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Dienstag, 19. März 2024
Optische Auffrischung und mehr Antriebsvielfalt für Sportler und Pendler

VW Tiguan Facelift: Zwischen den Welten

Der unzweifelhafte Bestseller im Segment der kompakten SUV betritt frisch renoviert die Bühne. Erdacht in einer Ära vor Tesla und Dieselgate, bemüht sich Volkswagen redlich, dem Tiguan für die zweite Hälfte des Produktzyklus' möglichst viele Elemente der neuen, digitalisierten Markenphilosophie mit auf den Weg zu geben. Konträr in ökologischer Hinsicht kommen die beiden komplett neuen Antriebsvarianten daher.
Volkswagen
Aufgefrischte Front und neue
Antriebsvarianten für den VW Tiguan II
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LED-Matrixscheinwerfer, LED-Heckleuchten mit neuer Grafik, Markengesicht à la Touareg, mittiger Heck-Schriftzug - dazu noch etwas Dekoration und sogar das eine oder andere gepresste Blech etwas angepasst: Keine wirklichen Überraschungen finden sich im Exterieur des gelifteten Tiguan, sondern vielmehr routinierte Perfektion im automobilen Facelift-Business.

Deutlich lauter wird der Paukenschlag, wenn man dorthin schaut, wo der Antrieb werkelt und wo die inzwischen recht verpönten Abgase entweichen. Mit großem Selbstbewusstsein pflanzt VW dem eigentlich nur mäßig sportlich wirkenden SUV den bekannten 2.0 TSI in der verschärften R-Version ein. Mit 320 PS und 420 Nm steht dem solventen Käufer dann sogar etwas mehr Dampf zur Verfügung als von krawalligen Verwandten wie Golf R oder Cupra Ateca gewohnt.

Rückwärtig lässt sich der dynamische Anspruch durch eine optionale vierflutige Abgasanlage aus dem Hause Akrapovic sicht- und hörbar machen. Sportliche Akzente inklusive dem frisch entworfenen R-Logo tun das Übrige. Damit der ambitionierte Fahrer stets die Kontrolle behält, kommt beim Tiguan R erstmalig eine variable Kraftverteilung zwischen den Hinterrädern - Torque Splitting genannt - zum Einsatz, mit deren Hilfe ein besseres Beschleunigen aus Kurven möglich sein soll.

Welche Bandbreite das überarbeitete SUV zwischen verschiedenen Welten abzudecken versucht, zeigt die zweite komplette Neuerung auf Antriebsseite. Wo beim Tiguan R mit Genuss Abgase entsorgt werden, herrscht beim neuen Tiguan eHybrid im Idealfall tote Hose, nämlich bei bis zu 50 Kilometern rein elektrischer Fahrt mit dem neuen konzernweiten Allzweck-Plugin-Hybriden mit einer Systemleistung von 245 PS.

Wie im Golf GTE, Octavia RS iV und Cupra Leon generiert sich diese aus dem veralteten 1,4-TSI-Verbrenner mit 150 PS sowie dem 115 PS starken E-Motor, ausschließlich in Kombination mit Frontantrieb und DSG. Betankt wird die 13 kWh fassende Batterie über eine Klappe im vorderen linken Kotflügel. Schon fast in Demut soll also das sportliche Selbstbewusstsein am anderen Ende der Umweltbilanz durch einen minimalen Normverbrauch kompensiert werden, jedenfalls soweit das Prospektpapier geduldig ist.

Das mittlere und vermutlich auch weiterhin am stärksten nachgefragte Motorenprogramm bleibt weitgehend bestehen, wurde aber auf der nach wie vor beliebten Diesel-Seite durch abermals optimierte Technologien zur Abgasreinigung unter dem Begriff "Twindosing" modernisiert.

Ob Tiguan R, eHybrid, R-Line oder die neu benannten Ausstattungslinien "Life" und "Elegance" – allen werden offensichtliche Überarbeitungen im Innenraum zuteil. Angefangen mit dem bereits im Passat eingeführten Lenkrad mit Touchflächen über neu gestaltete Schalt- bzw. DSG-Wählhebel und das nun serienmäßige Digitalcockpit bis zu einer gänzlich innovativen Klimabedienung mit Touchflächen und -slidern, die freilich kaum mehr blind bedienbar sein dürfte und die praktische maxA/C-Taste vermissen lässt.

Das Infotainment wurde hinter der Glasabdeckung auf den Stand des aktuellen Infotainmentbaukastens MIB3 gebracht und damit erneut ein höherer Grad der Online-Vernetzung eingeführt. Ebenfalls schon in Passat und Arteon verfügbar ist ein neues, "Travel Assist" genanntes Assistenzsystem. Es ermöglicht eine Übergabe der Beschleunigungs-, Brems- und Lenkfunktionen an das Fahrzeug bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h – vorausgesetzt, die Hände sind immer am Lenkrad. Mit DSG sind diese Möglichkeiten auch aus dem Stillstand heraus verfügbar.

Genaue technische Daten und Preise behält sich Wolfsburg noch vor. Sicher ist aber, dass zunächst die gängigen Varianten des kurzen Tiguan als Facelift vom Band laufen werden. R-Modell und Plugin-Hybrid werden ebenso verzögert einsetzen wie der verlängerte Tiguan Allspace; ob der "Offroad" weiter geführt wird, bleibt abzuwarten.
text  Wolfgang Schultz
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
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