Škoda
Vor der Markteinführung:
Unterwegs im Škoda Rapid Spaceback
Mit dem Rapid Spaceback bietet Škoda erstmals ein Kurzheck-Modell in der Kompaktklasse an. Vor der Markeinführung
am kommenden Wochenende waren wir damit in Hessen unterwegs: mit einem angenehmen, durchdachten und schönen Auto,
das am Ende aber in einer markenuntypischen Disziplin Fragen aufwirft – der des Preises.
Mit dem Rapid Spaceback sei Škoda nun auch in der Golf-Klasse vertreten, war unlängst öfter zu lesen -
aber das ist, freundlich formuliert, medialer Müll - genau wie der nicht kleinzukriegende Vergleich von
Octavia und Passat. Und das hat zwei Gründe.
Erstens: Tatsächlich basiert die Rapid-Baureihe von Škoda nicht auf dem vielbesprochenen Modularen Querbaukasten (MQB),
den der VW-Konzern für Golf, Audi A3 und Seat Leon nutzt, sondern auf einer älteren Plattform, die Module von
früheren Golf- und Polo-Generationen mischt. Nun waren das auch gute Autos, mag man
einwenden, und wir würden dem nicht widersprechen. Die veraltete Plattform wird die überwiegende Mehrheit der
Kundschaft nicht sonderlich interessieren, sie wird nicht einmal um sie wissen. Und der Konzern kann das alte Konzept
mutmaßlich noch günstiger produzieren als die MQB-Modelle.
Zweitens: Der Rapid ist in Sachen Anmutung, Ausstattung und Individualisierbarkeit mehr als nur einen Hauch vom
Golf entfernt. Das Armaturenbrett ist einfacher gehalten, den Fensterhebern fehlt die Automatik-Funktion,
der Bordcomputer kennt etliche Optionen nicht, die Klimaautomatik unterscheidet nicht zwischen links und rechts,
die Außenspiegel verstellen sich nicht synchron und haben keine integrierten Blinker, die Motorhaube verlangt nach
einem Stab, die Mittelkonsole ist schmal, LEDs finden sich nirgends, ein Fach links vom Lenkrad gibt es nicht, und
die Auto-Hold-freie Handbremse will manuell bedient werden - und das sind nur Beispiele.
Extras wie adaptives Fahrwerk, Standheizung, Schiebedach oder Lederpolsterung sind ebensowenig zu haben wie Assistenzsysteme
inklusive von Kleinigkeiten wie Parksensoren vorne oder Rückfahrkamera, in Sachen Sicherheit fehlen zudem die optionalen Seitenairbags
hinten, die Multikollisionsbremse und der Knie-Airbag für den Fahrer. Dass Rapid-Käufer nicht die aktuellen Navis aus dem
Golf bekommen, dürften sie akzeptieren; dass das RNS310, bei Skoda als "Amundsen" bekannt, aber in all den Jahren abgesehen
von der DAB-Fähigkeit nicht einmal ein technisches Facelift bekommen hat, ist ärgerlich und unverständlich, vor allem
dann, wenn sich Gerüchte bewahrheiten sollten, wonach VW demnächst den Facelift-Polo mit neuen Geräten ausstattet.
Ein Primitivauto also, der Rapid Spaceback? Mitnichten. Man muss sich nur einen Moment frei machen von dem zuvor Erwähnten,
vielleicht Gewohnten - am besten klappt das, wenn man sich die Preisliste vergegenwärtigt, wo Rapid Spaceback und Golf im
Basismodell rund 2.000 Euro trennen. Noch besser dann, wenn man mal gemütlich um den Spaceback schlendert und das Design
wirken lässt.
Wo die Rapid-Limousine den durchschnittlichen deutschen Geschmack nicht ganz treffen mag, ist die 18 Zentimeter kürzere
Kurzheck-Variante ein Auto geworden, das nicht nur ansehnlich, sondern richtig gut gelungen ist, und zwar aus jeder Perspektive
und auch in verschiedenen Lackierungen. Das für die Klasse ungewohnt flache Heck steht dem Rapid ausgezeichnet. Der Rapid
Spaceback ist ein Auto, das die VW-Grundsätze des einfachen, zeitlosen Designs perfektioniert - und manch einem vielleicht
besser gefallen mag als der Golf VII, der nicht mehr ganz so stilsicher gezeichnet ist wie die Vorgänger-Generation.
Auch innen kann man sich zweifellos wohlfühlen, denn der Rapid ist zwar pragmatisch, aber nicht ärmlich. Sitzposition
und Bedienbarkeit sind prima, die Übersichtlichkeit besser als in vielen anderen Kompaktklasse-Modellen, und (die nur zweistufige)
Sitzheizung und Klimatisierung arbeiten effektiv. Nicht zuletzt ist das Raumgefühl fast schon als überragend zu bezeichnen. Hier ist der
Golf eher enger geschnitten, selbst der Abstand zum großen Octavia ist kaum zu spüren. Dies gilt auch für die Rückbank, wo
sowohl Beinfreiheit als auch Kopfraum nicht ausreichend, sondern wahrlich großzügig bemessen sind. "Best in class" schwärmt
der Autobauer - zu Recht.
Und auch der Kofferraum macht mit 415 Litern in der Standardkonfiguration (Golf: 380), einer niedrigen Ladekante und der
optionalen Durchladefunktion,
die Seat sogar beim höher positionierten Leon dem Rostift geopfert hat,
dem Škoda-Image des "groß, praktisch und bezahlbar" alle Ehre. Ein variabler LAdeboden ist optional erhältlich. Das ein oder andere
Detail wie die Innenlichter kennt man aus dem Golf IV, was aber nicht als Kritik am Škoda, sondern eher als Hommage an den vielleicht
wertigsten Golf aller Zeiten zu verstehen ist. Schade, dass man sich nicht auch das Golf-VI-Multifunktionslenkrad gegriffen hat, das
schöner und besser bedienbar ist als das von Škoda.
Den Markenclaim "Simply Clever" versucht auch der Rapid zudem mit dem in die Tankklappe integrierten Eiskratzer, einer
Wendematte, Netzen und Haken für den Kofferraum, einem Warnwesten-Fach unter dem Fahrersitz, dem Tickethalter an der
Windschutzscheibe oder einem kleinen Mülleimer in der Türtasche zu untermauern. Die Gepäckraumabdeckung lässt sich
beim Transport hoher Gegenstände vertikal hinter den Fondsitzen verstauen, und das ist wirklich clever. Dazu kommt ein ebenso
simpler wie praktischer Handyhalter für den Cupholder. Weltbewegend ist das alles nicht, wohl aber real nutzbar und
sympathisch, und man fragt sich, warum es das anderswo meist nicht gibt. Zu den kleinen Annehmlichkeiten zählt etwa auch die
im Rapid vorhandene,
im Peugeot 308 aber weggesparte Gurthöhenverstellung.
Das Fahrwerk haben die Ingenieure in Mladá Boleslav gegenüber der Limousine noch einmal etwas optimiert, der Abrollkomfort hat
gewonnen; ebenfalls Premiere feiert die elektro-mechanische Servolenkung als kompakterer, leichterer und nochmals effizienterer
Nachfolger der elektro-hydraulischen. Beides kommt demnächst auch der Limousine zugute.
Neu im Rapid-Angebot sind auch Xenon-Scheinwerfer, wobei sich Škoda hier den (völlig legalen) Trick des VW Beetle oder der
Mini-Nachrüstlösung zu eigen macht, mithin eine Niedrigenergie-Variante mit 25 Watt einsetzt, die
laut Gesetz mit einer manuellen statt einer automatischen Leuchtweitenregulierung kombiniert werden darf, was den Aufpreis auf
Xenon-unübliche Werte (480 oder 600 Euro je nach Ausstattungslinie) schmelzen lässt. Das darf man getrost als kundenfreundlich
bezeichnen, und wer sich vergegenwärtigt, dass Škoda beheizbare Außenspiegel serienmäßig anbietet, die in einem wesentlich teureren
Audi A3 nicht Standard sind, ahnt, wer anständiger agiert und was "Premium" wirklich bedeutet.
Beim ersten Versuch springt der Rapid Spaceback nicht an, und anschließend läuft er rau. Ach so, Škoda hat den Testwagen nicht warmlaufen
lassen wie etliche andere Hersteller das zu tun pflegen - wie sympathisch. Allerdings arbeitet der 1,6 TDI mit 90 PS auch eine halbe
Stunde später nicht viel ruhiger, bleibt akustisch eine enttäuschende Angelegenheit und vermag auch leistungsmäßig nicht zu überzeugen.
Das wird auch vom 7-Gang-DSG nicht gemildert, eher im Gegenteil: Aus Effizienzgründen läuft der Motor sehr niedertourig, gefühlt zu
niedertourig, das DSG schaltet bisweilen ruppiger als man es gewöhnt ist, und sanftes Anhalten an der Ampel will kaum
gelingen - klare Empfehlung also zum manuellen 5-Gang-Getriebe. Das spart überdies satte 1.700 Euro, wovon man 1.000 in
die 105-PS-Variante investieren könnte, die wir dieses Mal nicht gefahren sind, aus dem baugleichen
Seat Toledo aber in
viel besserer Erinnerung haben, sowohl in Sachen Leistungsentfaltung als auch Laufkultur.
Mehr Spaß macht der Rapid Spaceback mit dem wesentlich günstigeren Benziner, der jedenfalls für Nicht-Kilometerfresser die
bessere Wahl ist. Der 1,2 TSI mit 105 PS läuft angenehm ruhig, hängt gut am Gas und verbraucht unter dem Strich nicht so viel mehr
als der Diesel. Genaue Verbrauchswerte wollen wir nicht nennen, weil dazu die Testfahrten zu kurz und das Streckenprofil
zu untypisch waren, aber der Diesel sollte sich mit fünf und der Benziner mit sieben Litern bewegen lassen. Im Topmodell
arbeitet der 1,4 TSI mit 122 PS - ein Sahnestück von Motor, der besonders leise und kraftvoll, allerdings kein Kostverächter ist.
Mit dieser Kombination kommt denn auch richtig Fahrspaß auf, weil das Auto flink ist, übersichtlich, hell und wendig, weil
es unaufgeregt und leise fährt, und weil hier auch das DSG gut harmoniert. Der Testwagen, natürlich mit der höchsten
Ausstattungslinie und dem zwar nicht zu öffnenden, dennoch feinen Panorama-Glasdach versehen, das beim Rapid Spaceback
wie berichtet auch eine etwa zehn Zentimeter lange schwarze Verlängerung der Heckscheibe in die Heckklappe und einen
schwarzen Dachkantenspoiler, mithin: ein durchaus auffälliges, aber nicht übertrieben wirkendes Styling mitbringt,
macht zweifellos Laune, auch wenn er einen Glühlampenausfall signalisiert, der nicht auffindbar ist.
Zurück am Schreibtisch aber wird klar, dass der Wagen trotzdem letztlich nur bedingt zum Kauftipp taugt - aus einem Grund, der bei
Škoda überraschend klingen mag: Der Rapid Spaceback ist zu teuer. Nein, sicher nicht für sich genommen - wohl aber im Vergleich.
Wer weiter oben schon den Abstand zum Golf nicht so spannend gefunden haben mag, wird sich erst echt die Augen reiben, wenn man
den Octavia als Vergleichsmaßstab nimmt. Der ist in der Basis gerade einmal 1.000 Euro teurer als der Rapid Spaceback. Mit anderen
Motoren und Ausstattungslinien wird es praktisch zum Teil etwas mehr, grundsätzlich aber bleibt das (Miss-)Verhältnis.
Nun sind 1.000 Euro nicht nichts, aber doch ein Betrag, den zu investieren wir klar empfehlen: Weil der Octavia, also der eigentliche
Škoda-Golf, das größere, modernere, imagestärkere, komfortablere und sicherere Auto ist, und weil er dabei auch noch besser ausgestattet
ist. So gesehen verliert am Ende nicht Škoda als inzwischen bereits siebtgrößte Marke in Deutschland, der man ihre ambitionierten
Wachstumsziele im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern abnimmt, sondern nur der Rapid Spaceback. Und das, obwohl er ein gutes
und sympathisches Auto ist. Und nicht zuletzt ein schönes.