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Dienstag, 19. März 2024
Markantes Elektroauto mit 800-Volt-Technik ab 32.000 Euro

Hyundai Ioniq 5: Elektroauto mit ID.entifikationspotential

Hyundai stellt ein ganz neues Elektroauto vor: Der Ioniq 5 ist groß, flink, schnell geladen, im Detail erfreulich, interessant gestylt – und zeigt so Volkswagens ID-Flotte, wie man es hätte machen können.
Hyundai
Der Hyundai Ioniq 5 erscheint im Sommer 2021:
Bis zu 305 PS, markantes Styling, viel Platz, erfreuliche Details
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Hyundais neuestes Elektroauto basiert auf einer vollständig neuen Plattform, es trägt jedenfalls am Ende einen uninspirierten Nummernnamen, es hat Heckantrieb und soll ein Leuchtturmprojekt für die nähere Zukunft sein. Das mag einem alles bekannt vorkommen - natürlich, von VWs ID.3 und ID.4.

Hyundai ist etwas später dran als die Wolfsburger und hat sympathischerweise erheblich weniger Tam-Tam um den Wagen gemacht. Zeit, die dem ersten Eindruck nach ins Produkt investiert wurde, und das sehr lohnend.

Zunächst die Fakten: Ioniq war bisher der Name nur für ein E- und Hybrid-Modell von Hyundai, das eher nicht in die automobile Geschichte eingehen wird. Künftig handelt es sich bei dem Namen, der die beiden Begriffe "ION" und "UNIQUE" miteinander verbindet, um eine Submarke von Hyundai - wie ID von VW, EQ von Mercedes, iV von Skoda oder i von BMW.

Der 5er ist das erste, aber natürlich nicht das letzte Modell dieser Linie. Mit 4,63 Metern Länge überragt er nicht nur den VW deutlich, sondern ist sogar länger als ein Hyundai Tucson. Auch die Breite von 1,89 Metern und die Höhe von 1,61 Metern sind üppig bemessen. Geradezu herrschaftlich ist der Radstand: Exakt drei Meter liegen zwischen den Achsen - so viel wie bei einem Dickschiff vom Schlage des Mercedes GLE.

Diese Maße muss man wissen, denn der Ioniq 5 sieht auf den ersten Bildern mehr nach Golf-Klasse denn nach Oberer Mittelklasse aus, was an den kurzen Überhängen ebenso liegt wie in der Reduktion auf zwei Seitenfenster. Reduktion ist auch sonst ein gutes Stichwort zum Design des Ioniq 5. Zwar sieht das Auto bewusst anders und einen Hauch futuristisch aus, verkneift sich aber die meisten Sicken, Wülste und sonstigen ChiChi-Zutaten, die man anderswo serviert bekommt.

Zu den wichtigen Merkmalen gehört die sog. "Clamshell"-Motorhaube. Sie zieht sich über die Kotflügel bis zu den Radhäusern und erstreckt sich wie eine Muschelschale über die gesamte Fahrzeugbreite. Man kennt das sonst etwa von Porsche-SUV oder dem VW Arteon. Sehr schlanke Scheinwerfer, bündig integrierte, herausfahrbare Türgriffe und ein sich über das gesamte Heck ziehendes Lichtband aus einzelnen LED-Punkten sind weitere Hingucker.

Optional liefert Hyundai ein Panorama-Glasdach oder ein Solardach, das unter optimalen Bedingungen eine zusätzliche Reichweite von bis zu 2.000 Kilometern im Jahr generieren können soll.

Die sogenannte V2L-Technik (vehicle-to-load) ermöglicht den Anschluss von externen Geräten mit 230 Volt Leistung. Und das nicht nur mit den sonst üblichen rund 100 Watt im Innenraum, sondern sowohl innen als auch außen an der Ladebuchse - bis zu 3,6 kW dürfen so entnommen werden, man könnte also eine Waschmaschine oder einen Backofen am Auto anschließen.

Der Innenraum - in schwarz, hellgrau oder hellgrau mit blaugrünen Akzenten - präsentiert sich sehr großzügig und modern-elegant. Die um 14 Zentimeter nach hinten verschiebbare Konsole auf dem "Mitteltunnel" sieht Hyundai als Herzstück. Mitteltunnel in Anführungszeichen, weil es einen solchen natürlich konzeptbedingt nicht gibt - im Zusammenspiel mit dem flachen Boden ergibt sich mit der Schiebekonsole so ein ganz neues Raumgefühl.

Hyundai verbaut serienmäßig zwei nebeneinander angeordnete Displays mit jeweils 12,25 Zoll Größe. Praxisnah: Unter dem als Touchscreen ausgelegten mittigen Monitor findet sich eine Leiste mit klassischen Knöpfen für die Klimabedieneinheit - und sogar ein Lautstärkeregler zum Drehen. Als erster Hyundai wartet der Ioniq 5 optional mit einem um Augmented-Reality-Funktionen erweiterten Head-Up-Display auf. Es verwandelt die Windschutzscheibe in einen überdimensionalen Bildschirm mit einer Diagonalen von 44 Zoll, auf dem Fahr- und Fahrzeuginformationen direkt in das Sichtfeld des Fahrers projiziert werden.

Nicht minder interessant sind die Sitze: Die Rückbank lässt sich ebenfalls verschieben (elektrisch, 13,5 Zentimeter). Die Vordersitze verfügen über eine Relax-Funktion mit ausklappbarer Beinauflage. Dort können Fahrer und Beifahrer dann beispielsweise entspannen, während die Batterie geladen wird - und werden sich womöglich wünschen, Hyundai wäre beim Thema Akku-Tanken nicht so zukunftsorientiert gewesen.

Der Ioniq 5 lädt nämlich sowohl an 400-Volt- als auch an 800-Volt-Ladepunkten, ohne dass zusätzliche Komponenten oder Adapter erforderlich sind. An einer 350-kW-Schnellladesäule lädt die Batterie nach Herstellerangaben bestenfalls in nur 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent ihrer Kapazität - kaum genug für einen Powernap. Eine Ladedauer von fünf Minuten genügt für eine Reichweite von 100 Kilometern nach WLTP-Norm.

Den Akku bietet Hyundai in zwei Größen an. Zur Wahl stehen Varianten mit 58 und 72,6 kWh Kapazität. Dazu kommen vier verschiedene Leistungsstufen des Antriebs. Die Topmotorisierung mit großem Akku besteht aus einem Heck- und einem Frontmotor mit einer Systemleistung von 225 kW entsprechend 305 PS. In Kombination mit dem kleineren Stromspeicher leisten beide E-Motoren zusammen immer noch imposante 173 kW/235 PS.

Neben den beiden Allrad-Varianten ist der Ioniq 5 auch mit Heckantrieb erhältlich. Hier stehen 217 bzw. 170 PS im Datenblatt. Bei allen Ausführungen liefert der Heckmotor 350 Newtonmeter Drehmoment, der Frontmotor ggf. weitere 255 Nm. Als Beschleunigungswert für den 0-100-Sprint gibt Hyundai Zeiten zwischen 5,2 und 8,5 Sekunden an. Als Reichweite nennen die Koreaner bisher nur den Bestwert für die Kombination aus großem Akku und Heckantrieb: Maximal 480 Kilometer nach WLTP-Norm.

Das alles klingt recht verheißungsvoll, finden wir - und der geneigte Leser womöglich auch. Falls nicht, können wir noch ein paar Zahlen ergänzen, nämlich, dass Hyundai die Höchstgeschwindigkeit aller Varianten recht großzügig auf 185 km/h festgesetzt hat, dass es zusätzlich zum hinteren Kofferraum (531 bis 1.591 Liter) auch einen "Frunk" (front trunk) gibt, der 57 (2WD) bzw. 24 (4WD) Liter fasst, dass der Ioniq 5 bis zu 1.600 Kilogramm schwere Anhänger ziehen darf - und über acht Jahre Garantie verfügt.

Bleibt die Frage, wie der Ioniq 5 kalkuliert ist. Bisher liegt nur der Basispreis vor: 41.900 Euro kostet die 170-PS-Variante mit dem kleinen Akku. Nach Abzug der Fördergelder von Staat und Hersteller verbleiben effektiv 32.330 Euro, das sind nur etwa 4.000 Euro mehr als VW für einen kleineren, deutlich einfacher gestrickten und schlechter ausgestatteten ID.3 mit 150 PS verlangt. Die genaue Ausstattung hat Hyundai noch nicht veröffentlicht, serienmäßig sind aber auf jeden Fall bereits im Basismodell die LED-Leuchten, die 800-Volt-Ladetechnik, die beiden 12,25"-Bildschirme mit Navigation, eine Rückfahrkamera, 19-Zoll-Räder und diverse Assistenzsysteme. Ausgeliefert wird ab dem Frühsommer, zunächst eine limitierte Sonderserie in Top-Konfiguration.

"Der Ioniq 5 ist die Neudefinition des Zeitlosen und der rote Faden, der unsere Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft verbindet", sagt SangYup Lee, Hyundais Senior Vice President und Chef des globalen Designcenters. Das klingt angenehm vornehm und unaufgeregt - wie das ganze Auto. Wir wären überrascht, wenn es keinen Erfolg haben sollte. Hyundai, bitte einen Testwagen!
text  Hanno S. Ritter
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
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