Gericht: Sinn und Zweck der Regelung zu beachten / Verschiedene Schwere von Fehlverhalten
Nicht jeder Autofahrer hält sich an die Verkehrsregeln. Für so manchen scheinen Verbotsschilder nur ein gut
gemeinter Tipp zu sein. Kommt es zu einem Unfall, muss der Verkehrssünder meist die Konsequenzen tragen. Es gibt
aber auch Fälle, in denen Autofahrer trotz eines Regelverstoßes ungeschoren davonkommen. Der Anwalt-Suchservice
berichtet:
Anlässlich eines Jahrmarktes war eine Straße von der Gemeinde vorübergehend zur Anliegerstraße erklärt worden.
Ziel der Regelung war es, den Durchgangsverkehr zu begrenzen und Behinderungen zu vermeiden. Ein Autofahrer, der
kein Anlieger war, missachtete die Regelung. Als er die Straße verbotswidrig befuhr, stieß er an einer Kreuzung,
an der rechts vor links galt, mit einem von links kommenden PKW zusammen. Dessen Fahrer hatte die Kreuzung wegen
eines parkenden LKWs nicht richtig einsehen können.
Vor Gericht stritten die Unfallbeteiligten später über den Ausgleich der Schäden. Der von links Kommende vertrat
die Ansicht, sein Unfallgegner habe - obwohl rechts vor links galt - an der Kreuzung keine Vorfahrt gehabt, da er
die Anliegerstraße regelwidrig benutzte. Die Richter des Oberlandesgerichts Celle sahen das allerdings anders
(Urteil vom 14.06.2001,
- 14 U 263/00).
Das Vorfahrtsrecht eines Verkehrsteilnehmers, so das Urteil, entfalle nicht alleine deshalb, weil er eine
Anliegerstraße verbotswidrig befahre. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Durchfahrverbot gerade zu dem Zweck
erlassen wurde, um Unfälle an Kreuzungen zu vermeiden. Hier sei das Ziel der Regelung aber nur gewesen, das
Verkehrsaufkommen während des Jahrmarktes zu verringern. Der von links Kommende habe außerdem damit rechnen
müssen, dasss die Vorfahrtsstraße zumindest von Anliegern befahren wurde. Er hätte sich deshalb nur langsam in die
Kreuzung vortasten dürfen, bis er die Situation übersehen konnte. Da er dies nicht getan habe, so das Gericht,
müsse er haften. Er habe für den Unfallschaden sogar zu 100 Prozent aufzukommen, da die Verletzung der Vorfahrt
eine besonders schwerwiegende Regelwidrigkeit sei.