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V12-Flaggschiff: BMW 760Li |
BMW |
Es wird ein Treffen der deutschen Luxus-Automobile: Auf der Messe Auto Shanghai feiern nicht nur die aktualisierte
Mercedes S-Klasse und der ganz neue Porsche Panamera ihre Weltpremiere, sondern auch das Topmodell der BMW 7er-Reihe. Das
Zwölfzylinder-Flaggschiff wird deutlich stärker, aber trotz neuer Achtgang-Automatik kaum sparsamer.
Nicht mit einem Mercedes, sondern mit dem BMW 750i (Baureihe E32) des Jahres 1987 begann für das Nachkriegs-Deutschland die
Ära der Zwölfzylinder-Motoren, jedenfalls was den Pkw-Fahrzeugbau anbelangt. Mit 300 PS und einer auf 250 km/h beschränkten
Höchstgeschwindigkeit, aber auch mit der besonders breiten Niere des Kühlergrills und den eckigen Endrohren sorgte das Auto
für einiges Aufsehen nicht nur im BMW-Lager.
22 Jahre später steht nun die vierte V12-Generation im noch neuen 7er der Baureihe F01 vor dem Start. Das Triebwerk
verfügt über den gleichen Hubraum von 5.972 Kubikzentimetern wie der Vorgänger, legt aber in punkto Leistung deutlich
zu: Statt 445 leistet das High-Tech-Aggregat nun 544 PS. Diese stehen bereits bei 5.250 Umdrehungen (bisher: 6.000) zur
Verfügung. Ähnliches gilt für das Drehmoment, dessen Maximum von 600 auf 750 Newtonmeter steigt, die zwischen 1.500 und
5.000 Touren (bisher: 3.950) anliegen.
Möglich wird die neue Charakteristik einerseits durch die Umstellung auf Direkteinspritzung und andererseits
durch das Twin-Turbo-Konzept. An den äußeren Seiten der beiden Zylinderbänke versorgen jeweils ein Turbolader
sechs Zylinder mit verdichteter Luft. So erreicht BMW die in diesem Segment erwartete Leistungsausbeute ohne
den sonst unvermeidlichen Zuwachs an Hubraum, der auch mehr Gewicht, höheren Schwerpunkt und nicht zuletzt
größeren Verbrauch bedeuten würde.
Apropos Verbrauch: 12,9 statt 13,4 Liter lautet die neue, noch vorläufige Werksangabe nach der EU-Norm. Das ist
einerseits der beste Wert im Wettbewerbsumfeld, andererseits aber auch trotz der höheren Leistungsausbeute ein
überschaubarer Fortschritt von weniger als vier Prozent - trotz des technischen Aufwands: Zwar verzichtet BMW
beim Flaggschiff natürlich auf eine Start-Stopp-Automatik, setzt aber auf Bremsenergie-Rückgewinnung, bedarfsgerecht
agierende elektrische Wasserpumpen und die volumenstromgeregelte Ölpumpe.
Die eigentliche technische Neuheit aber ist das in Zusammenarbeit mit ZF entwickelte Achtgang-Automatikgetriebe, von
dem die Münchner behaupten, die Zahl der Gänge habe nichts mit der Wettbewerbssituation oder Imagefragen zu tun,
sondern ausschließlich mit Effizienz-Zielen. Die neue Automatik, die im Gegensatz zur "7G-TRONIC" von Mercedes
nur über einen Rückwärtsgang verfügt, bietet einen nochmals schnelleren Gangwechsel und eine größere Spreizung bei
kleineren Drehzahlsprüngen zwischen den Fahrstufen. Trotz des zusätzlichen Radsatzes und anderer Extra-Bauteile soll
das Gewicht des Aggregats nahezu konstant geblieben sein.
Den Verbrauchsvorteil gegenüber dem bisherigen Sechsgang-Pendant beziffert BMW auf rund sechs Prozent, was in
Kombination mit dem sukzessive geplanten Einsatz mit anderen Motoren und in anderen Baureihen noch Sparpotential
aufzeigt.
Äußerliche Erkennungszeichen des Flaggschiffs finden sich wiederum am Kühlergrill - die Niere weist einen besonders
breiter modellierten Chromrahmen sowie nach vorn gewölbte Stäbe auf - und insbesondere an der Auspuffanlage: Zwei
eckige, voll integrierte und per zusätzlicher Chromleiste nochmals betonte Endrohre sorgen hier für einen
unübersehbaren Eindruck, der das "dezent" in der BMW-Beschreibung nicht recht erfüllen mag. Dazu kommen spezifische
18-Zoll-Räder, die die meisten Kunden sicherlich in 19- oder gar 20-Zöller tauschen werden, sowie V12-Schriftzüge
auf den verchromten Kiemenelementen an der vorderen Seitenwand bzw. -tür.
Das Interieur besticht zusätzlich zum sowieso schon üppigen Niveau des 7ers unter anderem durch Edelstahl-Einstiegsleisten
mit beleuchtetem V12-Schriftzug, eine mit Nappaleder bezogenes Armaturenbrett und Wurzelholz-Einlagen mit Intarsien.
Dachhimmel und Sonnenblenden sind mit Alcantara bezogen. Der BMW 760i wird im Gegensatz zum Stuttgarter Wettbewerber
weiterhin sowohl in der normalen als auch der langen Variante 760Li angeboten, die einen um 14 Zentimeter verlängerten
Radstand (und damit den größten in diesem Segment) bietet.
Die vollständige Ausstattungsliste liegt noch nicht vor. Serienmäßig werden Komfortsitze, das große Navigationssystem,
Vier-Zonen-Klimaautomatik, Parksensoren und die Soft-Close-Automatik für die Türen sein. Auch die
Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion gehört zum Standard, nicht aber die Assistenzsysteme, die
Rückfahrkamera, das Head-Up-Display oder das Kurven- und Abbiegelicht.
Das sollen die Kunden bitteschön extra bezahlen, schließlich ist so ein Zwölfzylinder-Modell nicht nur ein
Imageträger, sondern auch das, was man neudeutsch eine Cash-Cow nennt. Wie teuer die Eintrittskarte in den
V12-Club konkret wird, mag BMW noch nicht verraten, aber das ist in Bereichen an die 150.000 Euro vielleicht
auch nicht ganz so ausschlaggebend. Jedenfalls für jene Autofahrer, die "die individuelle Mobilität auf
höchstem Niveau zum Bestandteil eines an Perfektion orientierten Lebensstils machen", wie die PR-Mannen
getextet haben.