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Dienstag, 16. April 2024
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Dritte Generation mit Plus an Designqualität, Technik und Effizienz

Neue Mercedes M-Klasse: Das 6-Liter-SUV

Daimler
Die neue Mercedes M-Klasse
kommt zur IAA im Herbst
Drei Tage nachdem Mercedes bestimmten Medien die neue M-Klasse vorgestellt hat, dürfen nun auch alle anderen darüber berichten. Die inzwischen dritte Generation des SUVs aus US-Fertigung wird ein bisschen edler, etwas schöner, im Grundsatz sicherer – und merklich sparsamer. Optisch bietet der neue Mercedes ML keine Überraschungen, und das nicht nur wegen der schon eine Weile kursierenden Erlkönig-Bilder. Die Stuttgarter sind der bisherigen Linie der M-Klasse ganz überwiegend treu geblieben; insbesondere die charakteristische Gestaltung des dritten Seitenfensters und der C-Säule sorgt gewollt für einen hohen Wiedererkennungswert.

Im übrigen trägt natürlich auch die M-Klasse jetzt den großen, aufrechten Kühlergrill. Weitere Merkmale sind die nun geteilten Heckleuchten mit LED-Innenleben, das mit seiner Lichtleitertechnik im Bereich des Schlusslichts etwas an BMW erinnert. Die Flanke erfreut das Auge durch den Verzicht auf allzu große "Charakterlinien", insbesondere die leichte Kante über den Türgriffen setzt sich am Heck elegant fort. Die Dachlinie der M-Klasse verläuft im hinteren Bereich etwas flacher, was das Auto zusammen mit der wohl abgesenkten Bodenfreiheit mehr in Richtung Limousine rückt.

Die Maßnahme, die man am Duo VW Touareg / Porsche Cayenne bereits gesehen hat, dient einerseits der optischen Zurückhaltung - große Autos gelten in der unwissenden Öffentlichkeit schnell als nicht zeitgemäße Spritfresser, auch wenn sie dies gar nicht sind: Eine höhere Effizienz nämlich ist andererseits das Ziel, das mit gesenktem Luftwiderstand erreicht wird. Die neue M-Klasse kommt auf einen Cw-Wert von 0,32 und damit auf den Bestwert unter ihresgleichen, jedenfalls in der schwächsten Ausführung mit Vierzylinder.

Vierzylinder? Ja. Was in der S-Klasse geht, muss auch in der M-Klasse gehen, und so hat Mercedes den 2,1-Liter-Diesel, den sie so gern als 2,2 Liter bezeichnen, in seiner stärksten Ausführung mit 204 PS auch in den Offroader gepflanzt. Er ist damit genauso stark wie der bisherige ML 300 CDI mit dem abgeschwächten Sechszylinder, was auch für das Drehmoment von jeweils 500 Nm gilt. Während der V6 im auslaufenden Modell noch mit einem Normverbrauch von 8,4 bis 9,1 Liter gelistet ist - Mercedes hält an solch unüblichen, großen Spannen fest -, schafft der neue die gleiche Übung mit 6,0-6,5 Litern. Das ist ein Wort, vor allem, weil Allradantrieb dabei wohlgemerkt an Bord ist; eine nur heckgetriebene M-Klasse erspart Mercedes den Kunden jedenfalls zunächst.

Der Sechszylinder bleibt aber ebenfalls erhalten. Mit nun 258 statt 237 PS Leistung kommt er auf 6,8-7,4 Liter Verbrauch, fast 25 Prozent weniger als der bisherige, allerdings auch nicht allzu gute Wert. Zum Vergleich: Der VW Touareg V6 TDI ist mit 7,2 Litern gelistet, der BMW X5 xDrive30d mit 7,4. Der Konkurrenz weiter voraus ist Mercedes beim Thema Abgasreinigung: Ein SCR-Kat mit AdBlue-Additivierung ist bei beiden Dieseln serienmäßig, und damit erstmals auch die EU6-Einstufung. Die Modelle heißen demzufolge BlueTEC statt BlueEFFICIENCY, und Mercedes ist sich nach wie vor nicht zu schade dafür, entsprechende Schildchen auf die vorderen Radhäuser zu kleben.

Auf der Benzinerseite liefert Mercedes vorläufig nur den ML 350 BE mit nun 306 PS und 8,5 statt 11,4 Litern Verbrauch; V8-Varianten von Mercedes (ML 500) und AMG (ML 55 AMG) dürften folgen. Der Tankinhalt sinkt von 95 auf 70 Liter, gegen Aufpreis liefert Mercedes aber weiterhin immerhin 93 Liter.

Die zweifellos merklich erhöhte Effizienz ist begründet durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Zwar wird die M-Klasse nicht leichter, immerhin aber auch trotz zusätzlicher Ausstattungen nicht schwerer. Die Ingenieure haben neben der erwähnten Aerodynamik insbesondere die 7-Gang-Automatik überarbeitet, das bisher fehlende Start-Stopp-System integriert, Öl- und Wasserpumpe sowie Klimakompressor mit einer bedarfsgerechten Steuerung versehen, die Lenkung elektrifiziert, die Abgasanlage optimiert, Leichtlaufreifen zum Standard gemacht und nicht zuletzt umfangreiche innermotorische Detailarbeit betrieben.

Erstmals verfügt das Fahrwerk der M-Klasse mit Stahlfederung über eine selektive Dämpfung, optional liefert Mercedes wieder eine Luftfederung. Ausschließlich für die V6-Modelle ist ein Offroad-Programm serienmäßig; wer tatsächlich ins Gelände will, kann ein "ON&OFFROAD-Paket" bestellen, das nicht nur sechs spezielle Fahrprogramme beinhaltet, sondern auch einen Unterfahrschutz, ein zweistufiges Verteilergetriebe mit Untersetzung, eine Längsdifferenzialsperre und erweiterte AIRMATIC-Funktionen, die eine maximale Bodenfreiheit von 28,5 Zentimetern sowie eine Wattiefe von 60 Zentimetern ermöglichen.

Im übrigen verspricht Mercedes einen wesentlich gesteigerten Geräuschkomfort, den besten Wendekreis im Wettbewerbsumfeld, der mit 11,8 Metern allerdings etwas schlechter als bisher ausfällt, und mehr Ellebogenfreiheit für Front- und Fondpassagiere. Inwieweit dies auf gewachsene Karosseriemaße zurückgeht, muss derzeit noch offen bleiben: Maße hat Mercedes nicht veröffentlicht. Neu ist die Lehnenneigungsverstellung der Fondsitze und die Durchlademöglichkeit über die Armauflage für den Transport von langen Gegenständen. Das maximale Laderaumvolumen sinkt von 2.050 auf 2.010 Liter - Folge der niedrigeren Dachlinie.

Im Interieur fällt das Auge auf nun senkrechte mittlere Lüftungsdüsen, die den Bildschirm des Radios (6,0 Zoll) oder COMAND-Systems (7,3 Zoll) einrahmen, das nun auch online gehen kann. Kunden können entweder im Stand frei browsen oder eine Mercedes-App aufrufen, die auch während der Fahrt zu bedienen sind. Zu den integrierten Apps zählen Google Lokale Suche, Facebook-Zugang und Wetter sowie die Möglichkeit, eine zuvor am PC per Google Maps konfigurierte und zum Auto gesendete Route oder auch einzelne Ziele herunterzuladen und direkt in die Navigation zu übernehmen.

Die Instrumente erinnern mit ihrer senkrechten Nullposition an den SLK, neu ist die vertauschte Anordnung von Blinker-/Wischer- und Tempomathebel: Letzterer sitzt künftig wie bei VW und Audi unten; Mercedes will dies baureihenübergreifend einführen. Die analoge Uhr weicht einem Kühlerwasserthermometer, das Display zwischen den beiden Runduhren wächst auf 4,6 Zoll.

Die Sicherheit wird befördert durch den serienmäßigen Knieairbag für den Fahrer (Seitenairbags hinten bleiben optional), die Gurtstatusanzeige für die Fondpassagiere und eine aktive Motorhaube wie in der E-Klasse zur Verbesserung des Fußgängerschutzes. Das vorausschauende PRE-SAFE-System und die Müdigkeitsüberwachung sind Standard, zahlreiche Assistenten und Techniken ziehen optional in das Angebot ein. Dazu gehören u.a. der Nachtssicht-Assistent mit Personenerkennung, Spurhalte- und Geschwindigkeitslimit-Assistent und das sog. Intelligent Light System. Dank der elektrischen Lenkung ist auch ein Parkassistent erhältlich.

Die Aussage von Dr. Thomas Weber, Daimler-Vorstand für Konzernforschung und Leiter Entwicklung Mercedes-Benz Cars, es sei ein "Quantensprung" in den Bereichen "Effizienz, Sicherheit, Agilität und Fahrspaß sowie Design" gelungen, teilen wir zwar nicht. Dass die M-Klasse mit ihren unübersehbaren Optimierungen vor allem bei Verbrauch und Abgaseinstufung aber künftig wieder ein gewichtigeres Wort im Kreise der großen, speziell deutschen SUVs mitreden wird, ist nicht schwierig vorauszusehen, zumal die Preise - auf hohem Niveau - nicht allzu sehr steigen dürften. Premiere ist auf der IAA im September, bestellt werden kann bereits ab Juli, und die Markteinführung dürfte im Oktober stattfinden.
text  Hanno S. Ritter
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