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Donnerstag, 18. April 2024
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Gericht entscheidet zugunsten engagiertem Arbeitssuchenden

Urteil: Kosten für Busführerschein können steuerlich absetzbar sein

Aufwendungen für den Erwerb des Bus-Führerscheins können sowohl Fortbildungskosten als auch als vorweggenommene Werbungskosten darstellen und daher als beruflicher Aufwand steuerlich abzugsfähig sein. Das hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden.
Der 54jährige Kläger war als angestellter Maschinenführer beschäftigt. Daneben war er auch bei einer Spedition als Lkw-Fahrer tätig. Zuvor war der Kläger über viele Jahre hauptberuflich als Lkw-Fahrer tätig gewesen. Im Juni 2003 wurde dem Kläger betriebsbedingt wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes zum 31. Dezember 2003 gekündigt.

Bereits Anfang des Jahres 2003 war aufgrund verschiedener Pressemitteilungen klar gewesen, dass die Firma, bei der er als Maschinenführer angestellt war, wegen der geplanten Verlegung des Werks von Deutschland ins Ausland betriebsbedingte Kündigungen vornehmen werde. Im März 2003 hatte sich der Kläger beim Arbeitsamt für "Fabrikarbeit, Fahrerstellen Klasse 2" als arbeitssuchend gemeldet. Für den Erwerb des Busführerscheins bekam er vom Arbeitsamt keine finanzielle Unterstützung. Im Dezember 2003 hatte er mit der Nachfolgefirma einen neuen Arbeitsvertrag als Umspuler abgeschlossen.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für "Fortbildung Busführerschein" in Höhe von gut 2.400 Euro geltend. Zur Begründung erklärte er, aufgrund der Entlassung habe er den Busführerschein gemacht, um als Busfahrer größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Er habe sich auch bei verschiedenen Busunternehmen beworben. Den neuen Arbeitsvertrag habe er abgeschlossen, weil er bis zu diesem Zeitpunkt als Busfahrer keinen Arbeitsplatz gefunden habe und in seinem Alter nicht habe arbeitslos werden wollen.

Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für den Busführerschein jedoch nicht als Werbungskosten, sondern als Aus- oder Weiterbildungskosten bei den Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 920 Euro. Die vom Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg hatte Erfolg (Urteil vom 29.08.2006; - 14 K 46/06 -).

Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt, die Aufwendungen für den Erwerb des Busführerscheins als Werbungskosten in voller Höhe anzuerkennen. Die Aufwendungen stellten zum einen Fortbildungskosten dar. Bei diesen handele es sich um beruflich veranlasste Weiterbildungskosten in einem erlernten und ausgeübten Beruf. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Der Kläger habe den Beruf des Lkw-Fahrers bereits in den 70-iger Jahren mit dem Erwerb des entsprechenden Führerscheins erlernt und ausgeübt. Das Fahren von Kraftfahrzeugen gehöre demnach zu seiner Berufsausübung.

Die Aufwendungen seien zum anderen auch als vorab entstandene Aufwendungen (vorweggenommene Werbungskosten) zu berücksichtigen. Werbungskosten könnten, auch wenn der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen erziele, schon anfallen, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Diese Voraussetzungen habe der Kläger anschaulich und glaubhaft dargelegt.

Dass er Arbeitsstellen als Busfahrer letztlich nicht bekommen habe, sei unerheblich. Komme es entgegen der Erwartung des Steuerpflichtigen nicht zur Erzielung von Einkünften, sei von vergeblich vorab entstandenen Werbungskosten auszugehen, die steuerlich anzuerkennen seien.

Der Erwerb des Busführerscheins sei vorliegend auch nicht der - steuerlich unerheblichen - privaten Lebensführung zuzurechnen, wie es grundsätzlich beim Pkw-Führerschein der Fall ist. Etwas anderes gelte nämlich in den Fällen, in denen - wie hier - der Erwerb unmittelbare Voraussetzung zur Aufnahme der Berufsausübung sei. Nach der Lebenserfahrung könne angenommen werden, dass die private Benutzung von Lkw- und Bus-Führerscheinen von untergeordneter Bedeutung und ihr Erwerb Voraussetzung für die erstmalige Anstellung oder das berufliche Fortkommen eines Berufskraftfahrers sei. Private Neigungen, Interessen oder Liebhaberei des Klägers hätten ebenfalls nicht im Vordergrund gestanden.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen.
text  Hanno S. Ritter
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