|
Zwei verschiedene |
DaimlerChrysler |
Radarsysteme überwachen den Bereich vor dem Auto, bis maximal 150 Meter |
Smart-Desaster, Qualitäts-Probleme, Ermittlungen - die Schlagzeilen aus dem Hause DaimlerChrysler sind derzeit
weitgehend katastrophal. Da kommt die neueste Meldung gerade recht: Es geht um neue Sicherheitstechnik aus Stuttgart,
die in der nächsten S-Klasse Premiere feiern wird. Ein verbesserter Bremsassistent und das vielfach ausgezeichnete
PRE-SAFE-System der zweiten Generation sollen dann die öffentliche Wahrnehmung bestimmen.
PRE-SAFE ist ein System, das kritische Fahrsituationen erkennt und bereits vor einem möglichen Unfall entsprechende
Sicherheitsmaßnahmen einleitet. Bisher wurden der Beifahrersitz in eine optimale Position gebracht, die Gurte gestrafft
und das Schiebedach geschlossen. Künftig wird das System um mehrere Funktionen ergänzt: Zunächst werden im Fall
der Fälle auch die Seitenscheiben automatisch geschlossen, damit keine Gegenstände ins Wageninnere eindringen und sich
die Kopfairbags besser abstützen können.
Dazu kommen Multikontursitze, wie man sie prinzipiell bereits jetzt von Mercedes kennt. Während bisher die Sitzpolster
bei Kurvenfahrt einseitig aufgeblasen wurden, um eine bessere Sitzposition zu gewährleisten, wird das neue Gestühl
Luftpolster in Kissen und Lehne bei drohender Unfallgefahr automatisch aufpumpen. Diese Polster umschließen die
Insassen, stützen sie ab und vergrößern dadurch beim Aufprall den Abstand zur Türinnenverkleidung. Dies kommt der
Wirkung des Seitenairbags zugute. Auch die Fondeinzelsitze werden mit aufblasbaren Stützpolstern in den Rückenlehnen
ausgestattet. Kommt es nicht zum Unfall, können die Passagiere die ursprünglichen Zustände wiederherstellen - die
Technik übernimmt dies nicht automatisch.
Dazu wird die neue S-Klasse über einen weiterentwickelten Bremsassistenten verfügen. Die jetzt bekannten und weit
verbreiteten Systeme - ebenfalls erstmals bei Mercedes eingesetzt - dienen dazu, die grundsätzlich nicht vorhandene
Fähigkeit zu einer Vollbremsung bei vielen Fahrern auszugleichen. Das Problem: Die Fahrer treten auch bei hoher Gefahr
viel zu schwach aufs Pedal - weil sie es nie richtig gelernt oder auch nur ausprobiert haben, falsches Schuhwerk tragen
und/oder die Sitzlehne so flach eingestellt ist, dass schon mangels Abstützung die erforderliche Kraft nicht aufgebracht
werden kann. Hier hilft die Technik, indem sie anhand der Geschwindigkeit, mit der der Fuß aufs Bremspedal umgesetzt
wird, den Wunsch einer Vollbremsung erkennt und selbsttätig den vollen Bremsdruck aufbaut.
Die neue Generation geht noch einen Schritt weiter, denn das System beobachtet das Umfeld des Autos im vorderen
Bereich mit ausgeklügelter Sensorik von alleine. Vor einem drohenden Unfall berechnet das System blitzschnell die
notwendige Bremskraftunterstützung, die sofort zur Verfügung steht, wenn der Autofahrer bremst. Gleichzeitig tritt
wieder PRE-SAFE in Aktion.
Der vorausschauende Brems-Assistent "Plus" nutzt dafür zwei Radarsysteme, um die Verkehrslage vor dem Auto zu beobachten:
Das DISTRONIC-Radar (77 GHz) des Abstandstempomaten wird durch ein neu entwickeltes Nahbereichsradar (24 GHz) ergänzt,
das im Winkel von 80 Grad das unmittelbare Umfeld vor dem Fahrzeug abtastet. Die Reichweite der Radarstrahlen beträgt 150
Meter, sodass vorausfahrende Autos rechtzeitig erkannt werden.
Verringert sich der Sicherheitsabstand, berechnet das System aufgrund der Radarinformationen, welche
Bremskraftunterstützung in der jeweiligen Fahrsituation notwendig ist, um einen drohenden Auffahrunfall zu vermeiden.
Diesen Bremsdruck kann der Autofahrer sofort beim Tritt auf das Bremspedal abrufen. Bei straken Bremungen wird zudem
der nachfolgende Verkehr durch ein schnell blinkendes Bremslicht gewarnt (Autokiste berichtete).
Das System kann Mercedes zufolge die Zahl der Auffahrunfälle signifikant verringern. Bei Tests mit 100 Autofahrern im
Fahrsimulator der DaimlerChrysler-Forschung sank die Unfallquote dank des neuen Systems in typischen Situationen im
Durchschnitt von 44 auf elf Prozent, wird berichtet. Besonders eindrucksvoll stellte die neue Technik ihre Funktion bei
einer Kolonnenfahrt mit 80 km/h auf der Landstraße unter Beweis: Bei dem plötzlichen Bremsmanöver des vorausfahrenden
Autos blieben 93 Prozent aller Fahrten bei Einsatz des radargestützten Brems-Assistenten unfallfrei - ohne dieses System
ereigneten sich bei mehr als jeder zweiten Testfahrt Auffahrunfälle.
Auch in Praxistests hat der Konzern das System ausgiebig geprüft. 24 Versuchsfahrzeuge auf Basis der aktuellen S-Klasse
legten in Europa und den USA mit über 200 Probanden rund 400.000 Kilometer zurück. Die Aufzeichnung der Fahrten mittels
Datenspeicher und Videokameras ermöglichte eine präzise Analyse und ein eindeutiges Ergebnis: Das System verbesserte die
Fahrsicherheit maßgeblich.
Die neue S-Klasse wird im September auf der IAA erstmals öffentlich zu sehen sein; die Markteinführung mit den
Benziner-Modellen S350 und S500 schon kurz danach beginnen. Welche der neuen Sicherheitstechniken Serie sein werden,
ist noch nicht bekannt.
Schnellster war Mercedes, jedenfalls was den neuen Bremsassistenten betrifft, dieses Mal wohl sowieso nicht: Der noch in
diesem Monat bei den deutschen Händlern stehende neue Lexus GS ist mit einem Pre-Collision Sicherheits-System (PCS)
ausgestattet, das ebenfalls mittels eines Radarsensors im Kühlergrill Hindernisse vor dem Fahrzeug erfasst und im Falle
einer bevorstehenden Kollision vor dem Aufprall die Gurtstraffer und den Bremsassistenten aktiviert.