Fährt ein Autofahrer einen Fußgänger an, der unvorsichtig und sorglos die Straße überquert, kann er wegen groben
Eigenverschuldens des Verletzten von jeder Haftung frei sein. Dies gilt nach Auffassung des Kammergerichts Berlin
jedenfalls dann, wenn dem Kraftfahrer keinerlei Verschulden zur Last fällt.
In dem zugrundeliegenden, vom Anwalt-Suchservice mitgeteilten Fall war ein Fiat-Fahrer im Dunkeln mit 40 km/h unterwegs
gewesen. Plötzlich liefen zwei dunkel gekleidete Männer kurz vor ihm über die Fahrbahn. Das Ganze spielt sich innerhalb
von ein bis zwei Sekunden ab, und der Kraftfahrer konnte nicht mehr reagieren. Einer der Fußgänger wurde von seinem Wagen
erfasst und verletzt.
Später stellte sich der Verletzte auf den Standpunkt, der Autofahrer müsse für den Unfall mit haften, da er für die so
genannte Betriebsgefahr seines Pkws einzustehen habe. Das Kammergericht Berlin sah das jedoch anders (Urteil vom
29.09.2003,
- 12 U 315/01 -): Der Pkw-Fahrer habe nicht mit Fußgängern auf der Straße rechnen müssen, und er
habe auch keine Chance gehabt, den Unfall zu vermeiden. Zwar müssten Autofahrer normalerweise selbst dann, wenn sie keinen
Verkehrsverstoß begangen hätten, zumindest für die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges haften. Angesichts der Gesamtumstände
trete die Betriebsgefahr aber hinter dem groben Eigenverschulden des Verletzten zurück. Der Verletzte habe keine Ansprüche
gegen den Autofahrer.