Montage: Reichel
Der neue Golf VII
kommt im Herbst
Auf dem Pariser Autosalon im Oktober steht der neue Golf. Die siebte Generation von Deutschlands mit Abstand
meistverkauftem Auto macht technisch einen großen Sprung nach vorne. Hier ein Ausblick auf die Motoren.
Der neue Golf basiert auf dem Modularen Querbaukasten des Konzerns, auf dem mittelfristig bis zu 50 Modelle
aufbauen werden. Der Golf ist nach dem Audi A3 und neben dem ebenfalls vor der Ablösung stehenden Seat Leon
eines der ersten und vor allem das wichtigste Modell auf dieser Plattform. Bestandteil des MQB ist eine flexible
Fahrzeugarchitektur, bei der konzeptbestimmende Abmessungen wie Radstände, Spurbreiten, Rädergröße und Sitzposition
im Konzern abgestimmt und variabel sind. Andere Maße wie der Abstand der Pedalerie zur Radmitte sind immer gleich
und ermöglichen eine einheitliche Vorderwagensystematik.
Der MQB bedeutet auch eine neue, einheitliche Motorlage für Benziner und Diesel.
Damit das möglich wird, hat Volkswagen die Ottomotorenfamilie grundlegend
überarbeitet. Hierbei wurde der Zylinderkopf gedreht und die Anordnung der
wesentlichen Anschlüsse sowie die Aggregateneigung den anderen Motoren
angepasst. Dadurch befindet sich die Ansaugseite nun stets vorn und die
Abgasanlage hinten. In der Folge kann erstmals ein einheitliches
Motor-Getriebe-Flanschbild realisiert werden, das die Nutzung gleicher Getriebe
für alle Motorfamilien in jeder Drehmomentklasse erlaubt.
Neue Benziner mit unveränderten Leistungsdaten
Der "Modulare Ottomotorbaukasten" umfasst dabei Aggregate der intern EA211 genannten Reihe. Zunächst wird es jeweils zwei Varianten mit 1,2 und mit
1,4 Litern Hubraum geben. Sie leisten 85 und 105 bzw. 122 und 140 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 165/175 bzw. 200/250 Newtonmeter.
Die Leistungsstufen entsprechen damit exakt, die Drehmomente überwiegend den bisherigen Motoren. Ob und ggf. womit VW die Lücke zwischen der
140-PS-Version und dem 2,0 TSI im GTI, der auf 220-225 PS erstarken dürfte, zu schließen gedenkt, ist noch unklar. Vermutlich wird es
wieder einen 1,4 TSI mit rund 160 PS geben.
Trotz der verwirrend gleichen Daten sind die Triebwerke neu entwickelt. Lediglich der Zylinderabstand von 82 Millimetern wurde
von der Vorgängerbaureihe EA111 übernommen. Die Maschine baut um fünf Zentimeter kürzer als bisher - Platz, der den Passagieren
zugute kommt.
Neben den kompakten Ausmaßen stand Leichtbau weit oben im Lastenheft. Unter anderem dank eines ultrasteifen Kurbelgehäuses
aus Aluminium-Druckguss sind die neuen Benziner mit 112 beziehungsweise 114 Kilogramm besonders leicht - beim 1,4 TSI
sank das Gewicht gegenüber dem EA211-Grauguss-Pendant um stattliche 22 kg. Beim Ventiltrieb kommt es zu einer Renaissance
des Zahnriemens. Er ersetzt die zuletzt übertrieben in den Schlagzeilen zu findende Steuerkette und soll künftig ein Autoleben
lang halten, "zuverlässig", wie VW sich ausdrückt.
Weitere Neuheiten betreffen die Einlassnockenwelle, die bei allen EA211-Motoren über einen Bereich von 50 Grad
Kurbelwellenwinkel verstellbar ist - beim Topmotor kommt ein Auslass-Nockenwellensteller hinzu - sowie den maximalen
Einspritzdruck, der auf 200 bar erhöht wurde. Um die Abgasenergie im Warmlauf optimal auszunutzen und andererseits
bei hohen Lasten noch wirkungsvoller abzukühlen, wurde der Abgaskrümmer der neuen Motoren voll in den Zylinderkopf
integriert und mit einem eigenen Kühlwassermantel versehen. Während der Grundmotor von einem Hochtemperaturkreislauf
samt mechanisch angetriebener Kühlmittelpumpe gekühlt wird, durchströmt ein von einer elektrischen Pumpe
bedarfsgerecht geregelter Niedrigtemperaturkreislauf Ladeluftkühler und Turboladergehäuse.
Verbrauchssenkung bis zu 25 Prozent
Die wichtigsten Ziele aller Maßnahmen waren weniger Platzbedarf, stärkere Vereinheitlichung und damit Kostenersparnis
und eine höhere Effizienz. VW hat insoweit bereits angekündigt, dass die Verbrauchswerte um acht bis zehn Prozent sinken
werden. Ein Golf VII mit 122 PS käme demnach auf 5,6 statt 6,2 Liter Normverbrauch. Tatsächlich dürfte der Wert
nochmals etwa einen halben Liter niedriger liegen, weil anzunehmen ist, dass diese Version künftig serienmäßig über
ein Start-Stopp-System verfügen wird. Zudem wird der neue Golf nicht nur motorseitig, sonsern auch insgesamt leichter werden
und damit trotz größerer Karosserie und höherem Komfort- und Sicherheitsniveau wieder das Niveau des Golf IV erreichen.
Weil diese Verbrauchswerte fraglos gut, aber nicht bahnbrechend sind, hat VW noch die
Zylinderabschaltung ACT
in petto,
die aktuell im Polo debütiert. Damit erwarten wir einen kombinierten Verbrauchswert von
nur noch 4,7 Litern, und das ist dann nahezu immer noch nicht bahnbrechend, wohl aber imposant: fast ein Viertel
weniger als aktuell.
Erdgas-Variante mit 110 PS
Die 1,4-Liter-Variante mit 122 PS fungiert auch als Basis für eine bivalent ausgelegte Erdgasversion, die markentypisch
wieder EcoFuel heißen wird. Der Motor leistet in diesem Fall 110 PS. Vorgesehen sind hier beim Golf neben einem
50-Liter-Benzintank zwei Unterflur-Gastanks. Sie strecken die Reichweite nach Werksangaben um 420 auf 1.300 km.
Der EA211-Motor ist auch vorbereitet auf den Betrieb mit Ethanol (E85 oder E100), was wichtig für Märkte wie
Skandinavien oder Brasilien ist. In Deutschland erwarten wir keine "Alkohol"-Golf.
Neue TDI-Generation: Sparsamer, sauberer, schneller
Die Neuerungen bei den Dieselmotoren sind ganz ähnlich. Es bleibt auch in der Baureihe EA288 bei 1,6 und 2,0 Liter
Hubraum und dem Zylinderabstand. In Sachen Leistung wird die Spanne grundsätzlich von 90 bis 190 PS reichen, womit
VW endlich die lange erwartete Topversion einführt, nicht aber die 204 PS von BMW und Mercedes erreicht. Ob es dazwischen
bei 105, 140 und 170 PS bleibt, ist noch nicht bekannt, aber sehr wahrscheinlich. Das maximale Drehmoment wird zwischen
250 und 380 Nm liegen. Ebenfalls noch offen ist, ob die 190-PS-Variante auch im Golf GTD angeboten oder größeren
Modellen wie Passat vorbehalten bleibt.
Auch bei den Selbstzündern setzt VW auf eine Senkung von innerer Reibung. Zu den Maßnahmen gehören Kolbenringe
mit geringerer Vorspannung, eine verbesserte Stegkühlung zwischen den Zylindern sowie der Einsatz von Wälzlagern
für die Nockenwelle (antriebsseitig) und die Ausgleichswellen. Die Energiebilanz wird beim Ölkreislauf zudem
durch eine volumenstromgeregelte, zweistufige Ölpumpe je nach Leistungsanforderung optimiert. Das Thermomanagement
setzt während der Warmlaufphase auf getrennte Kühlkreisläufe für den Zylinderkopf und das Zylinderkurbelgehäuse.
So kommt der Motor schneller auf Betriebstemperatur, und die Heizung für wirkungsvoller.
EU6-Diesel kommt noch 2012 / Verbrauch unter 4 Liter
Unter dem Strich stehen sowohl auf Emissions- als auch auf Verbrauchsseite ein Fortschritt, und zwar nicht nur der,
der einander bedingt. So soll die neue TDI-Generation grundsätzlich fit für die kommende, erst ab herbst 2014 obligatorische
EU6-Abgasnorm sein. In der Praxis werden aber anfänglich nicht alle Versionen das EU6-Label tragen; die Einstufung ist
abhängig von den verwendeten Komponenten bei Abgasrückführung und -nachbehandlung. Bis zum Golf will VW die EU6-Vorgaben
mit einem NOx-Speicherkatalysator erreichen, bei größeren Modellen bleibt es bei der aufwändigeren SCR-Technik mit
AdBlue-Einspritzung. Schon vom Start weg wird eine Diesel-Version des Golf VII EU6-konform sein.
In Sachen Verbrauch kommen die neuen TDI auf sieben Gramm weniger CO2-Ausstoß pro Kilometer, hat der Autobauer angekündigt.
Dies entspricht einer Verbrauchssenkung um etwa 0,3 Liter. Der Golf 1,6 TDI mit 105 PS käme dann auf etwa 4,2 Liter, mit
140 PS auf 4,5. In Kombination mit Start-Stopp-System sind 3,8 bzw. 4,0 Liter zu erwarten.
Über die Zukunft des besonders sparsamen Golf BlueMotion kann nur spekuliert werden. Nachdem die neuen regulären
Varianten seine 3,8 Liter erreichen werden, hat er einerseits ausgedient. Andererseits dürfte VW an einem Nachfolger
arbeiten, der nochmals deutlich weniger konsumiert. Mit 3,5 Litern haben Ford (Focus) und Renault (Mégane) in jüngerer
Vergangenheit die Messlatte hoch gelegt - respektive tief. Als ingenieurgetriebener Konzern dürfte VW das nicht
auf sich sitzen lassen. Vielleicht schafft der künftige Golf BlueMotion gar die 3,3 Liter des jetzigen Polo BlueMotion?
Wenn es noch sparsamer sein soll, empfiehlt sich der Golf mit Elektroantrieb. Das bisher blue-e-motion genannte Auto
ist schon nahe an der Serienreife und wird, das haben die Mannen in "Golfsburg" wiederholt erklärt, 2013 zu den
Händlern kommen.