Die Verhandlungen zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall zum Projekt "5000 x 5000"
sind am frühen Dienstagmorgen in Hannover erfolgreich abgeschlossen worden.
Danach sollen zukunftsweisende Formen der Geschäftsprozesse und völlig neu gestaltete Abläufe in der
Automobilproduktion umgesetzt werden. Ziel dieses Modells ist es, mit neu eingestellten
ehemaligen Arbeitslosen am Standort Wolfsburg ein neues Produkt zu wettbewerbsfähigen
Bedingungen zu fertigen und zu vertreiben. Volkswagen hatte der IG Metall gestern zu Beginn der
Verhandlungsrunde ein neues Angebot unterbreitet.
Die jetzige Vereinbarung sieht nach Mitteilung von Volkswagen folgende Eckpunkte vor:
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Das Programmentgelt wird wie folgt umgesetzt: Das tägliche Arbeitszeitende zur Programmerfüllung
ist flexibel. Werden Stückzahl und Qualität nicht erreicht, hat der Mitarbeiter
unmittelbar nach Schichtende die entsprechende Nacharbeit zu leisten. Eine Bezahlung
der Nacharbeit erfolgt nur in den Fällen, in denen die Verantwortung beim Unternehmen
liegt.
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Die wertschöpfende regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 35 Stunden pro
Woche im Durchschnitt eines Jahres. Die konkrete Steuerung erfolgt über die Flexibilität
im Rahmen der Volkswagen-Woche bis zu einer schichtplanmäßigen Arbeitszeit
von wöchentlich 42 Stunden. Es wird ein Arbeitszeitkonto mit einer Obergrenze von
200 Stunden eingerichtet. Über dieses Konto werden bei Bedarf auch 30 Spätschichten
am Samstag gesteuert.
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Die individuelle Qualifizierung soll durchschnittlich drei Stunden pro Woche betragen. Die Hälfte dieser Qualifizierungszeit wird als Arbeitszeit vergütet, die andere Hälfte wird von den Beschäftigten getragen.
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Alle Beschäftigten erhalten ein einheitliches Monatsentgelt von 4.500 DM sowie einen
Mindestbonus von monatlich 500 DM. Darüber hinaus ist ein persönlicher Leistungsbonus
- bei Erreichen der Gewinnschwelle - sowie eine Ergebnisbeteiligung, abhängig
von der Geschäftsentwicklung des Vorjahres, vorgesehen. Diese neue Form der Bezahlung
mit Ergebnisbeteiligung entspricht dem Niveau des Flächentarifs.
Der Verhandlungsführer der Volkswagen AG, Dr. Josef-Fidelis Senn, betonte, dasss der
Mitarbeiter zukünftig ein hohes Maß an persönlicher Verantwortung für Produktionsstückzahl
und Qualität trage. Darüber hinaus zeigte er sich zuversichtlich, mit diesem Abschluss einen
Beitrag zur Sicherung des Standortes Deutschland zu leisten.
Mit dem neuen Konzept können bei Volkswagen in Wolfsburg etwa 3.500 Arbeitslose eingestellt
werden. Die Personalauswahl erfolgt über die zuständigen Arbeitsämter im Frühjahr
2002. Daran schließt sich ein Basistraining zur Erlangung der Industrietauglichkeit an. Nach
einem zunächst befristeten Qualifizierungs- und Arbeitsverhältnis von sechs Monaten werden
die Mitarbeiter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Das Projekt 5000 x 5000
soll von der neu gegründeten Auto 5000 GmbH umgesetzt werden.
Als "einen Erfolg für die IG Metall" hat Gewerkschaftsvorsitzender Klaus Zwickel das Verhandlungsergebnis bezeichnet.
Mit dem Tarifabschluss habe sich die klare Linie der IG Metall weitgehend durchgesetzt. "Wir haben mit der
35-Stunden-Woche und den vereinbarten Einkommensregelungen zentrale Eckpunkte des Flächentarifvertrages auch in dem
neuen Tarifmodell vereinbart", sagte Zwickel am Dienstag in Frankfurt. Gleichzeitig enthalte der Abschluss neue
tarifpolitische Gestaltungselemente zur Qualifizierung und zur Arbeitsorganisation.
VW Gewerkschaft und Unternehmen waren vor neun Wochen bei einem ersten Anlauf vor allem am Widerstand der IG
Metall gegen eine Wochenarbeitszeit von bis zu 42,5 Stunden und einer Bezahlung unterhalb des Flächentarifs
gescheitert. Nach erheblichem Druck der Öffentlichkeit und der Politik hatten sich beide Seiten auf neue Gespräche verständigt und Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Einigung zugesagt.
Schröder zeigte sich unterdessen zufrieden über die Einigung: Unternehmen und Gewerkschaft hätten Mut, Beweglichkeit und Verantwortungsgefühl gezeigt, so der Kanzler, der die Einigung als "wegweisend"
bezeichnete.
Die Große Tarifkommission der sechs westdeutschen VW-Werke muss dem Vertrag am Mittwoch noch zustimmen.
Nach dem Abschluss gilt es als gesichert, dasss VW den neuen Golf Minivan in Wolfsburg bauen wird. Wenn nur alle
Beteiligten wollen - vielleicht verstärkt durch den öffentlichen Druck und die Mahnung des Bundeskanzlers - ist
der Standort Deutschland offenbar durchaus wettbewerbsfähig.