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Gericht: Beweissicherungsinteresse überwiegt Persönlichkeitsrecht
Urteil: Video einer Dashcam als Beweismittel zulässig
Immer mehr Verkehrsteilnehmer nutzen Kameras an der Windschutzscheibe, um bei einem Unfall oder einer sonstigen Auseinandersetzung im
Verkehr ihre Unschuld oder die Schuld des anderen beweisen zu können. Doch sind die Aufzeichnungen solcher Dashcams überhaupt gerichtsfest?
Der Trend der ständigen Verkehrsaufzeichnung aus dem Auto heraus mittels kleiner Kameras schwappt aus Russland zu uns herüber.
Gerade in Deutschland jedoch war bisher mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht der willkürlich gefilmten Verkehrsteilnehmer umstritten,
ob die mit diesen Kameras aufgenommenen Videos vor Gericht als Beweis verwertet werden können.
Hierzu gibt es nun eine nach Mitteilung des Anwaltsnetzwerks Eurojuris erste Gerichtsentscheidung: Ein privat aufgenommenes Video kann
der Beweissicherung dienen und ein zulässiges Beweismittel im Zivilprozess darstellen, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme kein bestimmter
Zweck verfolgt wurde. Dies entschied das Amtsgericht München (Urteil vom 06.06.2013, - 343 C 4445/13 -).
Im aktuellen Fall fuhr ein Fahrradfahrer rechts neben einem Auto, das ihn dann überholte. Als der Pkw-Fahrer plötzlich abbremste, geriet
der Fahrradfahrer ins Straucheln und stürzte. Dabei verletzte er sich, und auch sein Fahrrad wurde beschädigt. Der Fahrradfahrer, der die
Fahrt mit einer Kamera aufnahm, verlangte von dem Autofahrer die Arzt- und Reparaturkosten sowie ein angemessenes Schmerzensgeld. Er behauptete,
der Autofahrer hätte ihn durch die Bremsung maßregeln wollen, und legte zum Beweis vor Gericht das Video des Unfalls vor.
Der Pkw-Fahrer weigerte sich zu zahlen. Er trug vor, ein ohne sein Einverständnis privat aufgenommenes Video verletze ihn in seinem
Persönlichkeitsrecht und dürfe deshalb gar nicht erst als Beweismittel zugelassen werden.
Das Amtsgericht jedoch ließ die Videoaufzeichnung als Beweismittel zu. Die Richterin führte aus, dass sich die Zulässigkeit der Verwertung des
Videos nach einer Abwägung der Interessen der Unfallbeteiligten richte. Die Interessen der Parteien - namentlich das Persönlichkeitsrecht des
Autofahrers und das Interesse des Radfahrers an der Aufklärung des Falles - seien in solchen Fällen gegeneinander abzuwägen.
Das Gericht war der Auffassung, dass es nicht verboten, sondern sozial anerkannt sei, Fotografien und Videos aufzunehmen, auf denen fremde
Personen zufällig ins Bild geraten. Jeder wisse, dass er in der Öffentlichkeit zufällig abgebildet werden könne. Die Aufnahme an sich stelle
also keine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Eine solche könne erst dann vorliegen, wenn eine zufällig gewonnene Aufnahme
gegen den Willen der abgebildeten Person veröffentlicht würde. Zwar sei die Verwertung des Videos als Beweismittel eine Veröffentlichung; in dem
Moment, in dem sich der Unfall ereignete, ändere sich aber die Interessenlage der Beteiligten, sodass aus der rechtswidrigen eine rechtmäßige
Veröffentlichung werde - das Interesse an der Beweissicherung überwiege nun.
In dem Münchner Verfahren half das Video dem klagenden Radfahrer jedoch nicht - eher im Gegenteil. Das Gericht konnte erkennen, dass
er zu wenig Abstand gehalten, das Auto nicht berührt und dessen Fahrer einen verkehrsbedingten Grund zum Abbremsen hatte, auch die
behauptete Maßregelung und angebliche Gesten des Autofahrers konnte die Sequenz nicht beweisen.
Es bleibt abzuwarten, ob sich andere, auch höhere Gerichte der Rechtsauffassung der Münchner Richter anschließen werden. Nichtsdestotrotz
fördert sie den Einsatz solcher Kameras auch in Deutschland. Im Online-Handel sind Dashcams bereits ab 30 Euro erhältlich.
text Hanno S. Ritter
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