Lässt ein Autofahrer nach dem Tanken den Zündschlüssel stecken, während er zum Bezahlen an die Kasse geht, handelt er nicht
automatisch grob fahrlässig. Wird das Fahrzeug gestohlen, muss die Kaskoversicherung unter Umständen trotzdem zahlen. Das
geht aus einem Urteil des OLG Frankfurt hervor, das der Anwalt-Suchservice mitteilt.
In dem zugrundeliegenden Fall war ein Mann gemeinsam mit seiner Mutter zum Tanken gefahren. Als er zur Kasse ging, ließ er
den Zündschlüssel stecken. Die Mutter, die ebenfalls ausgestiegen war, blieb in der Nähe des Autos, das zwischen zwei
anderen Fahrzeugen eingeparkt war, zurück. Plötzlich fuhren der vordere und der hintere Wagen blitzartig weg. Ein Fremder
sprang in das mit steckendem Schlüssel dastehende Auto und machte sich in Windeseile mit ihm davon, noch ehe die
fassungslose Mutter reagieren konnte.
Später wollte der Bestohlene von seiner Kaskoversicherung Diebstahlsentschädigung haben. Die Assekuranz weigerte sich jedoch
zu zahlen und erklärte, der Mann habe sich grob fahrlässig verhalten, als er den Schlüssel stecken ließ, um zur Kasse zu
gehen. Die Versicherung sei deshalb von ihrer Leistungspflicht befreit. Der Bestohlene ging bis vor das OLG Frankfurt und
bekam dort nach jahrelangem Streit schließlich Recht (Urteil vom 11.09.2002,
- 7 U 203/99 -).
Der Versicherte habe den Diebstahl nicht grob fahrlässig ermöglicht, so die Richter. Zwar stelle es in der Regel eine
Pflichtverletzung dar, wenn ein Fahrzeug unverschlossen mit dem Schlüssel im Zündschloss zurückgelassen werde. Grobe
Fahrlässigkeit hätte man dem Mann aber nur dann vorwerfen können, wenn er die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem
Maße verletzt, also das unbeachtet gelassen hätte, was jedem einleuchten müsste. Das wäre zum Beispiel der Fall gewesen,
wenn er sein Auto unbeaufsichtigt gelassen und so abgestellt hätte, dass ein sofortiges Wegfahren möglich gewesen wäre.
Dies habe er aber gerade nicht getan, so die Richter. Das Auto sei zum einen zwischen zwei Fahrzeugen eingekeilt gewesen,
sodass ein schnelles Wegfahren eigentlich nicht möglich erschien. Zum anderen sei die Mutter des Bestohlenen in der Nähe
des Fahrzeug geblieben. Der Wagen sei also weder unbeaufsichtigt noch abfahrbereit zurückgelassen worden. Der Versicherte,
so die Richter, habe nicht damit rechnen können, dass mehrere gerissene Täter ihn erst zuparken und dann plötzlich
wegfahren würden, um sein Auto in einer Blitzaktion zu entwenden. Der Bestohlene habe sich nicht grob fahrlässig
verhalten, und die Versicherung müsse zahlen, so das Urteil.