Wer in einer Parkbucht rückwärts rangiert, hat gegenüber seitlich parkenden Fahrzeugen nur eine allgemeine Pflicht zur
Rücksichtnahme. Ihn trifft nicht die nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) geltende erhöhte Sorgfaltspflicht für
rückwärts Fahrende. Das hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden.
In dem zugrundeliegenden, vom Anwalt-Suchservice mitgeteilten Fall war ein Mann auf einem öffentlichen Parkplatz aus
einer Parklücke herausgefahren und hatte dabei aus Unachtsamkeit einen neben ihm parkenden Pkw gestreift. Prompt
flatterte ihm ein Bußgeldbescheid über 50 Euro ins Haus. Begründung: Er habe die nach der StVO geltende erhöhte
Sorgfaltspflicht des rückwärts Fahrenden verletzt. Der Autofahrer wollte das nicht gelten lassen, und der Fall ging
bis vor das OLG Stuttgart, das seine Meinung bestätigte:
Die erhöhte Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren diene primär dem Schutz des fließenden Verkehrs, urteilten die
Richter (Beschluss vom 17.05.2004;
- 1 Ss 182/04 -). Damit solle der erhöhten Unfallgefahr begegnet
werden, die gegenüber diesem wegen seiner höheren Geschwindigkeit verbunden sei. Die Pflicht gelte zwar grundsätzlich auch
auf öffentlichen Parkplätzen. Allerdings würden nur Fälle erfasst, in denen der rückwärts Ausparkende beim Heraussetzen
aus der Parkbucht mit einem vorbeifahrenden Fahrzeug kollidiere.
Im vorliegenden Fall habe sich der Mann mit seinem Wagen aber ausschließlich zwischen stehenden Fahrzeugen rückwärts
bewegt und dabei den neben ihm parkenden Pkw beschädigt. Dieser Vorfall habe sich im ruhenden Verkehr ereignet, so dass
die erhöhte Sorgfaltspflicht nach der StVO nicht gegolten habe. Der Mann habe nur gegen die allgemeine Pflicht zur
Rücksichtnahme verstoßen, die für alle Verkehrsteilnehmer gelte. Im Ergebnis sei das Bußgeld von 50 Euro deshalb zu hoch
bemessen, und der Mann müsse nur 35 Euro zahlen.