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Peugeot 108
Der neue Peugeot 108 steht jetzt bei den Händlern. Noch vor der Markteinführung haben wir eine Ausfahrt in verschiedenen 108-Versionen gemacht und
den Kleinstwagen dabei als gegenüber dem Vorgänger wesentlich verbessertes, vor allem schickes Auto kennengelernt. Perfekt ist er allerdings nicht,
und die Preise sind selbstbewusst.
"Was ist das überhaupt für ein Wagen?", fragt der Polizeibeamte, der mich im schönen Düsseldorf gerade aus dem Verkehr gezogen und angeblafft hat, doch bitteschön
nicht auf dem Radweg zu halten und - vor allem - Stopp-Schilder zu beachten. Schei...benkleister, denke ich, und als er Führerschein und Fahrzeugschein sehen will, gleich nochmal.
Ein Fahrzeugschein ist im Auto nicht zu finden, und überhaupt: Wie sieht ein Fahrzeugschein eines in Frankreich zugelassenen Autos aus? Der 11-Uhr-30-Termin in Neuss wird eng.
Es riecht nach Ärger, aber das Blatt wendet sich, denn der Motorrad-Polizist ist einer von der Sorte, mit dem man vernünftig reden kann. Er versteht die Umstände der Tour und der
ausländischen Zulassung, verzichtet alsbald auf den Fahrzeugschein und überrascht dann den Autor noch damit, dass ein Stopp-Verstoß im Gegensatz zu früher nicht mehr Punkte
bedeutet, sondern kaum mehr kostet als ein Menü beim gelben M.
Das ist der neue Peugeot 108, erkläre ich also, noch gar nicht auf dem Markt, aber hier schon zu sehen. Der Mann ist interessiert, lässt sich eine Zusammenfassung geben und grübelt, dass
der 108 sicher auch seiner Frau gefallen würde. Ob es ihn auch als
Citroën gibt? Ob die Kinder reinpassen? Nun ja, das wird eng, denke ich, aber der Ordnungshüter ist, wie er
erzählt, von einem Polo zu Hause nicht gerade platzverwöhnt. EC-Karte ist willkommen, und dann gilt das Interesse wieder dem Wagen, der es ihm vor allem optisch angetan hat.
Darf er ein Foto machen? Natürlich, er zückt das Handy und ist erfreut.
Die Straße ist ein Laufsteg
Ja, so einfach ist es, Leute für ein Auto zu interessieren: Man muss es zuallererst einmal schön machen - die Straße ist ein Laufsteg, für Zweibeiner wie Vierräder. Das ist
Peugeot hier gut gelungen. Der 108 ist ein ansehnliches Auto, und das aus jeder Perspektive und insbesondere als Fünftürer. Von Details wie dem Einarmwischer abgesehen, erinnert
kaum mehr etwas an den 107, der immer mindestens einen Tick zu ärmlich, mickrig und lustlos wirkte. Keine Frage: Peugeot hat nach einigen schwülstigen Ausreißern wieder zu gutem Design
zurückgefunden und inzwischen die wichtigsten Modelle 108, 208, 308 und 508 in dieser Form auf dem Markt.
War der 107 nur eine günstige Möglichkeit, trockenen Fußes von A nach B zu kommen, versprüht der 108 Flair, kann sich auch auf der Düsseldorfer Königsallee sehen lassen und dürfte
so auch erstmals für junge, designorientierte Frauen in Frage kommen, die bisher höchstens Mini, Fiat 500 oder Opel Adam auf dem Zettel hatten. Von diesen abgeguckt hat sich Peugeot
auch den Trend zur Individualisierung. Die Franzosen spielen diese Karte zwar bisher nicht so umfangreich, haben aber erstmals verschiedene Designkits, Innendekore und - leider nur
für die Dreitürer - sogar zwei Bi-Color-Varianten im Angebot.
Bei vergleichbaren Ausmaßen (der 108 ist gegenüber dem 107 etwas länger, schmaler und niedriger) wirkt der Kleinstwagen nicht nur frischer und detailverliebter, sondern auch erwachsener
und eleganter. Endlich gibt es vernünftige Bügeltürgriffe, eine ansehnliche Wischergeometrie und unsichtbare Klappenscharniere am Heck, endlich sind die Böppel der seitlichen
Kennzeichenbeleuchtung verschwunden. Schön, dass die hinteren Türen nicht mehr bis zu den Radläufen und zur Heckscheibe reichen, was das Auto gleich viel wertiger erscheinen lässt,
auch wenn es hinten selbst im Fünftürer bei den billigen Ausstellfenstern geblieben ist.
Und nicht zuletzt: Endlich liefert Peugeot das Auto auch mit einem großen Stoffverdeck, ärgert damit etliche Konkurrenten im Allgemeinen und den landeseigenen Mitbewerber Twingo im Besonderen,
wo dieses Extra schon lange zum guten Ton gehört. Es ist nicht ganz so konsequent gemacht wie im Fiat 500C; aber völlig ausreichend, und es trägt jedenfalls bei schönem Wetter klar zur
guten Laune bei.
Auch im Innenraum ist der 108 merklich gereift. Der aufgesetzte Drehzahlmesser ist einer integrierten Lösung gewichen, die Kunststoffe sind hochwertiger als im 107, das Layout auch.
Das Display in der Mittelkonsole wirkt hochwertig und ist mit seinen sieben Zoll größer als in vielen Autos zwei Klassen höher. Ein Navigationssystem ist allerdings nicht integriert
und auch nicht zu bekommen, weil das laut Peugeot zu teuer wäre - eine nicht ganz schlüssige Argumentation, wenn man sich den Preis mobiler Geräte oder den des
famosen Dacia-Systems vergegenwärtigt. Immerhin: Per MirrorLink lassen sich Handy-Inhalte (nur via Kabel)
auf den Bildschirm spiegeln, also auch etwa Google Maps. Das soll auch von iPhones aus funktionieren, allerdings reichte die Zeit nicht für einen entsprechenden Test.
Auch die Sitze sind bequem - und das trotz der integrierten Kopfstützen. Vorteilhaft wirkt sich insoweit aus, dass die Rückenlehnen stufenlos per Drehrad in der Neigung einstellbar
sind - keine Selbstverständlichkeit gerade bei den Minis. Das Raumgefühl und die Übersichtlichkeit sind gut, allerdings fehlt dem Auto eine Mittelarmlehne vorne.
Sparzwang im Detail
Das ist die eine Seite der Medaille. Ebenso zweifellos wie der Fortschritt ist aber auch zu konstatieren, dass der 108 gerade im Innenraum nicht das Niveau etwa des VW Up erreicht - vom
nochmals gediegeneren und in
nahezu jedem Detail perfekten Hyundai i10 ganz zu schweigen. So sucht man verstellbare Luftausströmer in der Mitte vergebens,
fragt sich, warum der Tacho nur gut, aber nicht besser ablesbar und der Drehzahlmesser so klein geraten ist, warum die Kontrollleuchten etwa der Schaltempfehlungsanzeige kaum auffallen
oder ob sich in Frankreich wirklich noch nicht herumgesprochen hat, dass die Taste der (tatsächlich einstufigen) Sitzheizung nahezu überall hingehört, wenn es nicht gerade unten am Sitz ist.
Solche Details sparen Kosten, mag man dagegenhalten - aber sie stören den im Grundsatz angenehmen Charakter des Wagens, zumal die Liste sich fortsetzen ließe von Glühbirnen statt LEDs
in der dritten Bremsleuchte bis zum Bordcomputer, den man nicht über die Tasten am Lenkrad bedient, sondern (besser nicht während der Fahrt) über kleine Nippel direkt am Tacho. Stattdessen
gibt es einen Geschwindigkeitslimiter - das Gimmick bringt Punkte im EuroNCAP-Crashtest.
Einsteigen, Türen schließen gut, Vorsicht bei der Abfahrt: Huch, ist der weich! Was im ersten Moment verschreckt, gefällt mit jedem Kilometer besser: Der 108 hat noch eine Federung, die
federt, ist nicht so rückenunfreundlich-pseudosportlich-bretthart wie die meisten Autos heutzutage. Das ist nichts fürs Prospekt, wohl aber für den Alltag. Ordentlich um die Ecke geht er
trotzdem, jedenfalls in jenem Maße, das man in dieser Klasse erwartet.
Zwei Dreizylinder mit ähnlichem Charakter
Fahren wie Gott in Frankreich also? Nun, nicht ganz, denn unter der Haube arbeitet kein kultivierter Vierzylinder, sondern ein Dreizylinder. Den gibt es in einer alten Ausführung mit 68 PS
aus 1,0 Litern Hubraum und einer modernen, PureTech getauften mit 82 PS aus 1,2 Litern Hubraum. Die neue Maschine ist die bessere, mag man denken, aber so klar ist das nicht. Die
Unterschiede in Sachen Laufkultur sind überraschend gering, so fein wie
Fords EcoBoost laufen sie beide nicht annähernd. Die Mehrleistung ist nur im direkten
Vergleich spürbar, keinesfalls wirkt der schwache Motor schwach und der stärkere stark.
In einem Punkt allerdings gibt es einen merklichen Unterschied: im Verbrauch. Nun waren unsere Testrunden über einige Stunden fraglos nicht repräsentativ für den Auto-Alltag, aber wir
können zumindest berichten, dass sich der kleinere Motor auf einer fast identischen Strecke glatt anderthalb Liter weniger gegönnt hat als der neue, der auf einer anderen Strecke im Stadtverkehr
schließlich über 9 Liter an den Bordcomputer meldete. Im Normverbrauch beträgt die Differenz nur zwei Zehntel (4,1 zu 4,3 Liter). Weil zudem beide Aggregate nur die EU5-Abgasnorm erfüllen,
empfehlen wir den schwächeren Motor, der überdies ab der mittleren Ausstattungslinie exklusiv über ein Start-Stopp-System verfügt. Die Preisdifferenz liegt je nach Modell zwischen gerade
einmal 150 und 500 Euro. Man wünscht sich einen Vierzylinder, eigentlich aber den Elektroantrieb des
iOn, der im 108 endlich auf eine vernünftige Hülle treffen würde.
Lenkung und Bremsen sind, soweit auf einer solchen Ausfahrt feststellbar, ohne Tadel. Man fährt behände und vergnügt mit dem kleinen Auto
durch die große Stadt - bis man wieder an den i10 denkt, der (abgesehen vom gefährlichen Klima-Kältemittel, das Peugeot zwar schon wegen
der Verwendung im 308 für harmlos hält, dem 108 aber dennoch nicht einfüllt) in so vielen Punkten von Armaturenbrett über Bedienung,
Motor, Ausstattung, Scheibenbremsen hinten bis zu echten Fenstern im Fond wertvoller gemacht ist, dass man es kaum aufschreiben kann.
Selbstbewusste Preisgestaltung
Vielleicht liegt die Erklärung ja in der Preisliste? Um es vorwegzunehmen: Nein. Der günstigste 108 mit fünf Türen kostet ab 11.550 Euro, der gleichstarke i10 ist 600 Euro günstiger und
bringt dabei neben der 5-Jahres-Garantie noch die Klimaanlage mit, die Peugeot mit 540 Euro berechnet. Das von uns u.a. gefahrene Topmodell "108 TOP! Allure" (Top bezeichnet das Sonnendach)
steht mit satten 14.850 Euro in der Liste, der Testwagen kam auf gut 16.000 Euro - und man ahnt, was Peugeot mit der Strategie der Höherpositionierung (auch) meint.
Ob es dem Polizisten das wert sein wird? Wir wissen es nicht, vermuten aber, dass er am Ende trotz des gefälligen Designs mehr als einmal überlegen wird, nicht nur wegen des i10,
sondern auch angesichts eines 208, der mit gleichem Motor (ohne Sonnendach) ähnlich kostet. Probesitzen gefällig? Nee, lieber nicht, wegen des dicken Gürtels mit der Knarre,
man will ja nichts kaputt machen.
Langer Rede, kurzer Sinn: Der neue Peugeot 108 sieht gut aus, ist viel besser gemacht als sein Vorgänger, erfreut mit einem großen Sonnendach, kommt aber in einigen Punkten nicht
an VW Up oder vor allem Hyundai i10 heran; letzterer ist sogar günstiger. Der 108 lässt einen insoweit ein bisschen ratlos zurück - zumal die Peugeot-Mannen noch ein anderes Gefährt
mitgebracht haben: Der
Metropolis ist natürlich nicht vergleichbar, macht davon abgesehen jedenfalls
richtig Spaß für weniger Geld. – Aber das ist eine andere Geschichte.