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Mehr Sicherheit: Sprinter-Studie |
DaimlerChrysler |
Sprinter - mit der vielleicht nicht ganz so glücklichen Mercedes-Modellbezeichnung gemeint sind umgangssprachlich
jene Transporter, die dank modernen Diesel-Motoren flinker unterwegs sein können als noch vor ein paar Jahren -
sind ob ihrer angeblichen Unfallhäufigkeit ins Gerede gekommen.
Folge ist eine Diskussion über allgemeine Tempolimits auf Autobahnen für diese Fahrzeuggattung, wenn man sich
dabei auch des Eindrucks nicht erwehren kann, dass diese Diskussion in der Mehrheit von jenen Interessengruppen
und Medien geführt wird, die Nutzfahrzeuge per se nicht leiden können, schon im Grundsatz für extrem gefährlich
halten und nicht akzeptieren mögen, dass ein moderner Transporter in der Motorleistung ebenso zugelegt hat wie
ein moderner Mittelklasse-Pkw.
Die Zahlen sprechen freilich gegen die Theorie vom "rasenden" Unglückstransporter: Die überwiegende Mehrheit der Unfälle
wird auf Bundes- und Landstraßen und im Ortsbereich registriert - jenen Bereichen also, wo die Geschwindigkeit sowieso
reglementiert ist. Andererseits ist es wahr, dass auch im Transporter-Bereich der ein oder andere Fahrer mit seinem
Gefährt, dessen Ladung und den physikalischen Grenzen nicht umzugehen weiß, und dass auch die Fahrzeuge selbst in
punkto Sicherheit noch besser sein könnten als sie es sind, und gerade letzteres trifft auf dieses Segment stärker zu
als auf Pkw. Mercedes geht hier mit gutem Beispiel voran und stattet den Sprinter schon seit geraumer Zeit serienmäßig
mit ESP aus, außerdem wird jedem Käufer ein Sicherheitstraining spendiert. Die Konkurrenz von Fiat, Peugeot, Renault,
Opel oder VW ist dem Beispiel bisher jedoch nicht gefolgt.
Natürlich hat auch Mercedes kein Interesse an der Sicherheitsdiskussion und schon gar nicht an einem allgemeinen
Tempolimit. In Stuttgart verfolgt man deswegen den Ansatz "Fahrer, Fahrzeug, Ladung": Wenn gute Fahrer mit einem
guten Fahrzeug und richtig verstauter Ladung unterwegs sind, sollte sich die Unfallbilanz deutlich aufhellen lassen.
Zu den beiden letzteren Punkten kann der Hersteller selbst beitragen, und eine neue Studie zeigt, dass insoweit
noch erhebliches Potential vorhanden ist.
Das Fahrzeug hört auf den Namen "Innovationsträger Sicherheit" und steht auf der IAA Nutzfahrzeuge im kommenden
Monat. Basierend auf einem Serien-Sprinter vom Typ 316 CDI zeigt es eine Kombination aus aktuell bereits vorhandener
Sicherheitstechnik und möglichen künftigen Lösungen, die größtenteils gar nicht so spektakulär sind, aber in der
Summe durchaus interessant erscheinen.
Äußerlich gibt sich der Sprinter vor allem an den weit heruntergezogenen Seitenscheiben zu erkennen, die die seitlichen
Bereiche unterhalb der Außenspiegel ins Blickfeld des Fahrers rücken, ferner an Spiegelblinkern, vergrößerten Rückleuchten
und einem an der Karosserie umlaufenden Reflexionsband. Dazu kommen neue Scheinwerfer, die wie in besseren Pkw über
Bi-Xenon-Technik, Kurven- und Abbiegelicht und auch über Tagfahr- und Schlechtwetterlicht verfügen.
Außerdem hat Mercedes dem Sprinter eine Parktronic spendiert, die zusätzlich zu den bekannten Funktionen auch in den
Seitenwänden über integrierte Ultraschall-Sensoren verfügt. Lichtsymbole im Außenspiegel sowie in einem Anzeigeinstrument
auf dem Armaturenträger informieren den Fahrer optisch über Hindernisse, ergänzt durch eine akustische Warnung bei zu
geringem Abstand. Darüber hinaus gibt es eine Rundum-Panorama-Rückfahrkamera mit Bildschirm im Armaturenbrett, die
eine Rundumsicht auf das gesamte Heckportal des Fahrzeugs sowie den querenden Verkehr verspricht. Der dem Kamerabild
überlagerte und an den Lenkradwinkel gekoppelte Fahrkorridor - auf dem Monitor sichtbar - erleichtert dem Fahrer
Rangiermanöver und Einparkvorgänge. Navigationssystem mit Freisprecheinrichtung und ein Multifunktionslenkrad
sind ebenfalls an Bord.
Eine weitere sinnvolle Neuerung ist ein ESP, das die Beladung des Fahrzeugs bei der Regelung berücksichtigt. Dazu
kommt eine Wankstabilisierung, wie man sie etwa aus der S-Klasse kennt. Sie verhindert u.a. ein Aufschaukeln des
Fahrzeugs und minimiert die Rutschtendenz der Beladung in Kurven. Ferner verbaut Mercedes sowohl einen
Spurhalte- als auch einen Spurwechselassistent sowie den Abstands-Tempomaten DISTRONIC. Komplettiert wird das
Paket der aktiven Sicherheit durch ein Reifendruck-Kontrollsystem mit Notlaufreifen und eine sogenannte
Überlagerungslenkung mit geschwindigkeits-variabler Lenkübersetzung, die gerade auf der Autobahn für mehr Stabilität
sorgt. Zusätzlich zu den bereits jetzt je nach Version serienmäßigen oder als Extra verfügbaren Frontairbags und
Windowbags verfügt die Studie außerdem über Thorax-Sidebags.
Um die Ladungssicherung kümmert sich ein ausgeklügeltes System von Schienen, Zurrösen, Sperrbalken und Sicherungsplanen
- dem Prinzip nach ähnlich dem System aus dem T-Modell der E-Klasse. Die aus Hightech-Materialien gefertigte
Trennwand zum Fahrer ist sowohl besonders stabil als auch energieabsorbierend.
Schließlich hat Mercedes auch einen Unfalldatenschreiber eingebaut, der unter anderem Fahrgeschwindigkeit, Bremsmanöver,
Zustand der Fahrzeugsysteme wie zum Beispiel ESP oder Motorsteuerung, eingeschaltetes Licht oder Blinker über einen
Zeitraum von 30 Sekunden vor bis 15 Sekunden nach einem Unfall aufzeichnet - und in der Regel ganz nebenbei schon durch
seine simple Präsenz den Fahrer vorsichtiger agieren lässt, wie Mercedes einräumt.
Ob und wann das alles in den Sprinter-Prospekten auftaucht, lassen die Stuttgarter zunächst offen. Etliche der Lösungen
scheinen jedoch nicht nur sinnvoll, sondern auch seriennah und letztlich bezahlbar zu sein - auch, weil sie
in E-Klasse & Co. schon längst zum Alltag gehören. Bleibt also zu hoffen, dass Mercedes dem Innovationsträger
auch allgemein eine weitere Innovationsführerschaft in punkto Sicherheit folgen lässt. Vielleicht könnte sich die
Versicherungswirtschaft ja mit einem Bonus an den Extrakosten beteiligen. Damit wir die unsägliche "Sprinter"-Diskussion
nicht mehr hören müssen, und natürlich, damit die Unfallzahlen sinken und die -folgen minimiert werden.