Norddeutscher Standort baut ab 2022 nur noch Elektrofahrzeuge
VW: Keine Passat-Zukunft in Emden
Seit kurzem wird ein Seat in Wolfsburg gebaut, aber das ist erst der Anfang: VW steht vor einer tiefgreifenden Umstrukturierung bei der Belegung der Werke.
Noch vor Abschluss der Beratungen ist klar: Im Passat-Werk in Emden werden künftig keine Passats mehr vom Band rollen, sondern Elektroautos. Für Hannover
gibt es ähnliche Pläne. Die Mitarbeiter sind nicht betroffen, jedenfalls überwiegend.
Volkswagen
Voraussichtlich 2021, nach dann 44 Jahren,
endet die Fertigung des VW Passat in Emden
Volkswagen wird den Passat und das Schwestermodell Arteon künftig nicht mehr am Standort Emden bauen. In dem norddeutschen Werk sollen ab 2022
Elektrofahrzeuge gebaut werden, bestätigte der Konzern heute entsprechende Gerüchte. Zuvor waren die Mitarbeiter in einer betriebsversammlung
über die grundlegenden Pläne informiert werden.
Anders als von Boulevard-Medien reichweitenstark berichtet, soll die Passat-Fertigung natürlich nicht komplett eingestellt werden, sondern auf einen
anderen Standort verlagert. Wer hier den Zuschlag bekommt, will der Autobauer an diesem Freitag beschließen und kommunizieren. Der Auftrag ist - auch
wenn ein sinkendes Volumen anzunehmen ist - nicht unbedeutend.
Aktuell steht der Passat für etwa 240.000 Einheiten im Jahr, rund 50.000 weniger als die Kapazität in Emden. Die Baureihe ist unter Druck geraten durch
den anhaltenden SUV-Boom einerseits und das überfällige Facelift andererseits: VW schickt den Passat in der Basis noch immer mit Halogenfunzeln zu den
Kunden, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch hat die Dieselkrise dem vor allem bei Geschäftskunden beliebten Passat mehr geschadet als anderen Modellen.
Zusätzlich zu Emden soll auch das Werk in Hannover zum E-Standort werden. Hier ist der Autobauer mit den Ankündigungen allerdings vorsichtiger:
Eine vollständige Umstellung ist zunächst nicht vorgesehen, und es ist von "voraussichtlich" die Rede. Der Standort gehört zu Volkswagen Nutzfahrzeuge
(VWN) und baut aktuell Versionen des T6 und den Amarok. Mit Hannover und Emden soll dann neben Zwickau das zweite E-Mobilitätszentrum der Marke
in Deutschland entstehen.
Für die Standorte Emden und Hannover wurde für die Transformationsphase eine Beschäftigungssicherung bis 2028 vereinbart. Personalvorstand Gunnar Kilian,
der die Pläne in Emden erläuterte, gestand ein, dass der Bau von Elektrofahrzeugen weniger Produktionsschritte umfasse und man demzufolge auch weniger Arbeitskräfte
benötige. Man habe deshalb mit den Betriebsräten vereinbart, dass das derzeitige Beschäftigungsvolumen "entlang der demographischen Kurve über die bei Volkswagen
attraktive Altersteilzeit sozialverträglich angepasst wird." Zahlen wurden nicht verlautbart.
Keine Zukunft haben die befristeten Jobs in Emden. Allerdings will der Konzern Betroffenen unbefristete Verträge an anderen Standorten anbieten, vor allem bei
Porsche in Zuffenhausen, Ludwigsburg und Sachsenheim sowie im VW-Werk Kassel.
Noch Anfang des Jahres war man in Emden davon ausgegangen, durch eine weitere Arteon-Variante und vor allem durch die Verlagerung der Passat-Fertigung aus
Zwickau die Unterbeschäftigung in den Griff zu bekommen. Intern gab es offenbar auch Überlegungen, das Werk als Retter für die mangelnden Kapazitäten von Skoda
zu nutzen. Die Gedankenspiele um einen Arteon Shooting Brake dürften damit auch Geschichte sein.
Volkswagen in Emden ist mit derzeit rund 8.700 Mitarbeitern der größte industrielle Arbeitgeber westlich von Bremen und nördlich des Ruhrgebiets. Der Standort, der
auch über ein Presswerk verfügt, erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 4,1 Millionen Quadratmetern, darunter auch Stellflächen für die Verschiffung der Fahrzeuge
und eine Erprobungsstrecke. Das Werk wurde 1964 eröffnet, zunächst lief der Käfer vom Band. Es folgten u.a. T2, Golf I, Audi 80, Santana, T4 und Taro, seit 1977
wird der Passat gebaut.