|
Flaggschiff: Audi A8 L W12 quattro |
Audi |
Size matters: Viereinhalb Monate nach der Vorstellung des neuen A8 schiebt Audi jetzt die Langversion der
Oberklasse-Limousine nach. Sie wird auch wieder mit Zwölfzylinder-Motor zu haben sein, der gleichzeitig schlechter
und besser ist als die Triebwerke der Konkurrenz. In jedem Fall gilt: Kraft und Luxus im Überfluss sind Ehrensache.
Nein, ein kleines Auto ist der Audi A8 nicht. Mit 5,14 Meter Länge in der Normalversion überragt
er seine Mitbewerber aus Stuttgart und München um vier bzw. sieben Zentimeter. Die neue Langversion
misst wie die lange S-Klasse noch einmal 13 Zentimeter mehr (BMW 7er: 14 Zentimeter), sowohl in
punkto Außenlänge als auch Radstand.
Satte 527 Zentimeter Oberklasse-Limousine also sind entstanden, und dass das den ein oder anderen
Umweltschützer aufregen wird, ficht Audi nicht weiter an: Schließlich werden die meisten dieser
Autos sowieso im fernen Amerika und China verkauft, und sparsamer als der Vorgänger ist der neue
A8 L sowieso.
Das Längenwachstum kommt, wie es bei diesem Konzept Usus ist, in vollem Umfang den Fond-Passagieren
zugute - zumeist wird es ein einziger, männlicher Fond-Passagier sein, der sich hier quer durch die Republik
chauffieren lässt, während er entspannt, telefoniert oder arbeitet. Der Komfort dabei dürfte den
Standard selbst von vielen Chef-Büros eher übertreffen, jedenfalls dann, wenn man bei der Bestellung
viele Kreuzchen auf der Extra-Liste macht - auch das ist bei einem solchen Wagen üblich.
Dann gibt es statt einer konventionellen Dreier-Sitzbank im Fond zwei Einzelsitze. Sie lassen sich beheizen,
belüften und elektrisch einstellen - in der Länge, der Sitztiefe, in der Lehnenneigung, der Neigung des
Lehnenkopfes und bei der Lordosenstütze. Auch der Beifahrersitz ist vom Fond aus justierbar. Noch eine Stufe
höher rangiert der für hinten rechts bestellbare sogenannte Ruhesitz, bei dem sich zusätzlich die Neigung des
Sitzkissens verstellen lässt. Der Herr Manager kann hier außerdem seinen Rücken von zehn Luftkammern in vier
Programmen massieren lassen, die er über eine Fernbedienung anwählt. Die Füße ruhen auf einer elektrisch
einstellbaren Auflage in der Lehne des Beifahrersitzes.
Zwischen den beiden Sitzen liegt optional eine durchgehende Konsole, die an den Mitteltunnel anschließt und
bis zur Hutablage läuft. Sie kann auf Wunsch Komponenten wie einen Klapptisch oder einen Kühlschrank integrieren;
ein separates Bedienteil für die Fond-Klimaanlage ist Serie. Natürlich lässt sich auch das ordern, was man neudeutsch
"Rear Seat Entertainment System" nennt und selbst in Familienkutschen immer häufiger sieht - die beiden
10,2-Zoll-Bildschirme in den Rückseiten der Kopfstützen spielen im A8 L tendenziell aber keine Lass-uns-in-Ruhe-Kinderfilme
ab, sondern vielleicht eine Oper - oder zeigen die neuesten Nachrichten und Karten, abgerufen via UMTS von Google.
Dass beste Lederarten und Hölzer verbaut werden, versteht sich sowieso.
Äußerlich gibt sich der A8 L zurückhaltend, wie es seine Käufer erwarten. Lediglich die verlängerten
hinteren Türen und ggf. der Schriftzug am Heck verraten dem Kenner, dass Größe eben doch nicht unwichtig ist.
Etwas auffälliger ist das Flaggschiff des Flaggschiffs unterwegs - der neue A8 L W12 quattro. Er trägt seine
prestigeträchtige Zwölfzylinder-Motorisierung nicht nur durch entsprechende Schildchen nach außen, sondern
auch vermittels Chrom-Einlegern in den Lufteinlässen, den Außenspiegeln und vor allem durch die in die
Heckschürze integrierten, trapezförmigen Blenden für die Endrohre. 19-Zoll-Räder mit 255er-Reifen,
mattschwarz lackierte Bremssättel und die serienmäßigen Voll-LED-Scheinwerfer sind weitere Merkmale.
Unter seiner Haube arbeitet ein deutlich modifiziertes Aggregat - sein Hubraum wurde vergrößert, eine
Benzin-Direkteinspritzung steigert die Leistung und die Effizienz. Der 6,3 FSI leistet exakt 500 PS und
mobilisiert bei 3.250 Touren sein Maximum von 625 Nm Drehmoment. Damit beschleunigt der als Langhuber
ausgelegte Motor die Limousine wie einen Sportwagen: Der Sprint von null auf 100 km/h ist nötigenfalls
in 4,9 Sekunden erledigt, die Höchstgeschwindigkeit von abgeregelten 250 km/h nur Formsache.
Während die Werte wegen des Verzichts auf Turbo-Aufladung im Vergleich mit den Konkurrenten etwas zurückfallen,
kann Audi diese beim Verbrauch unterbieten - trotz des Allradantriebs. 12,0 Liter sind im übrigen 1,6 Liter oder
12 Prozent weniger als beim Vorgänger-Motor mit 450 PS. Möglich wird der Fortschritt durch innermotorische
Maßnahmen, die Achtgang-Automatik und die Rekuperation.
Das Kürzel W12 bezeichnet die ungewöhnliche Bauform des Motors - er setzt sich aus vier Reihen von
jeweils drei Zylindern zusammen. Jeweils zwei Reihen stehen sich, gegeneinander versetzt, im Winkel von
15 Grad gegenüber und sind zu einer einzigen, breit bauenden Bank zusammengefasst. Die beiden Zylinderbänke
bilden einen V-Winkel von 72 Grad. Aufgrund dieses Layouts ist der W12-Motor extrem kompakt: Er ist nur wenig
über 50 Zentimeter lang - deutlich kürzer als ein V8 - und jeweils etwa 70 Zentimeter breit und hoch. Für
Motorenliebhaber noch einige Fakten: Einspritzdruck 130 bar, Verdichtung 11,8:1, Gewicht 247 Kilogramm,
hydraulische Nockenwellenverstellung um 52 Grad.
Der A8 L wird Ende des Jahres eingeführt und dann neben dem neuen Zwölfzylinder auch mit allen
anderen Motorisierungen zu haben sein, während der W12 wohl exklusiv an die Langversion gekoppelt bleibt.
Er setze in der Spitzen-Liga des Automobilbaus neue Maßstäbe für Luxus, Dynamik und Effizienz,
heißt es bei Audi gewohnt selbstbewusst. Dass so auch die Preise ausfallen werden, ist nicht schwierig
vorherzusagen, wenn auch die genauen Zahlen noch nicht vorliegen.