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Höhle des Löwen: Peugeot-Studie 907 |
Peugeot |
"Wir alle träumen nachts, und jeder strebt im Traum nach anderen Dingen, die bei Tagesanbruch verblassen oder ganz
verschwinden. Doch manchmal hinterlässt der Traum - zwar nicht greifbare, aber dennoch kräftige - Spuren, die sich im
Unterbewusstsein festsetzen" - wenn Peugeot in einem Pressetext so poetisch wird, muss es wohl einen ganz besonderen
Grund geben.
Und es gibt ihn: Die Rede ist zwar nur von einem Auto, aber das hat durchaus das Potenzial für manchen Traum bei
Tag oder Nacht - Peugeot hat ein großes Coupé geschaffen, das auf dem heimischen Pariser Autosalon, der Ende
September seine Pforten öffnet, für viele Oh-là-làs sorgen soll und sicher auch wird.
Großes Coupé meint dabei jedoch nicht etwa so etwas wie ein 607 Coupé, sondern mehr ein Auto in der Art von Mercedes
SL oder gar SLR McLaren - edel, teuer, selten und natürlich schnell.
Schnell bedeutet in diesem Fall, dass die Peugeot-Mannen tatsächlich einen Zwölfzylinder geschaffen haben, der aus
sechs Litern Hubraum exakt 500 PS entwickelt. Der längs eingebaute Frontmittelmotor überträgt seine Leistung über
eine kurze Antriebswelle an ein längs vor der Hinterachse liegendes Sechsganggetriebe, das eine Einheit mit dem
Achsantrieb bildet.
Durch eine in die Fronthaube eingelassene Glasfläche wird der Blick auf die zwölf Ansaugtrichter frei, die Vorfreude
auf den Sound der zwölf Pötte machen sollen. Auch weiter hinten gibt es viel Glas: Windschutzscheibe und Dach bilden
eine durchgehende Glasfläche, die wiederum in die Heckscheibe übergeht. Dazu hat die Löwenmarke ihrem ganzen Stolz
seitliche Kiemen an den vorderen Kotflügeln und den C-Säulen spendiert, was das Auto nicht unbedingt ruhiger in
punkto Optik macht, aber auffälliger. "Überzeichnet" nennt Peugeot das Gestaltungsprinzip, und die je zwei hinter der
Vorderachse montierten Auspuffrohre sind ebenfalls ein Beispiel dafür.
Hingucken ist also oberstes Prinzip, und wenn eine Marke, die sonst vor allem in der Klein- und Mittelklasse zu Hause
ist, einen Zwölfzylinder auf die gewaltigen Räder (18 Zoll mit Pneus im Format 275 vorne und 345 hinten) stellt, mag
man das auch verstehen.
Die Karosseriestruktur wird im Wesentlichen von einem Carbon-Monocoque gebildet, das die mechanischen Baugruppen,
wie etwa die vier Achswellen mit Doppelquerlenkern, aufnimmt, und unter anderem für das geringe Gewicht von nur
1.400 Kilo verantwortlich ist. Der 907 ist 4,37 Meter lang und 1,88 Meter breit, aber mit 1,21 Meter Höhe besonders
flach ausgefallen. Die Fahrgastzelle mit Platz für zwei ist weit nach hinten verschoben, um Raum für eine klassische
lange Motorhaube zu schaffen.
Die Karosserie ist im Farbton "Molybdän Grau" lackiert. Im Interieur sind sämtliche Verkleidungen und auch die
Sitze mit braunem Leder und hellgrauem Alcantara bezogen. Auf dem Lenkradbogen und dem Schalthebelknauf haben die
Designer Blenden aus Holz montiert. Das Kombiinstrument arbeitet zwar digital, die Anzeigen sind jedoch analog. Der
Touch-Screen auf der Mittelkonsole ist an einen PC angeschlossen, der u.a. den Weg weist und mp3-Musik abspielt.
Und was wird aus dem 907, wenn die Messe abgebaut wird? Darauf bekommt man bei Peugeot natürlich keine Antwort,
und zunächst wird sich das gute Stück wahrscheinlich mit einem Platz im Keller der Entwicklungsabteilung begnügen
müssen. Andererseits: Das Coupé stehe am "Scheideweg zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft", heißt es
vielsagend - und hätte man ein Auto, das garantiert nur ein bei Tagesanbruch verblassender Traum bleiben soll,
wirklich auf 907 getauft?