Bis zu fünf Jahre Haft nach neuem Straftatbestand
Urteil: Flucht vor Polizei entspricht illegalem Autorennen
Vor einer Polizeikontrolle zu flüchten, ist in aller Regel nicht erfolgreich, und daher dämlich, weil teuer und riskant. Neuerdings ist es doppelt
dämlich, denn ein solches Verhalten fällt unter einen neuen Straftatbestand, urteilte jetzt ein Gericht.
Wer bei einer Verkehrskontrolle Gas gibt und versucht, vor der Polizei zu fliehen, kann sich nach der Vorschrift über "verbotene Kraftfahrzeugrennen"
strafbar machen, ohne direkt an einem klassischen Rennen teilgenommen zu haben. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einem von der Ergo-Rechtsschutzversicherung
mitgeteilten Fall entschieden.
Die Polizei hatte um vier Uhr früh versucht, einen Autofahrer für eine Verkehrskontrolle anzuhalten. Dieser hatte jedoch sein Fahrzeug nicht gestoppt, sondern
beschleunigt. Er überfuhr eine rote Ampel, fuhr mit 145 km/h durch eine Ortschaft, wurde dort von einer stationären Anlage geblitzt und fuhr dann auf einer
Bundesstraße mit bis zu 180 km/h statt der erlaubten 70 km/h. Dabei schnitt er auch die Kurven. Die Polizei gab schließlich aus Sicherheitsgründen die
Verfolgung mit Blaulicht und Sirene auf – und sammelte den Fahrer später zu Hause in Ruhe ein.
Das Amtsgericht Münsingen verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 2.800 Euro wegen "verbotenen Kraftfahrzeugrennens" nach dem 2017 eingeführten § 315d StGB.
Er verlor seine Fahrerlaubnis und bekam eine Sperrfrist für die Neuerteilung. Gegen diese Entscheidung legte er Rechtsmittel ein, da er der Meinung war, nicht
an einem illegalen Autorennen teilgenommen zu haben.
Doch das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte jedoch das Urteil der Erstinstanz. Der neue Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens enthält nämlich
eine Variante, nach der sich auch ein einzelner Fahrer strafbar machen kann. Und zwar dann, wenn er grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um eine
höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dem Gericht zufolge kommt es nicht darauf an, warum der
Betroffene rast, also um beispielsweise ein illegales Rennen mit anderen Teilnehmern zu gewinnen oder um vor der Polizei zu flüchten.
Zudem sei mit "höchstmöglicher Geschwindigkeit" nicht die technisch
höchstmögliche Geschwindigkeit des Fahrzeugs gemeint, sondern das, was in Anbetracht der Straßenverhältnisse und des Könnens des Fahrers im Einzelfall
möglich sei. Das Gericht begründete seine Entscheidung (Beschluss vom 04.07.2019, - 4 Rv 28 Ss 103/19 -) auch damit, dass eine Verfolgungsjagd mit der Polizei
die gleichen Unfallrisiken für andere Verkehrsteilnehmer mit sich bringe wie ein illegales Autorennen in der Stadt.
Fazit: Wer vor der Polizei flüchtet, verschlimmert in aller Regel seine Situation. Wenn zusätzlich zu den "normalen Strafen" auch noch der neue Tatbestand
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens ins Spiel kommt, droht nicht nur eine Geldstrafe, sondern im schlimmsten Fall ein Freiheitsentzug von bis zu zwei Jahren,
bei Gefährdung anderer bis zu fünf Jahren und bei schwerer Schädigung einer Person bis zu zehn Jahren.