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612 PS, 1.000 Nm: Mercedes S 65 AMG |
DaimlerChrysler |
"Zwischen den Jahren", wenn in den Auto-Redaktionen nur auf Sparflamme gearbeitet wird, platziert Mercedes
eine Neuheit, die man wohl erst später erwartet hätte. Doch schon auf der Detroit Motor Show am 8. Januar
präsentiert der Autobauer die Top-Version der neuen S-Klasse.
Die kommt natürlich vom Haustuner AMG, der erneut sein Top-Triebwerk unter die Haube verpflanzt hat. Der
prinzipiell aus SL- und CL-Klasse bekannte Zwölfzylinder mit sechs Litern Hubraum und der insoweit wieder
einmal verwirrenden Bezeichnung "65" leistet satte 612 PS.
Noch beeindruckender, wenn eben auch nicht neu, ist das Drehmoment des Bi-Turbo-Aggregats: Liegen schon
knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl imposante 570 Newtonmeter an, sind es bei 1.500 Touren bereits 750 und
dann, zwischen 2.000 und 4.000 Umdrehungen, tatsächlich 1.000 Newtonmeter - anschnallen.
Die Fahrleistungen sind entsprechend, und wenn Mercedes in den Unterlagen zum Auto etwas boulevardesk schreibt,
von ihnen könnte mancher "Sportwagen-Pilot" nur träumen, dann ist das schon zutreffend: Nach 4,4 Sekunden erreicht
die schwere Limousine Tempo 100, und schon weniger als zehn Sekunden später kann dieser Wert verdoppelt werden.
Bei 250 km/h greift die Elektronik ein und beendet das Schauspiel, wenn auch gemutmaßt werden darf, dass AMG
diesen Wert auf Wunsch solventer Kundschaft nach oben zu ändern bereit ist. Die Tachoskala jedenfalls reicht bis
360 km/h, und das sei, so AMG, als "dezenter Hinweis auf die Leistungsfähigkeit" zu verstehen.
Möglich wird diese Leistungsfähigkeit durch eine Vielzahl an aufwändigen und teuren Detaillösungen am Motor,
die aufzuzählen den Umfang eines solchen Artikels sprengen würden. Erwähnt werden soll dagegen die modifizierte
Bremsanlage des S65 AMG, weil hier an der Vorderachse eine Werksangaben zufolge weltweit erstmals eingesetzte
Technik debütiert. Es handelt sich um eine Doppelfaustsattel-Bremse, die die Vorteile von konventionellen
Schwimmsattel- und Festsattel-Lösungen in sich vereinen soll. Die üppig dimensionierten Bremsscheiben sitzen
unter den mehrteiligen 19 Zoll-Rädern im AMG-Design, die vorne 255er- und hinten 275er-Pneus jeweils im
40er-Querschnitt tragen.
Bei der Kraftübertragung kommt wie bereits im S 600 nicht die sonst übliche Siebengang-Automatik zum Zuge, sondern
ein fünfstufiger, in vielen Details verstärkter und modifizierter Wandlerautomat, der natürlich ebenfalls über den
kleinen Lenkstockhebel bedient wird. Auf der Mittelkonsole gibt es einen kleinen Schalter, mit welchem der Fahrer
zwischen den Fahrprogrammen "Sport", "Comfort" und "Manual" wählen kann, in denen sich nicht nur die
Getriebecharakteristik, sondern auch die Gaspedal-Kennlinie und die Feder-/Dämpfungseinstellung des aktiven
Sportfahrwerks mit Luftfederung (Active Body Control) verändert. Die Gänge lassen sich auch mit Hilfe der
Aluminium-Schaltpaddel am Lenkrad wechseln.
Optisch bietet der S65 AMG keine Überraschungen. Die üblichen Zutaten - neben den großen Rädern bulligere Front-
und Heckschürzen, von Mercedes als erwähnenswert empfundene Chromringe um die Nebelscheinwerfer, stärker
akzentuierte Seitenschweller und die AMG-typische, vierflutige Abgasanlage - sorgen für ein Quäntchen zusätzlicher
Aufmerksamkeit, das die Kunden offenbar schätzen. Auf den vorderen Kotflügeln verkleben die Stuttgarter einen
"V12 BITURBO"-Schriftzug.
Besonderheit im Interieur ist neben dem erwähnten Tacho ein dort integriertes AMG-Menü, das permanent den momentanen
Gang inklusive Hochschaltempfehlung und zusätzlich wahlweise die Motoröltemperatur, die Batteriespannung oder den
"RACETIMER" anzeigt. Letzteres ist eine vom Lenkrad aus bedienbare Stoppuhr, wie sie auch in neueren Porsche-Modellen
zu finden ist, mit der der Fahrer Rundenzeiten ermitteln kann - hoffentlich nicht auf öffentlichen Straßen. Der
Racetimer speichert die Zeit der schnellsten gefahrenen Runde, die Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit sowie
die Rundenlänge.
Im übrigen gibt es spezielle Einstiegsleisten, AMG-Sitze mit "Passion Exklusiv" getauftem Lederbezug, diverse
modifizierte Details und eine analoge Uhr in der Mittelkonsole im Design "IWC-Ingenieur".
Preise liegen noch nicht vor, aber das scheint verschmerzlich. Die kleine Zielgruppe, die sich ein solches
Auto in Anschaffung und Unterhalt leisten kann, wird auf den (Zehn-)Tausender sowieso nicht schauen, und dass
man für den Gegenwert eines AMG-S auch eine kleine Wohnung bekommt, versteht sich sowieso von selbst. Nur
hat die eben keine 1.000 Newtonmeter.