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ARCHIVGericht: Alkoholverbot für Allgemeinheit und Spedition von großer Bedeutung
Urteil: 0,2 Promille rechtfertigen Kündigung von Gefahrgutfahrer
Verstößt ein Lkw-Fahrer gegen das absolute Alkoholverbot bei Gefahrguttransporten, so rechtfertigt dies auch
ohne Abmahnung eine fristlose Kündigung. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer schon viele Jahre
beanstandungsfrei beschäftigt war und aufgrund seines Alters nur schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat,
entschied das Landesarbeitsgericht Köln.
In dem Fall ging es um einen Berufskraftfahrer einer auf Gefahrguttransporte spezialisierten Spedition,
die in der betroffenen Niederlassung ausschließlich für einen einzigen Kunden tätig war.
Für solche Transporte besteht eine bußgeldbewehrte Null-Promille-Grenze. Hierauf wies die Beklagte ihre Fahrer
in einer jährlich stattfindenden Schulung jeweils ausdrücklich hin. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthielt zudem
folgende Klausel: "...ein Grund zur fristlosen Kündigung ist insbesondere gegeben, wenn Sie unter Alkoholeinfluss
ein Fahrzeug führen, auch wenn dies zu keiner behördlichen Feststellung geführt hat".
An einem Mittwoch im Herbst 2006 trat der Fahrer seinen Dienst frühmorgens um 04:45 Uhr an. Nachdem Mitarbeiter
der Kundenfirma Alkholgeruch aufgefallen und die Polizei benachrichtigt worden war, führten die Beamten bei
dem Mann nach neun Uhr eine Atemalkoholmessung durch. Diese ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,2 Promille.
Der Kunde teilte der Spedition daraufhin mit, er sperre den Fahrer dauerhaft für Transporte. Auf sein Drängen
musste sich das Unternehmen zudem verpflichten, künftig zweimal jährlich unangekündigt Alkoholkontrollen bei
den Fahrern durchzuführen. Die Firma kündigte das Arbeitsverhältnis mit ihrem Fahrer wegen der Alkoholfahrt
fristlos.
Mit seiner Kündigungsschutzklage machte der Kläger zunächst geltend, dass die Alkoholisierung nur auf die Einnahme
eines Erkältungsmedikaments kurz vor der Messung zurückzuführen sei. Er habe nicht gewusst, dass und in welchen
Mengen dieses Medikament Alkohol enthalte. Später räumte er ein, am Vorabend etwa vier Flaschen Bier getrunken zu
haben. Der Kläger berief sich außerdem darauf, dass er seit sieben Jahren beanstandungsfrei für die Beklagte tätig
gewesen sei und als 56-Jähriger kaum eine Chance auf einen neuen Job habe.
Gleichwohl fand er auch in zweiter Instanz vor Gericht keine "Gnade". Die fristlose Kündigung sei wirksam, weil
der Kläger in erheblichem Maße gegen das absolute - gesetzliche und arbeitsvertragliche - Alkoholverbot verstoßen
habe, so die Richter. Dessen Einhaltung sei sowohl für die Allgemeinheit als auch für die Spedition von
herausragender Bedeutung, weil ein Unfall mit einem Gefahrguttransporter zu katastrophalen Schäden an Leib, Leben
und Eigentum Dritter führen könne. Zudem sei eine Alkoholisierung ihrer Fahrer für die Spedition extrem
geschäftsschädigend, wie auch die Kunden-Reaktion gezeigt habe.
Angesichts des zunächst verschwiegenen Bierkonsums bestünden schon erhebliche Zweifel, ob er zur angegebenen Zeit
überhaupt das Medikament zu sich genommen habe, heißt es in der Entscheidung (Urteil vom 19.03.2008, - 7 Sa 1369/07-)
weiter. Jedenfalls hätte die angegebene Menge allenfalls zu einer BAK von 0,05 Promille geführt. Im Übrigen wäre
es auch fahrlässig gewesen, einen Erkältungssaft einzunehmen, ohne sich zu vergewissern, ob dieser Alkohol enthalte.
Wegen der Schwere des Pflichtverstoßes fiel auch die Abwägung der beiderseitigen Interessen zu Lasten des
Klägers aus. Schwerer als seine Vorbringen zu bisheriger Tätigkeit und Jobchancen wiege, dass er "schuldhaft
überragend wichtige Pflichten gegenüber der Beklagten und der Allgemeinheit" verletzt habe. Schon wegen der
regelmäßigen Hinweise der Firma auf das Alkoholverbot sei auch keine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.
text Hanno S. Ritter
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