Verdienen manche Mitarbeiter in der Mercedes-Produktion weniger als 1.000 Euro netto im Monat? Das jedenfalls
berichtet ein SWR-Reporter aus eigener Erfahrung. "Das Erste" zeigt seine Dokumentation heute Abend im Fernsehen.
SWR-Reporter Jürgen Rose hat herausgefunden, dass an den Fließbändern des Autobauers Daimler AG Menschen
beschäftigt werden, die so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können und ihren Unterhalt durch
Hartz-IV-Aufstockung sichern müssen.
Möglich wird dies der Recherche zufolge das sogenannte Werkverträge: Der Reporter ließ sich von einer
Leiharbeitsfirma anstellen; diese verlieh ihn an eine Logistikfirma. Doch wurde er nicht für
Transportarbeiten eingesetzt, sondern direkt am Fließband des Mercedes-Benz-Werkes in Untertürkheim, wo
er Hand in Hand mit der Stammbelegschaft von Daimler zusammenarbeitete.
Rose verdiente bei seiner Arbeit am Fließband einen Stundenlohn von 8,19 Euro pro Stunde, das macht monatlich
etwa 1.220 Euro brutto bzw. 990 Euro netto. Nach Angaben von Daimler-Betriebsräten liegt die niedrigste Tarif-Lohnstufe
für die Daimler-Stammbelegschaft mit etwa 3.400 Euro knapp dreimal so hoch. Der Verdienst des SWR-Reporters als
Billiglöhner war so gering, dass er als Familienvater mit vier Kindern Anspruch auf Hartz-IV-Aufstockung in Höhe
von 1.550 Euro monatlich hatte.
Werden so immer mehr Arbeitsplätze nicht durch Lohn, sondern durch Steuermittel finanziert, fragt Roses Film.
Der Arbeitsmarktforscher Prof. Stefan Sell von der Fachhochschule Remagen hält diese Konstruktion für eine Form
der illegalen Arbeitnehmerüberlassung.
Daimler erklärte dem SWR auf Anfrage, man kaufe Dienstleistungen außerhalb des eigenen Kerngeschäfts ein. Die
Tätigkeiten von Daimler-Mitarbeitern und die Tätigkeiten der Mitarbeiter von Drittfirmen seien voneinander
abgegrenzt. Es gebe bei Daimler entsprechende Richtlinien und Vorgaben, die sämtliche arbeitsrechtlichen Belange
berücksichtigten und die regelmäßig überprüft würden. Dass die Tätigkeiten zwischen billigen Mitarbeitern von
Fremdfirmen und eigenen Stammkräften durchmischt seien, konnte der Vorsitzende des Daimler-Konzernbetriebsrats,
Erich Klemm, nicht bestätigen. Er sagte auf Anfrage: "Wenn das so wäre, wie Sie das schildern, wäre es nicht
in Ordnung und das Unternehmen muss das abstellen."
Dokumentation "Hungerlohn am Fließband: Wie Tarife ausgehebelt werden" von Jürgen Rose, Montag, 13.05.2013
um 20.15 Uhr im Ersten.