Porsche
Elfer-Flaggschiff:
Porsche 911 Turbo
Mehr als vier Monate vor der Publikumspremiere präsentiert Porsche bereits das neue Elfer-Flaggschiff. Die neueste
Auflage des 911 Turbo folgt exakt den Genen ihrer sechs Vorgänger: noch schneller, noch perfekter – noch teurer.
Turbotechnik findet sich heutzutage selbst in den meisten Kleinwagen, doch beim Porsche 911 steht der Begriff
Turbo seit jeher als Kennzeichnung des Topmodells, jedenfalls jenes unter den alltagstauglichen Versionen.
In der allerneusten Variante der 991-Baureihe bollert nach wie vor der 3,8 Liter große Sechszylinder. Das
Boxer-Treibwerk kommt jetzt auf 520 statt 500 PS. So, wie bei Kindern auf ein letztes Mal stets noch ein
allerletztes Mal folgen muss, krönt Porsche das Topmodell auch künftig wieder mit einem Top-Topmodell mit
dem Namenszusatz S und dann 560 PS Leistung, 30 mehr als bislang.
Porsche setzt dabei als einziger Hersteller weiterhin zwei Turbolader mit variabler Turbinengeometrie in Verbindung
mit einem Benzinmotor ein. Die Kraftübertragung erfolgt ebenfalls unverändert über das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
(PDK), das jetzt bei den Spitzen-Elfern die Funktionen Start-Stopp mit Motorabschaltung schon beim Ausrollen sowie Segeln
ermöglicht. Zusammen mit dem neuen Thermomanagement für den Turbomotor und das PDK und dem Leichtbau-Chassis
sinkt so auch der Verbrauch um bis zu 16 Prozent auf jeweils 9,7 Liter - dass solche Norm-Werte bei einem solchen
Auto rein theoretischer Natur sind, bedarf keiner Erläuterung.
Der PTM genannte Allradantrieb mit elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung verfügt in seiner jüngsten
Evolutionsstufe über eine neue Wasserkühlung und kann damit noch mehr Antriebsmoment zur Vorderachse leiten.
Im Ergebnis spurtet der 911 Turbo bei Ausstattung mit dem optionalen Sport-Chrono-Paket nun nochmals zwei Zehntel
schneller auf das Bundesstraßen-Tempolimit: Mit 3,2 Sekunden würde er damit sogar
den bisherigen Turbo S überholen, dessen neue Version nun mit 3,1 Sekunden im Datenblatt steht. Wer das Gaspedal weiter
malträtiert, findet sich rund siebeneinhalb Sekunden später bereits an der 200-km/h-Marke und kann dann, passende Strecke
und Nerven vorausgesetzt, bis auf 318 km/h (bisher: 315) weiterbeschleunigen.
Die charakteristischen, weit ausladenden hinteren Kotflügel sind bei der neuen Turbo-Generation nochmals um 28 Millimeter
breiter als bei den Carrera-4-Modellen - zwischen C-Säule und Außenkante erstreckt sich eine mehr als handbreite, nahezu
ebene Fläche. Weitere Differenzierungsmerkmale sind zweifarbige, geschmiedete und nun 20 Zoll große Räder - beim Turbo S mit
Zentralverschluss. Er setzt sich zudem durch Voll-LED-Scheinwerfer mit Vier-Punkt-Tagfahrlicht und dynamischer,
kamerabasierter Fernlicht-Steuerung ab, die für den 911 Turbo als Option lieferbar sind. Gleiches gilt für
die Keramikbremse PCCB und den aktiven Wankausgleich PDCC.
Dass der neue 911 Turbo die legendäre Nürburgring-Nordschleife in unter 7:30 Minuten schafft, wie Porsche verspricht, verdankt
der nicht alleine der gestiegenen Leistung und des optimierten Allradantriebs, sondern auch zwei weiteren Kniffen. So kommt
einerseits erstmals ein aktives Aerodynamiksystem zum Einsatz, das markentypisch "Porsche Active Aerodynamics (PAA)" heißt und
aus einem dreistufigen Frontspoiler, dessen Segmente pneumatisch ausgefahren werden können, und dem ausfahrbaren Heckflügel mit drei
ansteuerbaren Flügel-Positionen besteht. Dadurch wird es möglich, die Aerodynamik je nach Fahrerwunsch auf optimale Effizienz
(Speed-Position) oder beste Fahrdynamik abzustimmen.
Andererseits haben die Ingenieure wie beim GT3 die Spurlenker an der Hinterachse durch zwei elektromechanische Aktuatoren ersetzt,
die die Räder bis zu 2,8 Grad lenken lassen. Bei Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h lenkt das System die Hinterräder beim Einschlagen
der Vorderräder in entgegengesetzter Richtung ein, darüber in die gleiche. Dies entspreche einer virtuellen Radstandsverkürzung um
25 bzw. einer virtuellen Verlängerung um 50 Zentimeter, so Porsche, was das Auto ersterenfalls "unerreicht wendig" mache und das
Rangieren erleichtere, zweiterenfalls insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten die Stabilität erhöhe.
Erstmals in natura zu sehen ist der neue Turbo-Elfer dort, wo vor 50 Jahren die Baureihe und vor 40 Jahren ihr Topmodell - notabene
mit seinerzeit 260 PS - Premiere feierten: Auf der IAA im September in Frankfurt. Unmittelbar danach werden auch die Auslieferungen
starten. Wer bereits jetzt bestellt, kann oder muss sich also noch rund fünf Monate in Vorfreude üben - und/oder die Finanzen regeln. Der
neue Turbo kostet ab 162.055 Euro, und Käufer des Turbo S müssen vor der Werksabholung 195.256 Euro nach Stuttgart überweisen. Mindestens,
versteht sich, mit allen Optionen werden es rund 233.000. Dafür bekäme man, es ist ein ebenso sinnloses wie lustiges Rechenspiel, auch
23 Dacia Sandero. Turbo, versteht sich.