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12 Prozent weniger |
FF Gersthofen/Winkler |
Verkehrstote im Jahr 2010 |
3.657 Menschen haben im vergangenen Jahr 2010 ihr Leben auf Deutschlands Straßen verloren, weitere knapp
372.000 wurden verletzt. Was für die Betroffenen und ihre Angehörigen großes Leid bedeutet, ist statistisch
gesehen eine sehr gute Tendenz. Ein Grund war das Wetter.
3.700 Verkehrstote hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) noch Anfang Dezember geschätzt, 3.750 der ADAC am
Jahresende. Tatsächlich nun stehen "nur" 3.657 Verkehrsopfer unter dem Strich, wozu auch die geradezu
hervorragende Entwicklung im Dezember beigetragen hat.
3.657 Verkehrstote, das heißt: Alle zweieinhalb Stunden stirbt ein Mensch in Deutschland nach einem Verkehrsunfall,
mehr als 10 Getötete sind Tag für Tag zu beklagen. 3.657 Personen bedeutet nach der heute von
Destatis in Wiesbaden veröffentlichten Jahresbilanz andererseits aber auch die geringste Zahl von Unfalltoten seit Einführung
dieser Statistik im Jahre 1953. Zum Vergleich: 2003 waren noch über 6.600 Tote zu beklagen, 2000 rund 7.500, 1990
über 11.000 und 1980 sogar über 15.000.
Der Rückgang bei den Getöteten gegenüber 2009 beträgt 495 Personen oder 11,9 Prozent. Damit hat sich die positive
Tendenz aus den Vorjahren nicht nur fortgesetzt, sondern sogar verstärkt. 2009 standen minus 7,1 Prozent unter dem
Strich, 2008 waren es 9,7 Prozent, 2007 betrug der Rückgang 2,4 Prozent, 2006 waren es 5,0 Prozent, und in den
Jahren 2005 bzw. 2004 wurden 8,4 respektive 11,6 Prozent ermittelt.
Auch bei der Zahl der Verletzten im Straßenverkehr gab es gegenüber 2009 einen Rückgang, und zwar um 6,5 Prozent auf
rund 371.700 Personen. Die Gesamtzahl der polizeilich aufgenommenen Unfälle ist im vergangenen Jahr um 3,8 Prozent
auf rund 2,4 Millionen gestiegen. Die Zunahme ist ausschließlich auf reine Sachschaden-Crashs zurückzuführen - ihre
Zahl hat sich um 5,5 Prozent auf 2,1 Millionen erhöht. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ist dagegen um 7,1 Prozent
auf rund 288.800 zurückgegangen.
Maßgeblich beigetragen haben zu diesem Ergebnis dürften die winterlichen Witterungsverhältnisse der Monate Januar,
Februar und Dezember. Auf schnee- und eisglatten Straßen kommt es zwar vermehrt zu Unfällen, es bleibt jedoch häufiger
bei Sachschaden, da nicht so schnell gefahren wird. Auch sind bei schlechter Witterung weniger Autofahrer und nicht
zuletzt weniger Zweiradfahrer und Fußgänger unterwegs. Dementsprechend wurden die prozentual stärksten Rückgänge
bei den Getöteten in diesen drei Monaten verzeichnet.
Erstmals seit vielen Jahren hat es in keinem Bundesland mehr Verkehrstote als im Vorjahr gegeben. Außer in Bremen, wo
die Zahl konstant blieb, wurden in allen anderen Bundesländern weniger Menschen im Straßenverkehr getötet. Den stärksten
Rückgang verzeichnete Hamburg mit 33 Prozent (11 Personen), gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (- 30% oder 47 Personen)
und Schleswig-Holstein (- 23% oder 32 Personen). Sachsen-Anhalt und Brandenburg steuerten die geringsten Rückgänge bei.
Auf die Zahl der Einwohner bezogen starben in Deutschland im Jahr 2010 etwa 45 Personen je 1 Million Einwohner. Weit unter
diesem Bundeswert lagen aufgrund ihrer Siedlungsstruktur die Stadtstaaten Hamburg (12), Berlin (13) und Bremen (20). Aber
auch Nordrhein-Westfalen (31) konnte den Durchschnitt unterbieten. Immer noch deutlich über dem Mittelwert lagen Brandenburg
mit 76, Sachsen-Anhalt mit 67 und Mecklenburg-Vorpommern mit 65 Todesopfern je 1 Million Einwohner.
Noch ein Blick auf den Dezember: 247.800 Straßenverkehrsunfälle, 19 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wurden aktenkundig. Die Zahl
der Sachschaden-Unfälle stieg gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um 23 Prozent auf etwa 229.900, dazu kamen weitere
18.000 Unfälle mit Personenschaden (- 20%). Besonders stark abgenommen hat die Zahl der Getöteten, und zwar um 116 Personen
oder 38 Prozent auf 187 Verkehrstote - ein Dezember-Rekordwert seit Wiedereinführung der Straßenverkehrsunfallstatistik im
Jahre 1953. Auch die Zahl der Verletzten hat im Dezember 2010 um 17 Prozent auf 23.700 deutlich abgenommen.
Reaktionen zur Unfallstatistik
Die Deutsche Verkehrswacht (DVW) wies in einer ersten Stellungnahme darauf hin, dass nur konsequente Verkehrssicherheitsarbeit die
Zahl der verletzten und getöteten Verkehrsteilnehmer weiter senken könne. Man dürfe die Zahlen aus Wiesbaden nicht zum Anlass
nehmen, sich zurückzulehnen, sagte DVW-Präsident und Bundesverkehrsminister a.D. Kurt Bodewig. "Nur eine konzertierte Aktion
kann die Verkehrssicherheit weiter verbessern. Fahrzeughersteller, Verkehrssicherheitsverbände, die Polizei, Lehrer und Eltern -
jeder ist gefragt. Unsere wichtigste Aufgabe der Zukunft lautet, die hohe Anzahl Unfallopfer, die schwer verletzt werden, zu verringern."
Bodewig forderte auch die Einführung einer gesonderten Kennziffer für die so genannten Schwerstverletzten, die oft für ihr ganzes
weiteres Leben gezeichnet seien. Die gesetzliche Verankerung des Begleiteten Fahrens ab 17 lasse hoffen, dass die
"Unfallbeteiligtenkurve" zukünftig auch in der Hochrisikogruppe der jungen Fahrer absinke.
Der Verkehrsclub VCD warnte vor allzu euphorischen Reaktionen und forderte von der Bundesregierung mehr Engagement in der
Verkehrssicherheitspolitik. Der Verkehr verlange nach wie vor einen viel zu hohen Blutzoll. Radfahrer und Fußgänger, die
vom technischen Fortschritt in der Fahrzeugsicherheit nicht profitierten, müssten das Maß aller Dinge in der Verkehrssicherheit
sein. Die Politik müsse die Verkehrsverlagerung auf sicherere und zugleich auch umweltverträglichere Verkehrsmittel wie Bus und Bahn
fördern und bessere Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr schaffen.
Zudem müsse die Geschwindigkeit auf allen Straßen gesenkt werden, damit Unfälle weniger drastische Folgen hätten. Der VCD fordert
die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf 120 km/h für Autobahnen und 90 km/h auf Landstraßen sowie eine
Regelgeschwindigkeit von 30 km/h im innerstädtischen Verkehr.
Beim ADAC hieß es, mit dem starken Rückgang der Verkehrstotenzahl hätten die Deutschen auch einen großen Erfolg auf europäischer
Ebene erzielt. Die Bundesrepublik gehöre zu den Ländern, die die EU-Charta aus dem Jahr 2001 am deutlichsten umgesetzt hätten.
Ziel der Charta war es, die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Menschen bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Mit dem jetzt erreichten
Rückgang wurde das ambitionierte Ziel (3.490 Verkehrstote im Vergleich zu 6.977 im Jahr 2001) fast erreicht. "Die Intensivierung
der Verkehrssicherheitsarbeit in den vergangenen Jahren macht sich bezahlt", sagte ADAC-Präsident Peter Meyer. "Wir sind stolz
darauf, zu dieser positiven Entwicklung einen maßgeblichen Beitrag geleistet zu haben." Man habe nun das Engagement in der
Verkehrssicherheitsarbeit nochmals verstärkt.
Grundsätze der Unfallstatistik
Zu beachten ist, dass es sich um vorläufige Zahlen handelt, die auf den von den Polizeibehörden tatsächlich
gemeldeten Fällen und einer statistisch hochgerechneten Zahl an Nachmeldungen und Nachstreichungen basiert,
so dass die oben genannten Zahlen nicht mit den etwa im Vorjahr für den gleichen Monat gemeldeten Werten
vergleichbar sind; auch die errechnete Tendenz kann abweichen, da diese bei den Vorjahreszahlen die endgültige
Höhe berücksichtigt. Nachträgliche Korrekturen nach unten gibt es ebenfalls, etwa weil sich herausstellt, dass
der Unfall nicht auf einer öffentlichen Straße passierte oder der Beteiligte beispielsweise durch einen
Herzinfarkt bereits kurz vor dem Crash gestorben war.
Die Statistik erfasst all jene Opfer, die bei Unfällen auf Deutschlands öffentlichen Straßen verunglückt sind,
unabhängig von ihrer Nationalität. Deutsche Staatsbürger, die im Ausland ums Leben kamen, werden nicht erfasst.
Verletzte, die innerhalb von dreißig Tagen nach dem Unfall sterben, werden als Verkehrstote registriert, nicht
jedoch Suizid-Fälle.