Überquert ein Radfahrer einen Fußgängerüberweg, indem er absteigt und mit dem Fuß auf einem Pedal "rollert", ist dies
kein Verstoß gegen das Verbot, den Fußgängerüberweg mit dem Fahrrad zu befahren. Das geht aus einem Urteil des
Kammergerichts Berlin hervor, über das der Anwalt-Suchservice berichtet.
In dem zugrundeliegenden fall war eine Frau auf einem Radweg unterwegs gewesen. An einer Straßeneinmündung, an der sie
die Vorfahrt zu beachten gehabt hätte, verließ sie den Radweg, stieg ab und überquerte die einmündende Straße auf einem
Fußgängerüberweg. Allerdings schob sie das Rad dabei nicht, sondern setzte einen Fuß auf ein Pedal und "rollerte". Dabei
wurde sie von einem Pkw erfasst und erheblich verletzt. Sie musste sechs Wochen lang stationär behandelt werden
und behielt eine Beinverkürzung zurück.
Später verlangte die Radlerin Schadenersatz und Schmerzensgeld von dem Autofahrer. Der stellte sich allerdings auf den
Standpunkt, die Frau trage eine Mitschuld an dem Unfall. Sie hätte das Rad auf dem Überweg schieben müssen und nicht
rollern dürfen. Der Streit ging vor Gericht, und das KG Berlin gab der Frau Recht (Urteil vom 03.06.2004;
- 12 U 68/03 -):
Die Radfahrerin trage keine Mitschuld an dem Unfall, entschieden die Richter. Wäre sie auf dem Radweg weitergefahren, so
hätte sie zwar die Vorfahrt des Autofahrers zu beachten gehabt. Es habe ihr jedoch frei gestanden, von ihrem Rad
abzusteigen und sodann als Fußgängerin die Straße auf dem Fußgängerüberweg zu überqueren. Allein die Tatsache, dass die
Frau dabei mit einem Fuß auf das Pedal gestiegen und gerollt sei, führe noch nicht dazu, dass sie den Fußgängerüberweg
nicht hätte benutzen dürfen. Außerdem könne auch keine Unfallursächlichkeit ihres Verhaltens festgestellt werden. Es
spreche nichts dafür, dass der Unfall vermieden worden wäre, wenn die Frau beim Überqueren der Straße nicht gerollert
wäre, sondern das Fahrrad geschoben hätte, so die Richter, die der Frau Schadensersatz und Schmerzensgeld von
25.000 Euro zusprachen.