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ARCHIVGericht: Arzt handelt im Ausnahmefall in nostandsähnlicher Situation
Urteil: Kein Fahrverbot wegen Schnellfahrens bei ärztlichem Notfalleinsatz
Ein Arzt, der im Zuge eines Notfalleinsatzes mit seinem Pkw eine deutliche Geschwindigkeitsübertretung begeht,
muss nicht automatisch mit einem Fahrverbot als Strafe rechnen. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts
Karlsruhe hervor.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein 44-jähriger Arzt aus dem nordbadischen Raum im Oktober 2003 eine
Bundesstraße bei Karlsruhe befahren, wobei er die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h
missachtete und in eine Geschwindigkeitskontrolle geriet, bei welcher nach Abzug der Toleranz ein Tempo von
161 km/h gemessen wurde. Die Bußgeldbehörde der Stadt Karlsruhe erließ daraufhin einen Bußgeldbescheid in Höhe von
275 Euro sowie ein zweimonatiges Fahrverbot.
Auf den Einspruch des Arztes hin fand vor dem Amtsgericht Karlsruhe im April 2004 die Verhandlung statt. Zu seiner
Verteidigung brachte der Mann vor, er sei zu einem Notfall gerufen worden und habe deshalb die Geschwindigkeit
überschritten. Das Amtsgericht sah daraufhin von der Verhängung eines Fahrverbots ab und erhöhte die Geldbuße auf
500 Euro. Die von der Staatsanwaltschaft hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte nun vor dem OLG Erfolg und
führte zur Anordnung der Neuverhandlung des Verfahrens.
Der 1. Bußgeldsenat des OLG Karlsruhe hat dabei klargestellt, dass "eine die Anordnung eines Fahrverbots im Regelfall
rechtfertigende grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers" ausnahmsweise dann nicht vorliege, wenn ein
Arzt eine Geschwindigkeitsüberschreitung aus einer notstandsähnlichen Situation heraus begehe, weil er einem Patienten zu
Hilfe eilen wolle. Der Arzt überschreite nämlich die Verkehrsregeln nicht aus grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit
oder Gleichgültigkeit, sondern in Erfüllung seiner ärztlichen Pflichten aus Sorge um das Leben oder die Gesundheit seines
Patienten.
Allerdings könne nicht jeder Hilferuf eine solche Beurteilung rechtfertigen, vielmehr sei dies nur dann der Fall, wenn
eine sofortige medizinische Behandlung zwingend erforderlich sei und/oder der Arzt vom Vorliegen einer solchen
Gefahrenlage ausgehen dürfe, so die Richter (Beschluss vom 10.11.2004; - 1 Ss 94/04 -). Ob dies hier der
Fall war, muss das Amtsgericht Karlsruhe nun in einer neuen Hauptverhandlung klären.
text Hanno S. Ritter
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