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Freitag, 26. April 2024
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Bald dürfte sich die WiKo-Zukunft entscheiden

VW: Winterkorn entschuldigt sich

Ungewöhnlicher Skandal, ungewöhnliche Maßnahmen: Mittels einer Videobotschaft hat sich Martin Winterkorn am Dienstag an die Öffentlichkeit gewandt. Darin bittet der VW-Konzernchef um Entschuldigung und kündigt abermals Aufklärung an – und wirkt angeschlagen.
VW: Winterkorn entschuldigt sich
Screenshot
"Ich entschuldige mich in aller Form":
VW-Konzernchef Martin Winterkorn zum Abgasskandal
Mit einer an die Presse verschickten und bei Facebook veröffentlichten, aber jedenfalls zum Zeitpunkt dieses Artikels weder auf der VW-Website noch der Youtube-Präsenz eingebundenen, Videobotschaft hat sich VW-Chef Martin Winterkorn in der Affäre um manipulierte Abgaswerte erneut an die Öffentlichkeit gewandt. Der Manager entschuldigte sich für die Vorkommnisse und erklärte, man sei dabei, die Hintergründe schonungslos aufzuklären.

Er bezeichnete die Manipulationen als "schlimmen Fehler einiger Weniger". Es tue ihm unendlich leid. Persönliche Konsequenzen kündigte Winterkorn, der ungewöhnlich angespannt wirkte, nicht an. Ob er gut beraten war, sein Gesicht für immer mit dieser Affäre zu verknüpfen, erscheint fraglich, zumal der Skandal trotz seiner Ungeheuerlichkeit letztlich harmloser ist als manch' Skandale der Wettbewerber, wo es um zig Todesfälle geht. Nach wie vor bleibt offen, was der Konzernchef wann wusste und warum der Skandal gerade jetzt an die Öffentlichkeit kam. Der Gedanke, dass "WiKo"s langjähriger Ziehvater und Weggefährte, zuletzt aber massiv Winterkorns Ablösung vorantreibender Ferdinand Piëch dahintersteckt, ist ebenso interessant wie - spekulativ.

Unterdessen handeln Medien bereits Porsche-Chef Matthias Müller als seinen Nachfolger. Der ursprüngliche Plan sieht vor, dass der VW-Aufsichtsrat in dieser Woche Winterkorns Vertrag um drei Jahre verlängert. Dass dies wirklich so kommt, erscheint nach der gestern mitgeteilten großen Dimension des Skandals, der hohen medialen Aufmerksamkeit und des bei VW sowieso anstehenden strukturellen Umbruchs eher unwahrscheinlich, Winterkorns Botschaft wirkt denn auch wie ein letzter, ein bisschen verzweifelter Versuch, den eigenen Stuhl zu retten.

Sollte Winterkorn zum Rücktritt gedrängt werden, ginge eine neunjährige, fraglos erfolgreiche Ära in Wolfsburg zu Ende: Ungeachtet des jetzigen Skandals hat der inzwischen über 600.000 Mitarbeiter zählende Konzern Winterkorn viel zu verdanken.

Autokiste dokumentiert das Statement von Winterkorn nachfolgend im Wortlaut:
Meine Damen und Herren,

die Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren unseres Konzerns widersprechen allem, für was Volkswagen steht.

Auch ich habe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Antworten auf alle Fragen. Aber wir sind dabei, die Hintergründe schonungslos aufzuklären. Dazu kommt in diesen Stunden alles auf den Tisch - so schnell, gründlich und transparent wie möglich. Dazu arbeiten wir weiter eng mit den zuständigen staatlichen Stellen und Behörden zusammen. Diese schnelle und umfassende Aufklärung hat höchste Priorität. Das sind wir unseren Kunden, unseren Mitarbeitern und der Öffentlichkeit schuldig. Und, um es klar zu sagen: Manipulieren und Volkswagen - das darf nie wieder vorkommen.

Meine Damen und Herren,

viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt vertrauen unseren Marken, unseren Autos und unseren Technologien. Es tut mir unendlich leid, dass wir dieses Vertrauen enttäuscht haben. Ich entschuldige mich in aller Form bei unseren Kunden und den Behörden und der gesamten Öffentlichkeit für das Fehlverhalten.

Bitte glauben Sie mir: Wir werden alles tun, um entstandenen Schaden wieder gut zu machen. Wir werden alles tun, um Ihr Vertrauen Schritt für Schritt zurückzugewinnen.

In unserem Konzern arbeiten mehr als 600.000 Menschen daran, die besten Autos für unsere Kunden zu bauen. An unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet sage ich: Ich weiß, mit wie viel Einsatz und großer, echter Aufrichtigkeit, Sie Tag für Tag ihre Arbeit machen.

Mir ist natürlich klar, dass jetzt vieles infrage gestellt wird. Ich verstehe das. Aber es wäre falsch, wenn wegen der schlimmen Fehler einiger Weniger die harte und ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerät. Das hat unsere Mannschaft nicht verdient.

Auch deshalb bitten wir, bitte ich, um Ihr Vertrauen auf unserem weiteren Weg. Wir klären das auf. Wir arbeiten intensiv an nötigen technischen Lösungen wir werden alles tun, um Schaden von unseren Kunden und Mitarbeitern abzuwenden. Ich gebe Ihnen mein Wort: Bei all dem werden wir mit der größtmöglichen Offenheit und Transparenz vorgehen.
text  Hanno S. Ritter
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