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Ab November: Ford Focus II |
Ford |
Seit knapp einem Jahr ist der neue Golf jetzt auf dem Markt, und er hat für viele Schlagzeilen gesorgt - nicht nur
gute, darf ergänzt werden. In der Vorstellung etwas früher, in der Markteinführung etwas später folgte der ewige
Hauptkonkurrent aus Rüsselsheim - und auch der neue Astra, der zweifellos sowohl technisch als auch optisch einen
Riesensprung zu seinen Vorgängern gemacht hat, bot allenthalben viel Gesprächsstoff, hat aber bisher sein Ziel,
den Golf vom Thron der Zulassungsstatistik zu verdrängen, verfehlt.
Doch - abgesehen von BMW 1er, Audi A3 und den Vertretern aus Japan und Frankreich - gibt es noch einen dritten
Kompakten, um den es in der Regel viel stiller ist: Ford betreibt eine andere Art von Modellpolitik und vor allem
eine völlig andere Art von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing als die Mehrheit der anderen Hersteller. Nun aber
kommt der neue Focus, fast schon plötzlich und unerwartet, zuerst auf die Redaktionstische und schon am 13. November
auch zu den Händlern. Man kann sagen, dass Ford hier ein gutes Jahr verschwendet hat - oder aber, dass man in Köln
geschickt die Reaktionen auf die beiden Wettbewerber studiert und vielleicht die ein oder andere Lehre daraus gezogen hat.
Ein erster Blick auf die Fotos macht schnell klar: Jedenfalls optisch ist der Focus ganz der alte geblieben.
Abgesehen von der jetzt deutlich flacheren Front- und Heckscheibe und einigen Details bleibt das Auto der
bisherigen Linie treu, was nicht zwangsläufig ein Nachteil sein muss, perfektioniert sie aber. Wüsste man es nicht
besser, könnte man auch von einem umfassenden Facelift sprechen. Dazu gehören also neben den flacheren Scheiben eine elegantere Frontpartie mit größerer Frontschürze, kleineren, nun runden Nebelleuchten und neuen Scheinwerfern samt
integrierten, hochkant angeordneten schmalen Blinkern, neuem Kühlergrill und zwei Sicken von dort bis zu den A-Säulen.
Dazu kommen etwas weiter ausgestellte und eleganter gezeichnete Kotflügel sowie bessere Spaltmaße. Die hochgestellten
Heckleuchten bleiben im Grundsatz ebenso erhalten, sind jetzt aber länger und schmaler, nicht mehr an das hintere
Seitenfenster angrenzend - und werfen nachts hoffentlich nicht nur so ein kleines und schwaches Licht ab wie im C-MAX.
Geblieben sind der runde Tankdeckel und die Bügeltürgriffe sowie die Scheibenwischer-Anordnung vorne und hinten.
Neu sind ein schwarzes Plastikdreieck zwischen Außenspiegeln und Kotflügel wie bei der Mercedes A-Klasse, nicht
mehr dreieckige seitliche Blinker, die nach wie vor im Kotflügel sitzen, die lange überfällige Einbeziehung der
Tankklappe in die Zentralverriegelung, stärker modellierte Schweller, in die Frontschürze integrierte, versenkte
Waschdüsen für die Scheinwerfer, der Verzicht auf die Dreiecksform der hinteren Nummernschild-Aussparung und des
Heckfensters und ein weniger kaschierter Knick an der Heckklappe. Beim Dreitürer gibt es ein anders geformtes
Seitenfenster hinten.
Die Karosserie selbst ist gewachsen auf jetzt 4,34 Meter (Kombi: 4,47). Die Breite beträgt satte 1,84 Meter, die
Höhe knapp 1,45 Meter, womit der Focus etwas flacher, aber erstaunlicherweise deutlich länger und breiter als
ein Golf (4,20 / 1,76 / 1,48) ist. Gewachsen sind auch die Spur (plus vier Zentimeter) und der Radstand um 2,5
Zentimeter.
Ein Blick ins Interieur zeigt einen noch größeren Ford-Schritt, es sei denn, man gehört zu den wenigen Fans der
alten, unruhigen Form. In der neuen Generation wirken Armaturenbrett und Mittelkonsole deutlich hochwertiger
und mehr wie aus einem Guss gestaltet. Vier klassische Rundinstrumente mit mittigem Multifunktionsdisplay, ansehnliche
Lenkräder und vernünftig wirkende Bedieneinheiten in der Mittelkonsole, wo optional auch ein großer
Touchscreen-Farbmonitor Einzug hält, machen Lust auf die erste Ausfahrt. Ähnlichkeiten zum Ford Mondeo oder zum
VW-Design sind hier durchaus nicht zufällig. Wie bereits im C-MAX setzen die Kölner ausschließlich Materialien
ein, die das Allergie-Risiko auf das absolute Minimum senken sollen und ein TÜV-Prüfsiegel hierfür tragen.
Gegen Aufpreis gibt es künftig auch im Focus Annehmlichkeiten wie Kurvenlicht, Bluetooth-Schnittstelle fürs Handy,
Sprachsteuerung, DVD-System mit Monitor im Fond (nur im Kombi) oder schlüsselloser Zugang. Neu ist auch eine
optional verstellbare Pedalerie für besonders große oder kleine Personen, wobei es schade ist, dass man auf ein
stehendes Gaspedal wie etwa im Golf verzichtet hat. Apropos Sicherheit: Serienmäßig sind sechs Airbags und
Gurtstraffer (nur vorne) sowie Kindersitzbefestigungspunkte und schließlich ESP. Erstmals kommt auch in den höheren
Versionen eine geschwindigkeitsabhängige, elektro-hydraulische Servolenkung zum Einsatz, im Übrigen bleibt es bei einer hydraulischen Version. Dazu verspricht Ford bessere Bremsen, wenn auch nach den uns vorliegenden Unterlagen in den
Basisversionen tatsächlich noch Trommelbremsen an der Hinterachse montiert werden.
Neu ist zudem eine gegen Aufpreis erhältliche Zweizonen-Klimaautomatik mit zwei kleinen Displays, wobei Ford
hier bewusst zu täuschen versucht, wenn behauptet wird, so etwas sei bislang der "Luxusklasse" vorbehalten gewesen.
Zahlreiche Ablagefächer, darunter ein gekühltes Handschuhfach, das auch eine 1,5 Liter-Flasche aufnehmen können soll,
und ein mittig oben auf dem Armaturenbrett platziertes Fach mit Deckel (Serie in bestimmten Versionen) sollen die
großen und kleinen Dinge des Alltags transportieren. Das Kofferraumvolumen wächst auf jetzt 385 Liter - und
übetrifft die Golf-Vorgabe von 350 Litern damit merklich. Der Kombi schluckt zwischen 475 und 1.525 Liter.
Auch die Radio- und Navigationssysteme sind neu, wobei die Top-Modelle im Audio-Bereich von Sony stammen. Das
Top-Navi mit Farbmonitor steuert Denso bei, alternativ gibt es auch ein Standard-Blaupunkt-Gerät. Wer mehr sparen
will oder muss, bekommt Ford-eigene Radios, die es sogar noch mit Kassettenlaufwerk gibt.
Motorseitig gibt es zum Start vier Benziner mit Hubräumen zwischen 1,4 und 2,0 Liter, die 80, 100, 115 und 145 PS
leisten, wobei die 115 PS-Variante völlig neu ist. Die beiden Diesel erreichen 109 respektive 136 PS aus 1,6 bzw. 2,0
Litern Hubraum. Sie sind beide, allerdings nur gegen Aufpreis, auch mit einem zusammen mit Peugeot/Citroën
entwickelten Rußfilter zu bekommen und erfüllen dann und nur dann die EU4-Abgasnorm. Als Kraftübertragung kommen
je nach Variante serienmäßig oder optional manuelle Fünf- und Sechsgang-Getriebe, eine vierstufige Wandlerautomatik
und eine stufenlose CVT-Automatik zum Einsatz. Fünf- oder Sechszylinder sind ebenso wie Allradantrieb nicht verfügbar.
Die Rädergröße beträgt je nach Version 15 oder 16 Zoll, optional sind auch 17- und 18-Zöller zu bekommen. Seltsamerweise
verfügen ausgerechnet die Versionen "Sport" und "Ghia" über Stahlfelgen, denen Ford eine "Alu-Optik" nachsagt. So etwas
ist nur peinlich.
Produziert wird der neue Focus, der sich bekanntlich die Plattform mit Mazda 3 und Volvo S40/V50 teilt, in Saarlouis
sowie im spanischen Valencia. Zur Markteinführung im November, auch das ist untypisch, stehen bereits der Drei- und
Fünftürer und auch der Kombi in den Showrooms. Angeboten werden gleich fünf Ausstattungslinien namens
Ambiente, Trend, Sport, Ghia und Titanium. Die Stufenheckversion ist für 2005 angekündigt; über eine Neuauflage
des Cabrios schweigt man sich in Köln offiziell noch aus, sie darf aber wohl erwartet werden, sagen wir, 2007.
Alles in allem hinterlässt der neue Focus am Ende einen zwiespältigen Eindruck: Im Design sowohl außen als auch und
insbesondere innen gereift und ohne Frage erwachsener im Auftritt geworden, und in der Summe auch technisch sicherlich
besser als bisher, vermisst man doch einerseits Selbstverständlichkeiten wie EU4-konforme Motoren oder Scheibenbremsen
und andererseits echte Neuerungen und Errungenschaften - Dinge, die eben mehr Begehrlichkeiten wecken könnten als bei
Golf oder Astra. Bleibt als Argument der Preis: Der Dreitürer in Basisversion startet bei 14.375 Euro - knapp 850 Euro
weniger als ein entsprechender Golf, der dafür allerdings - noch - mit Klimaanlage geliefert wird. Ob das alles dem
Focus zu einem dauerhaften oder gar wachsenden Erfolg gereicht, bleibt fraglich - jedenfalls in Deutschland.