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Freitag, 26. April 2024
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Studie zeigt Hybrid-Potential: 500 PS, 730 Nm, 4,0 Sekunden

Peugeot 308 R HYbrid: Der China-Kracher

Für eine eindrucksvolle Unterstützung des 308-Markeintritts in China hatten die Peugeot-Ingenieure eine Mission zu erfüllen: Der automobilen Welt zu demonstrieren, was auf der Kompaktplattform EMP2 des PSA-Konzerns möglich ist. Das Ergebnis beeindruckt nicht nur Motorsport-Fans.
Peugeot
Imageträger mit drei Motoren: Peugeot begleitet
die 308-Einführung in China mit einem 500-PS-Boliden
Während es auf dem Heimatkontinent weiterhin kriselt, blickt der französische Autobauer PSA mit den Marken Peugeot und Citroën hoffnungsvoll auf das Reich der Mitte: das 1992 besiegelte Joint-Venture mit der im chinesischen Wuhan ansässigen Dongfeng Motor Corporation läuft gut und bescherte der Unternehmensgruppe in 2014 ein sattes Absatzplus von 30%. Entsprechend selbstbewusst erweitert Peugeot anlässlich der Shanghai Auto Show das lokale Portfolio und lässt die in Europa bereits 2013 eingeführte und erfolgreiche Schrägheck-Limousine 308 nun mit dem Zusatz "S" auch von Dongfeng fertigen. Ein speziell für den chinesischen Markt konzipiertes Stufenheck-Derivat ist dort schon länger erhältlich.
500 PS für ein sportliches Image
Auch wenn die Zukunft von PSA hauptsächlich vom Erfolg genau solcher Brot- und Butter-Modelle abhängt, kann es nicht schaden, dem potentiellen Käufer und den regionalen Medien darüber hinaus einen Eindruck von den technologischen Möglichkeiten und sportlichen Ambitionen dieser Fahrzeugbasis zu vermitteln. Tatsächlich dürften die halbwegs bezahlbaren Standardmodelle des neuen 308 S reichlich blass wirken gegen das, was Peugeot Sport - die hauseigene Motorsportabteilung - für Shanghai auf die Räder gestellt hat. Mit der Studie 308 R HYbrid zeigt Peugeot einen reinrassigen Boliden, der nicht nur optisch auf dicke Hose macht, sondern insbesondere durch die pure Leistungsangabe aufhorchen lässt: 500 PS im Kompaktsegment sind eine Hausnummer, die durchaus weiterer Erläuterungen bedarf.
Peugeot HYbrid4: die vergessene Revolution
Dabei steckt ein Teil der Lösung bereits im Namen - wir haben es also mit mindestens zwei Antriebsquellen zu tun, dennoch erscheint die Leistungsausbeute auch für hybride Konzepte überdurchschnittlich hoch. Und PSA hat in den letzten Jahren nicht unbedingt als innovativer Vorreiter auf diesem Gebiet Schlagzeilen gemacht, obwohl man 2011 mit dem allradgetriebenen Crossover 3008 HYbrid4 immerhin den ersten Diesel-Vollhybrid mit Elektroantrieb an der Hinterachse für sich reklamieren konnte, dessen Antriebskonzept auch im aktuellen 508 RXH HYbrid4 erhältlich ist. Übrigens, bevor es spätestens jetzt aufstößt: das französische Marketing schreibt HYbrid tatsächlich mit einem großen "Y".
730 Nm – nicht im Alleingang zu schaffen
Wie holen die Motorsport-Ingenieure von Peugeot nun 500 PS aus einem Hybriden? Indem man einem ohnehin schon sehr potenten Benzinverbrenner mit schlanken 1,6 Liter Hubraum und üppigen 270 PS nicht nur einen, sondern gleich zwei äußerst kräftige Elektromotoren mit je 115 PS zur Seite stellt. Davon ist einer direkt an das automatische 6-Gang-Getriebe gekoppelt, während der zweite für den Antrieb der Hinterachse sorgt und damit einen kurvendynamischen Allradantrieb gewährleistet. Diese Reserven summieren sich im sogenannten Hot-Lap-Modus auf ein maximales Drehmoment von sagenhaften 730 Nm und ermöglichen den Standard-Spurt auf 100 km/h in exakt 4,0 Sekunden, von der elektronisch auf 250 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit gar nicht zu reden.
Vier Fahrmodi von hart bis zart, drei Arten der Aufladung
Für weniger brachiale Einsatzfälle wählt der Fahrer zwischen drei weiteren Modi, die eine stufenweise Reduzierung der Leistung mit sich bringen. Im Track-Modus sind der Benziner und der hintere E-Motor im Eingriff, so dass 400 PS und 530 Nm anliegen. Der vordere Elektromotor fungiert dabei als temporärer Booster. Mit 300 PS und 400 Nm ist der Road-Modus für den normalen Straßenverkehr gedacht, hier ist überwiegend der Verbrennungsmotor gefragt. Im ZEV-Modus (Null Emissionen) schließlich arbeiten ausschließlich die E-Motoren mit Vorrang für die Hinterachse.

Was so schnell in Fahrt ist, muss auch wieder zum Stillstand kommen - in diesem Fall mit großen Vierkolben-Bremsen und teils mit Hilfe der Elektromotoren, welche die Verzögerungsenergie dankbar für das rekuperative Laden der unter der Rücksitzbank platzierten Lithium-Ionen Batterie umwandeln. Der ursprünglich dort montierte Tank für den Benzinmotor musste in den Kofferraum umziehen, dennoch gelang den Entwicklern eine agile Achslastverteilung mit 60:40 zugunsten der Vorderachse unter Beibehaltung eines möglichst tiefen Gesamtschwerpunkts. Geht die Batterie zur Neige, kann der vordere E-Motor als Generator eingesetzt oder das Fahrzeug wie ein normaler PHEV an der Steckdose geladen werden.
Tief, breit und gierig nach Frischluft
Außergewöhnliche Leistung will natürlich auch ansprechend verpackt sein, und so präsentiert sich der 308 R HYbrid mit der bereits bei anderen sportlichen Modellen angedeuteten Zweifarb-Lackierung angemessen auffällig. Nicht minder offensiv geriet die Gestaltung der Fahrzeugfront mit zusätzlichen Lufteinlässen in der Motorhaube sowie prägnanten Anström-Öffnungen jeweils seitlich an der Schürze. Weitere Blickfänge sind das zentrale Kühlergitter im Zielflaggendesign und der darunter angebrachte große Modellschriftzug. Das tiefe Fahrwerk und die um 80 mm breitere Spur verstärken den entschlossenen Ausdruck des wilden Kompakten. In der Seitenansicht kommen die mehrfarbigen 19-Zoll-Felgen und der scharfe Schnitt zwischen glänzendem Blau und mattem Schwarz so richtig zur Geltung, während das Heck vom tief herunter gezogenen Stoßfänger mit den riesigen seitlichen Luftauslässen dominiert wird.
Einzelsitze im Fond, neue Innenraum-Materialien
Im Interieur mussten sich die Designer im Wesentlichen an der Serie orientieren, durften jedoch die Mittelkonsole bis hinten verlängern und vier extrem sportliche Leder-Schalensitze in Rotbraun verbauen. Im Rest des Innenraums überwiegen anthrazitfarbene Töne zusammen mit roten Dekorationselementen. Innovativ erscheint der dicke Textilbezug des Armaturenträgers, der laut Peugeot die sonst gängige Unterschäumung überflüssig machen kann. Der Fahrer kontrolliert das Geschehen mit dem kleinen mit gelochtem Leder überzogenen Lenkrad und flippert sich mit den dahinter befindlichen Schaltwippen durch die sechs Gänge der Automatik. Für den Motorstart, den Wechsel der Fahrmodi und das Einlegen der Fahrstufe mit dem kurzen Automatikschalthebel ist allerdings ein Griff zur Mittelkonsole unentbehrlich.

Wie sich dieses irrwitzige Kraftpaket tatsächlich in der Praxis anfühlt, wird wohl der gemeine Autokäufer nie erfahren. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der PSA-Konzern Teile dieses technologischen Konzepts in massenkompatibler und vor allem verkäuflicher Version über kurz oder lang in verschiedene Serienmodelle transferieren wird. Ein Hingucker mit erstaunlichen Performancedaten ist Peugeot aber bereits jetzt allemal gelungen.
text  Wolfgang Schultz
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