Vignetten, Abgasplaketten, Firmenaufkleber – früher oder später müssen sie runter vom Glas oder Blech des Autos.
Welche "Chemiekiste" aus dem Zubehörhandel sich dabei gut schlägt, hat aktuell die GTÜ zusammen mit den Kollegen der Auto-Zeitung
im Dutzend untersucht.
FAKT/GTÜ
Im GTÜ-Test erwiesen sich neun der
zwölf Klebstoff-Entferner als "empfehlenswert"
Eine Vignette oder einen anderen Aufkleber vom Auto zu entfernen, ist eher nicht vergnügungssteuerpflichtig. Viele Menschen greifen daher
zu speziellen Klebelösern, die das Prozedere vereinfachen und beschleunigen wollen. Doch was ist dran an diesen Versprechen?
Testsieger mit dem Prädikat "empfehlenswert" wurde bei gewaltigen Preisunterschieden zwischen den einzelnen Kandidaten ein eher billiges Produkt,
nämlich der HG Aufkleberentferner, gefolgt von acht ebenfalls empfehlenswerten Konkurrenten. Auf Platz 2 landete der Meyer Chemie Problemlöser
Aufkleber-Entferner vor Caramba Aufkleber-Entferner und dem Solvent 50 Etikettenlöser von Kontaktchemie. Dahinter liegen punktgleich Presto
Aufkleber-Entferner und Tesa professional Klebstoffentferner, gefolgt von Cleanextreme Aufkleber-/Klebstoff-Entferner, Mellerud Aufkleber und
Klebereste Entferner sowie dem Nigrin Vignetten- und Kleber-Entferner. Auf den weiteren Plätzen etablierten sich die "bedingt empfehlenswerten"
Industrie Clean von Würth und der Aufkleber Entferner von Wepos sowie Uhus Etikettenlöser.
Die Experten der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) bewerteten zunächst Bedienungsanleitung, Dosierbarkeit, Verteilbarkeit, Ergiebigkeit und
Geruch der Testprodukte. Da spielen auch vermeintliche Kleinigkeiten eine Rolle. So sind extra Sprührohre für Sprays oder Pinsel zum Auftrag der Substanzen
nur Cent-Artikel. Sie bringen jedoch Vorteile beim Dosieren. Aber nicht nur da. Bei der Preisbewertung kassierten Caramba, Solvent 50, Tesa und Uhu Sonderpunkte
für den besseren Ausstattungsumfang.
Am wichtigsten ist natürlich die eigentliche Funktionsprüfung. Schweiz- und Österreich-Vignetten des Jahres 2015 sowie Schadstoffplaketten wurden auf
Autoscheiben gepappt, D-Kennzeichen und weitere Aufkleber auf eine Motorhaube. Wie sich die unterschiedlichen Aufkleber dann wieder ablösen lassen und
wieviel Rückstand an Vignette und Klebstoff mit jedem Reinigungsversuch noch verbleibt, hängt von den Qualitäten jedes einzelnen Testproduktes ab. Die
empfehlenswerten Produkte erzielten in punkto Funktion von 200 möglichen Punkten 140 bis über 160 Punkte. Die GTÜ-Fachleute notierten aber auch
systematische Unterschiede zwischen den Aufklebern. Auf Glas lösen sich demzufolge Schadstoffplakette und Österreich-Vignette deutlich leichter als
die eidgenössischen Exemplare.
Ein recht kompaktes Bild lieferte die Verträglichkeitsprüfung der Aufkleberentferner. Die Tester verzeichneten keine Schäden auf Türdichtungsgummi und
Kunststoff eines Armaturenbretts, die 24 Stunden lang den Testsubstanzen ausgesetzt waren. Flecken auf Auto-Polsterstoff gab es bei drei Produkten.
Die Beurteilung der Vignetten-Löser auf Gesundheit und Umweltverträglichkeit zeigte allerdings Gefahrenpotential auf. Die Kennzeichnungen auf den
Gebinden besagen nämlich unmissverständlich, dass menschlicher Kontakt mit den getesteten Chemikalien unbedingt zu vermeiden ist und deren unsachgemäße
Entsorgung die Umwelt belastet. Cleanextreme, HG, Mellerud und Tesa tragen sogar das Thorax-Symbol für mögliche Organschädigung bei längerer oder
wiederholter Exposition. "Völlig unverständlich, dass unter diesen Umständen Cleanextreme und Tesa noch nicht einmal mit einer ordentlichen Kindersicherung
ausgestattet sind", kritisierten die Prüfer.
Nutzer der Produkte sollten nach GTÜ-Empfehlung also unbedingt die Bedienungsanleitung lesen. Da finden sich gelegentlich Formulierungen wie
"Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Augenschutz, Gesichtsschutz tragen." Wer dann noch Lust
hat, mit diesem Mittel im Fahrzeuginnenraum einen Aufkleber von der Scheibe zu lösen, sollte zumindest wissen, was er tut. Oder er muss mit
einem Arsenal an alten Aufklebern durch die Welt fahren.