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Donnerstag, 28. März 2024
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EuGH: E-Mail-Adresse plus Kontaktformular reicht in der Regel aus

Urteil: Versicherung muss keine Telefonnummer veröffentlichen

Siehe Bildunterschrift
Website der Deutschen Internet ak
Versicherung: Telefon-Nummer kein Muss
Eine Kfz-Versicherung ist nicht verpflichtet, Kunden vor Vertragsschluss eine Telefon-Nummer zu nennen, wenn die Gesellschaft online erreicht werden kann. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschlossen. In dem Verfahren geht es um die Deutsche Internet Versicherung (DIV) mit Sitz in Dortmund, die auf ihrer Website zwar Post- und Mail-Adresse nennt und ein Kontaktformular bereitstellt, nicht aber ihre Telefon-Nummer angibt.

Das war den Verbraucherzentralen und Verbraucherverbänden ein Dorn im Auge. Ihr Bundesverband erhob Unterlassensklage gegen die Versicherung vor dem Landgericht Dortmund. Die Verbraucherschützer argumentierten, nur mit einer Telefonnummer sei eine unmittelbare Kommunikation zwischen einem Interessenten und der Versicherung möglich. Im übrigen sei diese als Diensteanbieter nach den einschlägigen Vorschriften - Stichwort Impressumspflicht - gehalten, auch eine Telefon-Nummer zu kommunizieren.

Das Landgericht schloss sich dieser Sichtweise an, nicht jedoch das von der DIV angerufene Oberlandesgericht, wo man die Auffassung vertrat, insbesondere wegen der Beantwortung von Mail-Anfragen durch die Versicherung innerhalb von 30 bis 60 Minuten sei die Unmittelbarkeit der Kommunikation gewahrt. Daraufhin zog der Bundesverband vor den Bundesgerichthof, der die Frage aufgrund grundsätzlicher Bedeutung und der nicht einheitlichen Meinung hierzu in Judikatur und Schrifttum dem Europagericht vorlegte.

Die europäischen Richter entschieden zugunsten des Unternehmens. Nach dem Wortlaut, aber auch nach dem Sinn und Zweck der Diensteanbieter-Richtlinie (in Deutschland des Telemediengesetzes) sei die Telefonnummern-Nennung nicht obligatorisch. Lediglich die Angabe der Mail-Adresse und eines weiteren unmittelbaren und effizienten Kommunikationsweges sei notwendig, um potentielle Kunden nicht vom Markt auszuschließen.

Unmittelbar und effizient bedeute dabei aber nicht zwingend die fernmündliche Verständigung, also das sofortige Beantworten einer Anfrage. Eine Kommunikation sei vielmehr dann als effizient anzusehen, wenn sie es erlaube, dass der Nutzer angemessene Informationen innerhalb einer Frist erhalte, die mit seinen Bedürfnissen oder berechtigten Erwartungen vereinbar sei, so die Richter. "Es ist offensichtlich, dass es andere Kommunikationswege als das Telefon gibt, die den Kriterien einer unmittelbaren und effizienten Kommunikation (...) genügen können, etwa die über den persönlichen Kontakt mit einer verantwortlichen Person in den Räumen des Diensteanbieters oder über Telefax", heißt es in dem Urteil vom 16.10.2008 (C-298/07).

Dem genüge auch ein elektronisches Kontaktformular, jedenfalls dann, wenn solcherart eingehende Anfragen innerhalb von 30 bis 60 Minuten beantwortet würden, was im Falle der DIV unstreitig war. Nutzern, die ausnahmsweise keinen Online-Zugriff haben, etwa wegen Urlaubs, müsse aber - auf Anfrage - noch eine weitere nichtelektronische Möglichkeit zur Kommunikation eingeräumt werden.

Eine salomonische Lösung mithin, die auch im Kundeninteresse liegen dürfte. Die Deutsche Internet Versicherung argumentiert, sie könne ihre günstigen Prämien nur durch Verzicht auf eine umfassende Vorab-Beratung per Call-Center erreichen. Notiz am Rande: Wer einmal DIV-Kunde ist, erhält sehr wohl auch die Möglichkeit zum telefonischen Kontakt für Vertrags- und Schadenfragen. Unter anderem dieser Service wurde vom TÜV Saarland im Rahmen einer Kundenbefragung mit sehr guten Noten bewertet.
text  Hanno S. Ritter
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