Wer demnächst neuartige Kurvenwarnschilder entdeckt, hat es nicht mit einer neuen Norm zu tun, sondern mit einer
Sicherheitsmaßnahme für Motorradfahrer. In Nordrhein-Westfalen wird stellenweise umgerüstet: Der klügere Poller gibt nach.
Straßen.NRW
"Der klügere Kurvenwarner gibt nach":
Flexible Poller statt starrer Schilder in NRW
Soll man Alleebäume fällen, um Verkehrsteilnehmer bei Unfällen zu schützen? Oder sollen die Auto- und Motorradfahrer
lieber besser aufpassen, damit es erst gar nicht zum Unfall kommt? Die Frage ist alt, die Argumente mit mehr und
an Stammtischen auch weniger Objektivität längst ausgetauscht. Auch wenn es grundsätzlich merkwürdig anmutet, sind
natürlich letztlich die Gesundheit und das Leben der Menschen, ob am Unfall schuld oder nicht, höher zu bewerten
als der Schutz der Bäume. Neubepflanzungen, das sehen die meisten Experten so, sind einige zig Meter entfernt besser
als am Straßenrand.
So ähnlich ist es mit Schildern, die Motorradfahren bei einem Unfall zum Verhängnis werden können. Der Landesbetrieb
Straßen in Nordrhein-Westfalen ("Straßen.NRW") setzt auch hier diese Prioritäten, die vielleicht nicht jeder, der den
allgegenwertigen Begriff des "Rasers" immer für angebracht hält, nachvollziehen mag: an besonders unfallträchtigen
Stellen werden jene quadratischen Kurvenwarnschilder aus Metall, die auf festen Stäben montiert sind, durch flexible,
runde Poller aus Plastik ersetzt.
"Zum Einsatz kommen die neuen Poller in anspruchsvollen Kurven auf Landesstraßen, die Motorradfahrer gerne für eine Spritztour nutzen.
Also vor allem im topografisch reizvollen Gegenden wie Sauer- und Siegerland, aber auch in flacheren Bereichen des Landes", erklärt
Heinrich Bergerbusch, Motorrad-Experte bei Straßen.NRW. Die flexiblen Poller sollen in Absprache mit der Straßenverkehrsbehörde und der
Polizei die herkömmlichen sog. Richtungstafeln ersetzen. Nicht nur für Motorradfahrer sinkt dadurch die Verletzungsgefahr bei einem Unfall.
Die neuen, 105 Zentimeter hohen und zwölf Zentimeter dünnen Kunststoff-Poller weisen keine scharfen Kanten mehr auf. Bei einem Unfall
geben sie nach, knicken um und richten sich anschließend wieder auf. Die ersten weiß-roten Poller werden an der L427 bei Solingen stehen.
Bis zum Saisonstart im April 2016 sollen rund 500 weitere Poller auf anderen Streckenabschnitte in ganz NRW folgen.
Die Poller sind ein Baustein in der Strategie der Behörde, die passive Sicherheit von Motorradfahren zu erhöhen.
Im ersten Ansatz stattete der Landesbetrieb etwa Schutzplanken in unfallträchtigen Kurven mit speziellen Anpralldämpfern für Motorradfahrer aus.
15.000 Stück stehen mittlerweile in NRW. Aktuell werden die Schutzplanken auf sog. Motorradstrecken mit einem Unterfahrschutz ausgestattet,
der die Verletzungsgefahr bei einem Anprall minimiert und ein "Durchrutschen" verhindert. Fast 500 Kurven sind auf diese Weise mittlerweile
sicherer geworden. Hinzu kommen an elf Stellen in NRW so genannte Rüttelstreifen mit Warnhinweisen und einer Geschwindigkeitsbegrenzung, um
nicht nur schnelle Biker im wahrsten Sinne des Wortes "wachzurütteln" und zu einer gemäßigten Fahrweise zu bewegen.
Straßen.NRW ist für rund 20.000 Kilometer Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen zuständig. Auf diesen Straßen gab es in der Saison 2015
zwischen dem 1. Januar und dem 31. Juli bislang insgesamt 806 (Vorjahreszeitraum: 917) Motorradunfälle. Bei diesen Motorradunfällen starben
26 (Vorjahreszeitraum: 33) Menschen, 425 (Vorjahreszeitraum: 459) wurden schwer und 488 (Vorjahreszeitraum: 596) leicht verletzt.