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Studie: VW EcoRacer |
Volkswagen |
Das Dreiliter-Auto von VW ist tot – es lebe das Dreiliter-Auto von VW. Auf der Tokyo Motor Show zeigen die
Wolfsburger, dass ein künftiges Sparauto auch völlig anders als bisher konzipiert sein könnte. Der erste Eindruck
macht Lust auf mehr.
"EcoRacer" lautet der Name für die 3,77 Meter lange, 1,74 Meter breite und mit 1,21 Meter besonders flache
Studie, deren Hauptmerkmale gleich vorweggenommen werden sollen:
Der knallgelbe, fahrbereite Sportler rennt in 6,3 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von
230 km/h. Den Normverbrauch in Verbindung mit DSG beziffert VW demgegenüber auf nur 3,4 Liter im Drittelmix - das
sind gut 0,4 mehr als beim ausgelaufenen Lupo 3L, andererseits aber auch geringfügig weniger als das Niveau eines
Smart Fortwo Coupé CDI mit 41 PS. Wer besonders sparsam fährt, soll sogar in der Praxis deutlich unter drei Litern
Verbrauch realisieren können, verspricht VW - die Mini-Tankfüllung von 30 Litern wäre dann für mehr als 1.000
Kilometer Reichweite gut.
Für den Antrieb sorgt im EcoRacer ein Vorläufer der jüngst von VW für 2007 angekündigten neuen TDI-Generation,
die nicht nur auf Common Rail- statt auf Pumpe-Düse-Technik setzen wird, sondern offenbar auch weiter das sogenannte
Downsizing-Prinzip verfolgt, wie es derzeit beim Golf GT zum Einsatz kommt.
Konkret bedeutet das hier 136 PS Leistung bei 4.000 Umdrehungen aus nur noch 1,5 Litern Hubraum. Das Drehmoment wird
mit über 250 Newtonmetern zwischen 1.900 und 3.750 Touren angegeben, die Verdichtung beträgt 17,2:1. Die Maschine soll
bereits die künftigen EU5-Abgasnormen erfüllen und darüberhinaus für ein Verbrennungsverfahren synthetischer Kraftstoffe
vorbereitet sein, das dereinst die Vorteile von Benziner und Diesel vereinen könnte.
Die guten Fahrleistungs- und Verbrauchswerte gehen dabei naturgemäß nicht nur auf den Motor zurück: Dank einer
aufwändigen und für eine mögliche Serie wohl zu teuren Kohlefaser-Karosserie bringt der EcoRacer gerade einmal
850 Kilogramm auf die Waage.
Die Karosserie bietet auch sonst jede Menge gelungene Überraschungen: Weil der Motor vor der Hinterachse sitzt,
verfügt der kleine Renner wie etwa ein Porsche Boxster über zwei Kofferräume. Die Türschlösser öffnen als Bestandteil
des schlüsselfreien Zugangssystems elektromechanisch. Dabei wird jedoch nicht nur das Schloss freigegeben; vielmehr
schwenkt gleichzeitig per Gasdruckdämpfer die jeweilige Dachfläche nach oben, um ein bequemes Ein- und Aussteigen zu
ermöglichen. Mit wenigen Handgriffen lassen sich diese Dachteile sowie der so genannte T-Bar, der Längssteg dazwischen,
gänzlich herausnehmen und hinter den Sitzen verstauen.
Doch damit nicht genug: Innerhalb von Minuten lässt sich der komplette Dachaufbau inklusive Scheiben entfernen respektive
umbauen. Auch das ist in Stufen möglich. Dabei wird die hintere Hutze, das Coupé-Heck, abgenommen. Ohne Hutze zeigt sich
das Coupé nun als Roadster. In einer letzten Stufe lässt sich der Roadster in einen Speedster verwandeln: Dafür wird eine
spezielle Verankerung im Bereich der A-Säulen gelöst, um die Windschutzscheibe samt Rahmen und oberer Armaturenverkleidung
abzunehmen. Statt dieses Moduls wird nun eine minimalistische Scheibe plus eigener Cockpitabdeckung eingesetzt.
In punkto Technik setzt VW sowohl bei den Rückleuchten als auch den Scheinwerfern mit Kurven- und Tagfahrlichtfunktion
auf LED-Technik, deren Kompaktheit hier trotz der geringen Karosserieüberstände eine tiefe Anordnung vor der Radachse
möglich machen. Teile der elektrischen und Fahrwerks-Technik stammen von Golf, Golf GTI und Passat, beispielhaft die
elektronische Parkbremse und ein stehendes Gaspedal. Ein abschaltbares ESP ist natürlich an Bord; die 17 Zoll-Räder
mit einem Abstand von 2,48 Metern sind mit Mischbereifung bestückt: Vorne gibt es schmale 175/55er-Pneus, an der
angetriebenen Hinterachse 225/45er - auch das weckt Erinnerungen an den in Kürze auslaufenden Smart-Roadster.
Das Interieur ist optisch Studien-typisch von viel Leder und Aluminium geprägt. Neue Wege geht dagegen das Bedienkonzept:
Ein auf der Lenksäule montiertes und also automatisch immer in der passenden Höhe befindliches Zentraldisplay ist das
Hauptmerkmal. Es zeigt im Normalzustand à la Mercedes S-Klasse digital, aber in Analog-Optik Tachometer und Drehzahlmesser
an, dient aber auch als Visualisierung - wahlweise in Farbe oder monochrom - für die meisten weiteren Funktionen wie
Audio, Navigation, Telefon und Fahrzeug-Einstellungen, die über ein Audi-typisches MMI-System bedient werden. Der
Controller sitzt neben dem neu gestalteten DSG-Wählhebel auf der Mittelkonsole, wo auch ein iPod-Fach mit Schnittstelle
vorhanden ist. All das, so VW, könnte "schon bald in Serienmodellen verwirklicht" werden.
Gestartet wird per Knopfdruck, zu den weiteren Funktionen gehört ein "Race"-Modus mit veränderten Kennlinien für Lenkung
und Motor-/Getriebesteuerung. Über ein Autorisierungssystem mit Fingerabdruck-Erkennung lassen sich unterschiedliche
Modi programmieren, etwa auch weniger Leistung und Tempo für Fahranfänger. Der Innenspiegel ist stehend auf dem
oberen, in Wagenfarbe lackierten Teil des Armaturenbretts angeordnet.
Abschließend noch ein Blick aufs Design: Natürlich ist der EcoRacer ein typisches Messe-Unikat und in den Details
überzeichnet. Die Grundproportionen mit den kraftvollen und außen abgeflachten Kotflügeln, die an die jüngste
Beetle-Modellpflege erinnern, während die Dachform im geschlossenen Zustand Züge der Beetle-Studie Ragster zitiert,
sowie das Frontdesign mit den beiden vertikal angeordneten Rundscheinwerfern und dem etwas ausdruckslosen Kühlergrill
könnte man sich durchaus in ähnlicher Form in der Serie vorstellen.
Letzteres deutet sogar VW selbst an, mag aber naturgemäß zur sonstigen Zukunft des Autos nichts sagen. Wir, die wir
gerade beschlossen haben, dass der EcoRacer bald in unsere Rubrik "Begehrlichkeiten" gehört, schon: Bauen!