Von Hanno S. Ritter
Die derzeitige Politik von Volkswagen ist ärgerlich: Imagebringer und Zukunftsvisionen wie das Drei-Liter-Auto
werden eingestellt, während die Standbeine der Marke, insbesondere der Golf, sträflich vernachlässigt werden.
Doch am Produkt zu sparen hat noch nie funktioniert.
Sicher, eine Dachantenne, bei Golf III und IV noch Standard, ist kein Weltuntergang, und manche Kunden bemerken
derartige Details auch nicht - aber eben nur manche. Gerade VW hatte in den vergangenen Jahren durch eine eher
entgegengesetzte Politik viel Image aufgebaut und sich vom Wettbewerb weiter abgesetzt, was selbst Konkurrenten
gegenüber unserer Redaktion freimütig einräumen.
Dass gerade der Golf V beim Publikum nicht so gut ankommt, liegt nicht nur, aber auch daran, dass das Modell bereits
von Anfang an jene Detailliebe vermissen ließ, die Golf-Kunden gewöhnt waren: Ob die weggefallene dritte Sonnenblende,
die nicht mehr automatisch aufrollenden Schnüre der Gepäckraumabdeckung, das billiger wirkende Armaturenbrett-Material,
die weit auffälligere Teillackierung der Schürzen oder der Verzicht auf separat integrierte Bremslichter und die
zweite Rückfahrleuchte haben nicht nur bei uns Kopfschütteln hervorgerufen.
Solche Beispiele werden die Kunden bemerken und im Zweifel bei der Kaufentscheidung berücksichtigen. Wenn ein Golf,
um beim Beispiel zu bleiben, nicht mehr begehrenswerter ist als ein Konkurrent aus Fernost, kann man ja gleich diesen
kaufen. Günstiger ist er im Zweifel dennoch.
Die andere Antenne macht auch im Hinblick auf das Gesamtprodukt keinen Sinn - denn der Golf ist ja wahrlich kein
primitives Auto. Für geteilte Rückleuchten, Cupholder oder Spiegelblinker war interesannterweise genug Geld vorhanden.
Für ein paar Euro Ersparnis greift der Autobauer in den Produktionsprozess ein, und muss die alten Teile doch
zig Jahre logistisch bevorraten.
Allerdings ist VW nicht alleine im Kreis der Kaputt-Sparer: BMW lackiert zum Teil Kofferraumdeckel nicht mehr von
innen, verzichtet auf Kühlwasser-Thermometer und Gurthöhenverstellungen, Mercedes bietet einige Extras erst gar
nicht mehr an und hat inzwischen viel primitivere Fußmatten, und einem Smart Forfour sieht man die Entfeinerung innen
schon an, bevor man richtig eingestiegen ist - wenige Beispiele von vielen. Interessant übrigens und die These
stützend ist der große Erfolg von Audi, wo von der Website bis zur Mittelkonsole im A3 einfach alles mit ein bisschen
mehr Liebe gemacht wird.
Solche Dachantennen wie jetzt beim Golf sind schlicht überholt, und kleine Batterien sowieso eine Zumutung. Die
Zeche zahlt der Kunde, mit Geld und nicht zuletzt mit Ärger. Wir sind überzeugt: Wäre der Golf vielleicht 100 oder
auch 500 Euro teurer und im Gegenzug ungeeignet für solch einen Kommentar, würden letztlich alle profitieren - die
Kunden und das Unternehmen.
Am Produkt zu sparen hat noch nie funktioniert, siehe etwa Fiat und - mit anderer Ausprägung - Mercedes. Sparpotential
gäbe es bei den Wolfsburgern an anderer Stelle in vielfacher Höhe.