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ARCHIVADAC kritisiert Pläne der Bundesregierung scharf
Entfernungspauschale: Keine Kürzung für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel?
Im Zuge der vorgezogenen Steuerreform der Bundesregierung und dem damit verbundenen Abbau von Steuersubventionen
wird auch die sog. Pendlerpauschale gekürzt.
Nach geltendem Recht erhalten Arbeitnehmer für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine
verkehrsmittel-unabhängige Entfernungspauschale von 0,36 Euro für die ersten vollen 10 Entfernungskilometer und von
0,40 Euro für jeden weiteren vollen Entfernungskilometer. Künftig soll die Pauschale erst ab dem 21. Kilometer
in gleicher Höhe wie bisher bezahlt werden.
Wie jetzt bekannt wurde, soll außerdem die Unabhängigkeit der Pauschale vom benutzten Verkehrsmittel - erst 2001 eingeführt
- zumindest teilweise wieder aufgehoben werden. Aus umweltpolitischen Gründen plane die Bundesregierung, dass Aufwendungen
für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auch künftig angesetzt werden können, und zwar auch in Bezug auf die ersten 20
Kilometer, teilte das Bundesfinanzministerium mit.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber erteilte diesen Plänen eine klare Absage. Stoiber: "Die Regierung des
selbsternannten Autokanzlers Schröder ist auf Geisterfahrt. Eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer, die auf das Auto
angewiesen sind, wird es mit der Union nicht geben." Dafür, so Stoiber, werde man mit der Mehrheit im Bundesrat sorgen.
Was CDU/CSU als Alternative vorschlagen, blieb jedoch offen. Im Bundestagswahlkampf, als die SPD an der Pendlerpauschale
nicht rütteln wollte (und es nun doch tut), wollten die Unionsparteien einen Fortbestand der Vergünstigung
jedenfalls nicht versprechen.
Auch der ADAC, sowieso Gegner einer Verkehrsmittel-unabhängigen Entfernungspauschale, kritisierte die Pläne am
Wochenende scharf und sprach von einer "massiven und unakzeptablen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes". "Gerade
Berufspendler mit Wohnsitz in ländlichen Räumen, aber auch Schichtarbeiter mit ungünstigen Arbeitszeiten haben gar nicht
die Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ihren Arbeitsplatz zu erreichen", so ADAC-Präsident Peter Meyer. Der Club
prüfe, rechtliche Schritte gegen die geplante Neuregelung einzuleiten.
Doch Kritik an den Plänen kommt inzwischen auch immer mehr aus den eigenen Reihen. Verkehrsminister Stolpe hält
Veränderungen an der Entfernungspauschale für erforderlich und sinnvoll. Dabei dürfe es aber nicht zu "Diskriminierungen"
kommen, sagte Stolpe der "Bild"-Zeitung. Es müsse darauf geachtet werden, dass in Regionen ohne leistungsfähigen
öffentlichen Personennahverkehr keine Benachteiligungen für Pkw-Fahrer einträten. Ähnlich und ebenfalls mit der Formulierung
von der "Diskriminierung" äußerte sich inzwischen auch SPD-Fraktionsvorsitzender Müntefering. Medienberichten zufolge ist nun abermals eine Änderung der Pläne in Sicht: Die unterschiedliche Behandlung von Auto- gegenüber Bus- und Bahnfahrern wird
wieder gestrichen, dafür die Pauschale aber deutlich gekürzt - die Rede ist von 15 bis 20 Cent.
Kommentar:
Ein "Entfernungskilometer" entspricht der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei einem
Satz von 40 Cent bleiben für den Arbeitnehmer, der die einfache Strecke zweimal am Tag fährt, also nur 20 Cent
pro gefahrenem Kilometer übrig - selbst für Kleinwagen kaum mehr ausreichend, von einer Halbierung der Sätze
ganz zu schweigen. So ist die Entfernungspauschale letztlich, wie so vieles in diesem Land, nicht zu Ende gedacht: Was
bleibt, ist eine Mischung aus bürokratischem Monster, Subventionen auf die Auto-Kosten und Zersiedelungsprämie. Die
Regierung sollte überlegen, was sie eigentlich will, und nicht alle paar Wochen, bisweilen alle paar Tage, ein neues
Konzept in die Diskussion bringen. (hsr)
text Hanno S. Ritter
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