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Freitag, 29. März 2024
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Großstadt-Taxi mit Schwenktür, Dachfenstern und Bedienung à la iPhone

VW Milano-Taxi: Elektro-Studie mit dem gewissen Etwas

VW Milano-Taxi: Elektro-Studie mit dem gewissen Etwas
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VW Milano-Taxi
Volkswagen
Noch rund drei Jahre wird es dauern, bis Volkswagen ein Elektroauto auf den Markt bringt. Ausblicke gibt es insoweit nach wie vor reichlich: Die bereits sechste Up-Studie ist ein Großstadt-Taxi, das man in dieser Umsetzung schon lange vermisst haben mag. Die in Grün und Schwarz gehaltene Zweifarblackierung der auf der Hannover-Messe vorgestellten Studie wollen die Wolfsburger als eine Hommage an die Modemetropole Mailand verstanden wissen; dort waren die Taxen einst in eben genau dieser Farbkombination lackiert.

3,73 Meter ist der kleine Van lang. Genauer: kurz, bedeutet die nüchterne Zahl doch nicht nur, dass sich das Taxi kürzer streckt als ein Golf oder Polo, sondern sogar noch den VW Fox unterbietet. Die Breite fällt mit 1,60 Metern ebenfalls zurückhaltend aus, die Höhe mit 1,60 Metern dagegen großzügig.

Stilistisch dem heute als Kult bezeichneten Samba-Bus der 1950er-Jahre ähnlich, sind die äußeren Dachbereiche (vorne und rechts hinten als Teil der Türen) transparent ausgeführt. Dieses Designmerkmal, das VW in ähnlicher Form bereits 2007 bei der ebenfalls ähnlichen Studie "space up blue" aufgegriffen hatte, sorgt zusammen mit einem Panorama-Glasdach für ein helles Innenraum-Ambiente. Darüber hinaus werden die Gäste an Bord die zusätzliche Blickachse auf die Architektur der Stadt zu schätzen wissen. In einem transluzenten Material ausgeführt ist auch das über dem Glasdach angebrachte Taxi-Schild; der Taxi-Schriftzug leuchtet grün, wenn der Wagen frei ist, rot im umgekehrten Fall und gar nicht, sobald Wagen und Fahrer eine Auszeit nehmen.

Die eigentliche Besonderheit aber ist das Türkonzept. VW-Konzern-Designchef Walter De Silva hatte dem umsetzenden Team unter VW-Chefdesigner Klaus Bischoff bereits früh aufgegeben, eine Tür weniger als üblich einzuplanen. Genaugenommen sind es sogar zwei weniger als aktuell ein deutsches Taxi aufweisen muss: Neben der konventionellen Tür auf der Fahrerseite öffnet sich das Milano-Taxi rechts ausschließlich mit einem Portal, das nach vorne aufschwenkt.

Auch dahinter gibt es alles, nur kein klassisches Taxi-Konzept. Anstelle eines Beifahrersitzes befindet sich ein Gepäckbereich, der ohne störende Ladekante zugänglich ist. Das Gepäck wird mittels eines Bügels auf Knopfdruck fixiert. Hinter der Rücksitzbank gibt es nur noch ein kleines Fach, das beispielsweise die Utensilien des Fahrers aufnehmen könnte. Die Passagiere - mehr als zwei dürfen es wohl nicht sein - nehmen dort Platz, wo man im Taxi sowieso am besten sitzt: hinten. Die Platzverhältnisse dort sind in punkto Fußraum gut (links) bis üppig (rechts), in punkto Kopffreiheit sowieso besser als in klassischen Taxis.

Mittig im Fond neben der Sitzlehne des Fahrers befindet sich ein 8-Zoll-Touchscreen. Hier wird nicht nur der Fahrpreis angezeigt, sondern gleichzeitig via Kartenleser die Möglichkeit zum bargeldlosen Zahlen gegeben. Während der Fahrt können die Gäste zudem Informationen zu Sehenswürdigkeiten entlang der Route, Navigationsdaten (Routenübersicht, Reststrecke und Ankunftszeit), Wetterinfos sowie Datum und Uhrzeit abrufen. Darüber hinaus lässt sich hier auch die Heizung/Klimaanlage für den Fond regulieren - eine Lösung, die Taxigäste schon längst als überfällig empfinden.

Ein weiteres berührungsempfindliches Display gleichen Designs steht dem Fahrer zur Verfügung. Taxameter, Türöffner für den Fahrgastraum, Bordrechner und Navigationssystem sind hier ebenso integriert wie die Klimasteuerung, Taxifunk, Telefon und vieles mehr. Die Umsetzung erinnert dabei nicht zufällig an das Prinzip des Apple iPhone. So lassen sich die Menüoberflächen der Grundfunktionen auf dem Bildschirm verschieben, Zusatz-Applikationen laden und einzelne Anzeigen mittels Wischgeste auf das kleinere Display im Kombiinstrument kopieren. Auch "offline" hat sich VW Gedanken gemacht: Ein Trinkgeld-Schlitz ist im Auto etwa ebenso vorgesehen wie ein Platz für den Glücksbringer des Fahrers.

Angetrieben wird das Milano-Taxi rein elektrisch. Der E-Motor leistet dauerhaft 50 kW (68 PS), maximal sogar 85 kW (115 PS), und soll den immerhin 1,5 Tonnen schweren Cityvan bis auf 120 Kilometer beschleunigen können. Wichtiger ist, zumal bei einem Taxi, die Reichweite: Die unterflur montierten Lithium-Ionen-Akkus mit 45 kW Speicherkapazität ermöglichen Fahrten bis zu 300 Kilometern, verspricht Volkswagen vollmundig. Eine Schnellladung an einem Starkstrom-Anschluss, wie man ihn an Taxi-Ständen um Welten leichter realisieren könnte als flächendeckend, dauert eine Stunde und lädt die Batterie bis zu 80 Prozent auf.

Wenn die Taxi-Zukunft so aussieht, weckt sie schon virtuell Begehrlichkeiten. Nur ein speziell konstruiertes Taxi ist ein gutes Taxi, ein derzeit üblicher VW Touran höchstens ein mittelgutes.
text  Hanno S. Ritter
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