platzgründen im Fahrzeugheck positioniert. Er leistet 13 PS, der den 470 Kilogramm leichten Straßenfloh auf 85 km/h beschleunigt. Andere Konstruktionsmerkmale (z. B. Achsen, Bremssystem) erbt der Neuling vom großen Bruder. Dank hervorragender Traktion klettert der Heckmotor-Flitzer bis zu 23 Grad steile Anstiege hinauf.

Doch die Ingenieure haben die Rechnung ohne Italiens Autofahrer gemacht. Sie fordern zusätzlichen Dampf unter der steilen Motorhaube - und mehr als zwei Sitzplätze. Fiat reagiert schnell. Schon im Herbst 1957 erhält der Fiat 500 in der Variante "Normale" (in Deutschland "Luxus") eine hintere Sitzbank, herunterkurbelbare Seitenfenster und 15 PS Leistung. Dadurch steigt die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h, der Verbrauch bleibt bei 4,5 Liter pro 100 Kilometer. Die Urversion wird als Fiat 500 Economica (in Deutschland "Standard") weiterhin gebaut.

Später folgt eine Vielzahl weiterer Varianten, auch mit festem Dach. Die Motorleistung steigt dank des auf 499,5 Kubikzentimeter - das erlaubte Maximum in der Halbliter-Klasse des Motorsports, wo der 500er ebenfalls aktiv wird - erweiterten Hubraums auf 21,5 PS in der "Sport"-Variante und auf gedrosselte 17,5 PS bei den normalen Varianten. 1960 wird eine Kombiversion des Fiat 500 präsentiert, die den traditionellen Namen "Gardiniera" erhält. Neben einem bei umgelegter Rückbank durchaus üppigem Laderaum bietet der 500er Kombi einen technisch revolutionären Unterflurmotor. Dazu wird das Triebwerk um 90 Grad zur Seite geneigt unter der Ladefläche eingebaut.

Äußerlich auffallend sind außerdem die geänderten Frontblinker, die an Stelle der bisher verwendeten Lüftungsschlitze treten. Mit neuen Ausstattungsdetails wie einer Innenraumleuchte und automatisch rückstellenden Scheibenwischern erhöht sich der Komfort. Das Auto wird jetzt auch im Ausland immer beliebter. Mehr und mehr Deutsche freunden sich mit dem flotten Italiener an. Sie lieben das außergewöhnliche Design, die kompakten Abmessungen und das südländische Flair. Und sie nehmen Eigenarten wie das unsynchronisierte Viergang-Getriebe in Kauf, das präzises Doppelkuppeln und Zwischengas beim Herunterschalten erfordert.

Die nächste technische Überarbeitung bedeutet 1965 das Ende eines charakteristischen Merkmals - die hinten angeschlagenen und dadurch nach vorne öffnenden Verschläge weichen konventionellen Türen. Geänderte Sicherheitsvorschriften machen diesen Schritt nötig. Gleichzeitig werden einige Details von Ausstattung und Technik (z.B. geschweißtes statt geschraubtes Dach) modifiziert. Der Name lautet nun Fiat 500 F, drei Jahre später folgt eine komfortablere Variante namens 500 L, die erstmals auch mit schwarzem Lack zu haben ist.

Mit dem 500 L erreichen die Verkaufszahlen neue Bestwerte. In Italien werden jährlich etwa 350.000 Exemplare verkauft, in Deutschland knapp 12.500 (1971). Dieser Trend hält an, als Fiat 1972 die unwiderruflich letzte Version präsentiert. Der 500 R (für "Rinnovata") wartet mit dem Motor des gleichzeitig vorgestellten Nachfolgers Fiat 126 auf, der aus 594 Kubikzentimeter Hubraum 18 PS produziert. Das Getriebe ist nun synchronisiert. Die optischen Änderungen dagegen sind minimal, verschwunden sind allerdings die Chrombügel über den Stoßstangen.

Nach knapp zwei Jahrzehnten hat der Fiat 500 endgültig Kultstatus erreicht. Bis zum Produktionsende des Fiat 500 Gardiniera 1977 rollen im Werk Mirafiori am Stadtrand von Turin insgesamt 3.702.078 Exemplare vom Band.

Am 4. Juli 2007 feiert der neue Fiat 500 seine Premiere - rund zwei Monate früher als ursprünglich geplant. Er teilt sich die Plattform mit dem 2008 erscheinenden neuen Ford Ka. Mit dem Ur-500er hat das Auto naturgemäß nur einige Designdetails gemein, aber die Erwartungen sind groß: Der Cinquecento des 21. Jahrhunderts soll den neuerdings wieder vorhandenen Erfolg der Turiner dauerhaft absichern - und endlich den in Italien so beliebten Smart Fortwo das Fürchten lehren.
text  Hanno S. Ritter
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