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Großes Facelift: VW Touran |
Volkswagen |
Endlich zeigt VW den neuen respektive gründlich überarbeiteten Touran. Der nach wie vor sehr
erfolgreiche Kompaktvan erhält ein fast komplett modernisiertes Motorenprogramm, diverse neue
Ausstattungsdetails und ein aufgefrischtes Design, das sich fast schon zu stark am Sharan orientriert.
Ein Spätzünder war der VW Touran immer, und die Geschichte ist nicht neu: Bei seiner Markteinführung
hatten die meisten Konkurrenten ihre Kompaktvans bereits am Start, was den Touran aber nicht daran
hinderte, sich direkt an die Spitze der Bewegung - im Sinne der Verkaufszahlen - zu setzen.
Über 1,1 Millionen Touran haben die Kunden seit 2003 gekauft, und sie haben es bis zuletzt zahlreich
gemacht, obschon das Auto doch schon seit einiger Zeit in punkto Motoren und sonstiger Techniken
nicht mehr auf der Höhe der Zeit bzw. der hauseigenen Schwestermodelle war. Bis zu 50 Prozent
Marktanteil in seiner Klasse sprechen eine deutliche Sprache.
Schon seit einiger Zeit hatten Beobachter, darunter auch wir, eine Modellpflege erwartet - zuletzt
zur IAA 2009. Doch dort stand der Touran ebensowenig wie auf dem Genfer Salon in diesem März. Diese
Premiere hat sich VW für die AMI in Leipzig aufgehoben und diese dadurch gestärkt. Spätzünder also
wiederum, aber jetzt endlich ist der da, der neue Touran. Ob neu dabei für ein ganz neues Modell steht
oder für ein umfangreiches Facelift, wird in entsprechenden Kreisen für emotionale Diskussionen sorgen.
VW selbst spricht offenbar bewusst uneindeutig von einer "in weiten Bereichen neu konzipierten Generation".
Fakt ist: Nur die vier Türen wurden unverändert vom Vorgänger übernommen - ein Konzept, das
an den Modellwechsel von Golf V zu Golf VI erinnert. Erwartungsgemäß folgt die Frontansicht nun der
neuen Volkswagen-DNA, wie Marketing-Menschen sich auszudrücken pflegen. Dieses horizontal betonte
Design mit angespitzten Scheinwerfern, geradem Kühlergrill und feinen Lichtkanten auf der Schürze
ist einerseits fraglos gut gelungen, wird von VW andererseits aber zwischen den einzelnen Baureihen
erstaunlich wenig abgewandelt. Damit ergibt sich auf Dauer möglicherweise mehr als das beabsichtigte
Familiengesicht: Kennt man einen, kennt man alle.
Die neue Front bedingt auch Modifikationen an den Kotflügeln und der Motorhaube, die nun markantere
Knicke und eine geschwungenere Anbindung im Bereich der A-Säule aufweist. In der Seitenansicht neu
ist das hinterste Seitenfenster, das nun zur D-Säule hin ansteigt, was mehr Dynamik ausdrücken soll.
Es ist sehr ähnlich ausgeführt wie im neuen Sharan. Die Außenspiegel hatte VW von vielen unbemerkt
bereits beim bisherigen Modell auf die aktuelle Design-Linie umgestellt. Es bleibt bei den kleineren,
bisherigen Türgriffen, wie sie auch Polo, Golf Variant, Golf Plus und Tiguan tragen, während die
Golf-Limousine und der Passat die größeren Pendants aufweisen.
Die größte und gewöhnungsbedürftige Designoperation hat VW am Heck vorgenommen, wo nicht nur der
untere Abschluss der Scheibe begradigt, sondern auch ein neues Leuchtendesign eingeführt wurde.
Die Rücklichter sind nun horizontal angeordnet, geteilt ausgeführt und verfügen über ein markantes
Innenleben. Fast schon erschreckend ist, wie genau diese Rückleuchten denen des Sharan entsprechen.
In der Folge wird die Heckschürze vor allem im Außenbereich voluminöser, sitzt das Kennzeichen etwas tiefer und
laufen die horizontalen Sicken der Heckklappe nicht mehr in die Schürze weiter. Ein neuer Dachkantenspoiler
und weitere Details lassen den Luftwiderstandswert von 0,32 auf 0,29 sinken.
Kleine Retuschen im Interieur
Von außen nach innen: Auch hier hat teilweise der aktuelle Look von Golf & Co. Einzug gehalten. Insbesondere
betrifft dies die 2+2-Instrumentierung, die neue, an dieser Stelle schon oft kritisierte
Klimabedieneinheit, die aktuelle Lenkradgeneration und, in den höheren Ausstattungslinien, mehr
Chromschmuck an Schaltern, Lüftungsdüsen und dergleichen. Es bleibt bei einer konventionellen
Handbremse - und auch sonst ist das Layout so nah am Vorgänger wie nur bei einem Facelift.
Das Sitzkonzept des fünf- und siebensitzigen Kompaktvans bleibt unverändert, was bedeutet,
dass sich die drei Einzelsitze in Reihe 2 in Längsrichtung verschieben, zusammenklappen,
ausbauen oder quer versetzen, nicht aber wie im neuen Sharan in den Fahrzeugboden versenken
lassen. Die Lehne des Beifahrersitzes kann jetzt bereits im Basismodell komplett umgeklappt
werden, um besonders lange Gegenstände zu transportieren. Bei Nichtgebrauch tiefer versenkbare
Kopfstützen in der zweiten und dritten Sitzreihe sorgen für eine verbesserte Sicht nach hinten.
Im Kofferraum gibt es neue Fächer und modifizierte, mit Teppich verkleidete Seitenwände. Außerdem
soll sich die Klappe jetzt dank einer geänderten Kinematik der Gasdruckdämpfer in einem Schwung
schließen lassen.
Komplett erneuertes Motorenprogramm
In punkto Motorisierungen gibt es keine Überraschungen. So halten nun auch im Touran endlich die neuen
TSI- und TDI-Aggregate Einzug. Bei den Benzinern bildet der neue 1,2 TSI mit 105 PS die Basis
anstelle des konventionellen 1,6-Liter-Motors mit 102 PS. Abgesehen von einer völlig anderen
Leistungsentfaltung des kleinen Turbo-Motors ist dieser deutlich sparsamer: 6,4 statt 8,1 Liter
lautet die Ansage. Zusätzlich wird es auch eine Variante mit "BlueMotion Technology" (BMT) geben,
die dank Start-Stopp-System und Rekuperation auf 5,9 Liter kommt.
Vom Vorgänger übernommen wurden die zwei 1.4 TSI; sie leisten 140 PS und 170 PS. Die schwächere
Variante wird optional über das 7-Gang-DSG geschaltet, die stärkere serienmäßig. Die 1,9-Liter-Diesel
mit 90 und 105 PS, die zum Teil sogar noch ohne Rußfilter verkauft wurden, werden von dem neuen
1,6 TDI in den gleichen Leistungsstufen ersetzt. Der Basis-Diesel kommt auf 5,1 statt bisher 6,0
Liter Verbrauch, das 105-PS-Modell wird auch als BMT-Modell offeriert, das den Touran dann mit
4,6 Litern Normverbrauch zum sparsamsten Siebensitzer auf dem Markt macht.
Darüber rangieren weiterhin die beiden 2,0 TDI mit 140 und 170 PS, die jetzt aber analog der anderen Baureihen
mit Common-Rail-Einspritzung wesentlich sparsamer und kultivierter geworden sind. In punkto
Verbrauch bedeutet dies Rückgänge um bis zu 1,2 Liter, ab Ende des Jahres wird die schwächere Variante
analog zum Passat ebenfalls als BMT-Modell angeboten; beachtliche 4,8 Liter Verbrauch sind insoweit
angekündigt. Der Top-Diesel ist künftig nur noch mit DSG zu haben. Das Erdgas-Modell "EcoFuel" bleibt
unverändert im Angebot.
Neue Extras: Glasdach, Parkassistent 2.0 und DCC
In punkto Technik zu vermelden gibt es die Einführung eines Tagfahrlichts. In Kombination mit Xenon-Scheinwerfern
ist es in LED-Technik ausgeführt und dient auch als Standlicht. Während Modelle mit Halogenlicht optional
mit einem Fernlichtassistenten ("Light Assist") ausgerüstet werden können, hat VW bei Fahrzeugen mit Xenon-Licht
sogar den "Dynamic Light Assist" aus dem Touareg übernommen. Hier bleibt das Fernlicht dauerhaft aktiv. Es wird
nur in den Bereichen abgeblendet, in denen das kamerabasierte System eine mögliche Blendung anderer
Verkehrsteilnehmer analysiert hat - sie werden sozusagen aus dem Lichtkegel ausgeschnitten.
Erstmals erhältlich für den Touran ist ein Panorama-Ausstell-/Schiebedach, die Rückfahrkamera und die adaptive
Fahrwerksregelung DCC. Außerdem hält der neue Parkassistent 2.0 Einzug, der halbautomatisch nicht nur in
Längs-, sondern auch in Querlücken einparkt.
Neu geordnete Ausstattungs-Hierarchie
In punkto Ausstattung hat VW endlich die Bezeichnungen wieder vereinheitlicht und den anderen Baureihen angepasst.
So heißt das Basisniveau nun wieder Trendline und nicht mehr Conceptline und die mittlere Linie Comfortline
statt Trendline; Topmodell ist wie üblich der Highline. Die genauen Ausstattungsdetails stehen noch nicht fest -
die Markteinführung beginnt erst im August. Klar ist indes, dass (künftig abweichend zu bisher) Klimaanlage und
Fensterheber hinten modellübergreifend Standard sind. Comfortline erhält Licht- und Regensensor, Highline
Leder-Alcantara-Polsterungen wie im Passat, Multifunktionslenkrad und ein Farbdisplay für den Bordcomputer,
wie es wiederum in Golf & Co. bisher nicht angeboten wird.
Zusammenfassend kann der neue Touran in technischer Hinsicht als merklicher Vorsprung bezeichnet werden. Insbesondere
die Verbrauchsrückgänge und die neuen Optionen waren überfällig und werden dem Auto weiterhin hohen Kundenzuspruch
bescheren. Das Design ist naturgemäß Geschmackssache; speziell das angeschrägte Seitenfenster und die Heckleuchten
sind tendenziell nicht der Weißheit letzter Schluss - und zu nah am Sharan. Schon nach dem ersten Eindruck von Karosserie
und Innenraum lässt sich die eingangs gestellte Frage nach neuem Modell oder Facelift klar mit letzterem beantworten.
Es war das zweite beim Touran - und es muss das letzte gewesen sein.