Das unabhängige Portal rund um Automobil & Verkehr
Freitag, 26. April 2024
Schrift: kleiner | größer
Lesezeit: ~ 2 Minuten
Bodewig weist Verantwortung zurück / OBUs kennen Karlsruhe nicht

Lkw-Maut: Start erst an Ostern 2004?

Siehe Bildunterschrift
Die Lkw-Maut © Toll Collect GmbH
wird zum Image-GAU
von Politik und Industrie
Der frühere Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) wehrt sich gegen Vorwürfe, er trage die Hauptverantwortung für die Pannen bei der Einführung der Lkw-Maut. "Es ist sehr viel Unsinn erzählt worden", sagte Bodewig am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Der von ihm ausgehandelte Vertrag mit dem Betreiberkonsortium Toll Collect sehe klare Vertragsstrafen und eindeutige Schadenersatzregelungen vor.

Bodewig befürwortete, die Verträge zu veröffentlichen. Damit könne man nachweisen, dass das Bundesverkehrsministerium seinerzeit "sehr sorgfältig" gearbeitet hätte. Der ehemalige Minister zeigte sich überzeugt, dass Toll Collect für die Startverzögerungen haften müsse.

Unterdessen wird ein Maut-Start zum 2. November immer unwahrscheinlicher. "Die Welt" berichtet unter Berufung auf BAG-nahe Kreise, wegen der anhaltenden technischen Probleme sei mit einer Verzögerung von einem halben Jahr zu rechnen. Das BAG (Bundesamt für Güterverkehr) ist als dem Bundesverkehrsministerium (BMVBW) unterstellte Behörde für die Betriebsgenehmigung des satellitengestützten Abrechnungssystems verantwortlich; sie hatte bereits den ursprünglichen Starttermin am 31. August verhindert. Laut "Welt" treffen sich heute und am morgigen Dienstag Vertreter von Toll Collect, BAG und BMVBW zu einem "Workshop", um die Situation zu besprechen. Toll Collect ist eine Tochtergesellschaft von DaimlerChrysler und Telekom. In der vergangenen Woche hatte das Unternehmen rund 20.000 der Mauterfassungsgeräte in den Fahrzeugen - sogenannte On Board Units (OBUs) - zurückgerufen (Autokiste berichtete).

Der Bund verliert durch die Verzögerungen nach eigenen Angaben 156 Millionen Euro jeden Monat. Sollte das Projekt also tatsächlich erst in einem halben Jahr starten können, geht es hier inklusive der weiteren Kosten für Verhandlungen, Gutachten und Personal sowie der Einnahmeausfälle bei der Lkw-Vignette schnell um 1 Milliarde Euro und mehr, die im Bundeshaushalt bereits eingeplant waren.

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet heute von den technischen Problemen in der Praxis. Das System, so schreibt die Zeitung, kenne "Hamburg Hafen" nicht als Ziel, genauso wenig wie die Stadt Karlsruhe. Außerdem würden häufig völlig falsche Routen berechnet und zu kurze Fahrtzeiten festgelegt, die Staus und gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten nicht berücksichtigten. Ferner seien dem System bereits registrierte Lkw bisweilen unbekannt. "So einen Mist muss ich doch nicht entwickeln", zitiert die SZ den Disponenten einer großen Spedition.

Weiter hieß es, inzwischen liege eine erste Klage einer Spedition gegen Toll Collect vor, zahlreiche weitere seien in unmittelbarer Vorbereitung. Die Speditionen verlangen vom Maut-Betreiber Schadenersatz für die Ausfallzeiten der Lkws bei Montage und Austausch der OBUs.
text  Hanno S. Ritter
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
Sie befinden sich im Archiv. Meldungen und enthaltene Links können veraltet sein. Bitte beachten Sie das obenstehende Veröffentlichungsdatum dieser Nachricht. Aktuelle Auto-News finden Sie hier.