Die Vorschläge der EU-Kommission zur Vereinheitlichung der Fahrverbote für schwere LKWs im grenzüberschreitenden
Verkehr waren ein Schwerpunkt der Gespräche zwischen dem französischen Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot und
seinem deutschen Kollegen Kurt Bodewig am Dienstag in Berlin.
Kurt Bodewig bekräftigte seine ablehnende Haltung zur Überarbeitung der Richtlinie. Der damit eingeschlagene Weg
der Harmonisierung der Fahrverbote für schwere LKW berge das hohe Risiko, dasss die Richtlinie jederzeit zu
ungunsten der Mitgliedstaaten mit weitgehenden Fahrverboten verändert werden könne. Dies gelte auch für die im
Entwurf vorgesehene Bestandsgarantie für Regelungen der Mitgliedstaaten, die vor dem 1. November 2000 erlassen
wurden. "Es gibt keine Garantie der Bestandsgarantie", sagte Bodewig. Eine Veränderung oder Abschaffung könne
dann über kurz oder lang durchgesetzt werden.
Jean-Claude Gayssot unterstützte die deutsche Position beim Fahrverbot für schwere LKW. Das Subsidiaritätsprinzip
solle in dieser Frage angewandt werden. Der Geltungsbereich der Harmonisierungspläne solle zwar auf die
Transeuropäischen Netze (TEN) beschränkt werden, meinte Bodewig. Doch dies würde für über 80 Prozent der
deutschen Autobahnen gelten. Nur für die restlichen Straßen könne dann speziell nationales Recht Anwendung
finden. "Damit könnte es zu zweierlei Regelungen auf deutschen Straßen kommen", meinte der Bundesminister.
Außerdem würde eine solche Richtlinie den Einstieg der EU-Kommission in weitergehende Verkehrsregelungen auf den
europäischen Straßen Tür und Tor öffnen und somit die Souveränität der Mitgliedstaaten für die Verkehrswege
weiter einschränken. Dies widerspreche dem Subsidiaritätsprinzip, sagte Bodewig. Am kommenden Donnerstag stehe die
Diskussion des Kommissionsvorschlages auf der Tagesordnung des EU-Verkehrsministerrats in Luxemburg. Mit einer
Entscheidung sei nach gegenwärtigem Stand im Juni zu rechnen. Er hoffe, es lasse sich wie 1998 eine Sperrminorität
gegen den Richtlinienentwurf mobilisieren, sagte Bodewig.
Das Sonn- und Feiertagsfahrverbot habe für das Transitland Deutschland eine hohe Bedeutung, bekräftigte Bodewig.
Wenn es zu einer späteren Einschränkung käme, würden Freizeitverkehre und LKW-Verkehr zusammentreffen und Staus
auf deutschen Straßen an Sonn- und Feiertagen verursachen. Für Deutschland habe die bestehende
LKW-Fahrverbotsregelung zudem eine hohe kulturelle Bedeutung. "Auch die Brummifahrer sollen einen freien Sonntag
haben", so Bodewig abschließend.
Der umweltbewusste Verkehrsclub Deutschland ließ unterdessen wissen, man unterstütze die Haltung von Bodewig.
"Die Fahrverbote schützen die Nachtruhe und damit die Gesundheit vieler Autobahnanwohner sowie die Gesundheit der
Lkw-Fahrer selbst" erklärte VCD-Geschäftsführer Dirk Flege in Bonn. Nicht zuletzt profitiere auch die Umwelt von
dem Verbot. "Die vorgeschlagene Beschränkung von Fahrverboten steht dem Ziel der Reduktion des Verkehrswachstums
auf der Straße diametral entgegen", mahnte Flege die EU-Kommission. Die EU habe sich die Verlagerung des Verkehrs auf
möglichst umweltfreundliche Verkehrsmittel zum Ziel gesetzt. Der vorliegende Richtlinienvorschlag würde die
Rahmenbedingungen für die Schiene aber deutlich verschlechtern und widerspreche damit den offiziellen Zielen der
EU-Verkehrspolitik.
Der VCD fordert, dasss die EU-Mitgliedsstaaten auch in Zukunft die Möglichkeit haben sollen, ganztägige Feiertags-
und Wochenendfahrverbote sowie Nachtfahrverbote für alle Lkw zu erlassen. Auch müsse jedes einzelne Land weiter
die Möglichkeit haben, bei der Überschreitung von Umweltgrenzwerten zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.