Vorfahrtsberechtigte, die sich bei aufziehenden Nebelschwaden an einen Kreuzungsbereich annähern, müssen ihre
Geschwindigkeit gegebenenfalls bis unter 50 km/h herabsetzen. Das hat das OLG Schleswig entschieden.
In dem zugrundeliegenden, vom Anwalt-Suchservice mitgeteilten Fall war ein Mann bei aufziehendem Nebel mit ca. 70 km/h in
eine Kreuzung eingefahren. Ein wartepflichtiger Traktor-Fahrer überquerte den Kreuzungsbereich gleichzeitig mit ihm. Er
sah den von rechts kommenden, vorfahrtsberechtigten Pkw nicht, und beide Fahrzeuge stießen im Kreuzungsbereich zusammen.
Der Pkw-Fahrer war später der Ansicht, dass der Fahrer des Traktors wegen der Vorfahrtsverletzung allein für den Unfall
haften müsse, kam damit aber vor dem Oberlandesgericht Schleswig nicht vollständig durch (Urteil vom 12.08.2004;
- 7 U 153/03 -).
Zur Zeit der Annäherung der beiden Fahrzeuge an die Unfallstelle seien wechselhafte Nebelschwaden aufgezogen, stellte
das Gericht fest. Zum Teil habe fast normale Sicht geherrscht, teilweise aber auch dichter Nebel. Eine Geschwindigkeit
von 70 km/h sei bei aufziehenden Nebelschwaden in einem Kreuzungsbereich zu hoch. Wenn bei der Annäherung an eine Kreuzung
Nebelschwaden aufzögen, dann könne der Vorfahrtsberechtigte nicht ausschließen, dass er für andere Fahrzeugführer nur
schlecht zu erkennen sei. Nach der Straßenverkehrsordnung dürfe nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn die
Sichtweite durch Nebel weniger als 50 Meter betrage. Erforderlichenfalls müsse sogar noch langsamer gefahren werden.
Sowohl der Traktorfahrer als auch der Pkw-Fahrer hätten sich verkehrswidrig verhalten, urteilten die Richter.
Insgesamt sei die Vorfahrtsverletzung aber gravierender als die etwas überhöhte Geschwindigkeit, weswegen der
Traktorfahrer mit 75 und der schnelle Pkw-Lenker mit 25 Prozent hafte.