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Studie: Maybach Landaulet |
Daimler |
Wenn der Mercedes 600 neben dem SL-Flügeltürer das vielleicht eindrucksvollste Auto ist, das die Stuttgarter je
auf die Räder gestellt haben – dann ist das 600 Landaulet die Krönung. Nun hat der Autobauer wiederum
ein Landaulet geschaffen: Mangels großer Staatslimousine auf Maybach-Basis.
In der Tradition exklusiver Landaulets kann das Dach im Fond komplett geöffnet werden, während das Chauffeur-Abteil
rundum geschlossen bleibt. Über den Fahrgästen spannt sich dann nur noch der "reine, blaue Himmel" - jedenfalls in
der Vorstellungskraft jener PR-Leute bei Daimler, die das Auto betexten dürfen.
Da mag dann schon einmal die Phantasie auf Touren kommen: "Auf opulenten, mit edlem weißen Leder bezogenen Fauteuils
genießen die privilegierten Passagiere in einer luxuriösen und mit hohen stilistischen Ansprüchen gestalteten Umgebung
ein majestätisches Open-Air-Erlebnis, wie es ihnen derzeit kein anderes Automobil in Aussicht stellen kann", fabulieren
die Stuttgarter weiter, um schließlich eine "harmonische Verbindung aus Erlebnissen dicht am Puls der Natur sowie
erlesener Komfort und Technik auf höchstem Niveau" zu konstruieren.
Zurück zu den Fakten: Die technische Basis für die Studie lieferte der Maybach 62 S, also die größte Variante des
neuzeitlichen Maybach, die derzeit auch die stärkste in Serie gebaute Chauffeur-Limousine überhaupt ist. Äußerliche
Kennzeichen der Studie sind die Lackierung in "Antigua White" und speziell entworfene, ebenfalls weiß lackierte
Felgen im 20-Zoll-Format mit glanzgedrehten Speichen, ferner weiße Blinker vorn und tiefrote Heckleuchten.
Um den Passagieren den ungehinderten Blick auf den Himmel, den reinen und blauen, freizugeben, haben die Techniker
das hintere Dachmodul entfernt. Die Seitenwände bleiben dabei stehen; sie sind durch integrierte Stahlrohre verstärkt.
Da diese Maßnahmen die Silhouette der Limousine nicht veränderten, blieben auch die großzügigen Türen und der
komplette Innenraum mit den Liegesitzen erhalten.
Im geschlossenen Zustand liegt das schwarze Verdeck in dem durch die Dachbögen gebildeten Dachrahmen auf. Das Öffnen
übernimmt in nur 16 Sekunden eine Elektrohydraulik, die das Dach mit dem darin integrierten hinteren Fenster aus
Einscheiben-Sicherheitsglas auf der Hutablage ablegt, wo es der Chauffeur unter einer ebenfalls weißen Leder-Persenning
verschwinden lassen kann.
Nun ist ein Chauffeurwagen immer auch ein bisschen Auto-gewordene Zweiklassen-Gesellschaft, was beim halboffenen
Maybach noch ein bisschen mehr zutage tritt als sonst, aber nicht zwangsläufig schlecht sein muss. Die Devise
lautet "Schwarz für den Fahrer, weiß für die Passagiere". So ist der Fahrerbereich in einigen Punkten aufgewertet,
etwa durch eine schwarze Klavierlack-Oberfläche an den Zierteilen. Für die umfangreiche Lederausstattung verwendet
Maybach ein besonders exklusives, tiefdunkles und glänzendes Leder.
Ganz in Weiß präsentiert sich dagegen das Passagierabteil, das nahezu komplett in Leder ausgeschlagen ist. Fußraum
(Velours) und Himmel (Stoff) im Fond sind ebenfalls in Weiß gehalten. Auch hier gibt es Applikationen in schwarzen
Klavierlack oder aus schwarzen Granit mit goldenen Einschlüssen. Die aus dem Glasdach der Limousine bekannte, zweifellos
begehrliche Technik, Glas dank einer eingebetteten Flüssigkristallfolie auf Knopfdruck undurchsichtig machen zu
können, wird hier in der Trennwand zum Fahrer eingesetzt.
Angetrieben wird das Landaulet von dem leistungsgesteigerten Zwölfzylinder-Motor, dessen wesentliche Daten aus anderen
Mercedes-AMG-Modellen bekannt sind: 612 PS Leistung und 1.000 Newtonmeter Drehmoment bedeuten auch für ein großes,
schweres Automobil Kraft im Überfluss.
Überfluss ist überhaupt das Konzept von Maybach im Allgemeinen und des Landaulets im Besonderen. Was das alles konkret
soll, lässt Daimler offen, aber man darf wohl mutmaßen, dass das Auto in erster Linie dazu dient, die nicht sonderlich
erfolgreich agierende Marke in Erinnerung zu rufen, in der Öffentlichkeit und bei potentiellen Kunden, die sich
vielleicht schon auf das Rolls-Royce-Cabriolet festgelegt haben könnten. Sicher haben beide in der kleinen Zielgruppe
ihre spezifischen Reize; ob aber ein "Highend-Luxuslandaulet" (Mercedes-PR-Text) in die Geschichte der Marke eingeht
wie einst der 600er (W 100), darf bezweifelt werden.