Club: Anordnung ist verfrüht, schlecht begründet und in der Wirkung zweifelhaft
Dieselgate: AvD kritisiert Groß-Rückruf
Der amtlich angeordnete Rückruf der VW-Diesel mit Abschalteinrichtung hat niemanden überrascht und
wohl alle zufriedengestellt. Fast alle, denn der Automobilclub von Deutschland wendet sich jetzt gegen die umfangreiche
und teure Maßnahme: Mit Argumenten, die man nicht teilen muss, sich aber durchaus hören lassen.
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) kritisiert
den vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)
angeordneten Rückruf der VW-Fahrzeuge mit Schummelsoftware als verfrüht, schlecht begründet und in der Wirkung zweifelhaft.
Die offizielle Begründung, bei den betroffenen Fahrzeugen sei die Betriebserlaubnis erloschen, sei unzutreffend, denn der US-Abgastest
sei gar nicht Teil der europäischen Typprüfungsvoraussetzungen und der ABE, heißt es in einer Stellungnahme des Clubs, die am Montag
in Frankfurt/Main verbreitet wurde.
Der AvD geht nach der herrschenden Rechtslage davon aus, dass eine momentan fehlerhafte Abgassoftware auch bei korrektem
Funktionieren in einem im Fahrbetrieb nicht erreichbaren (EU) Normzustand keine Auswirkungen auf die Betriebserlaubnis
oder Zulassung des einzelnen Fahrzeuges hat. Das Bundesverkehrsministerium habe bereits 2009 bei der Neufassung der
Typzulassungsregeln erklärt, dass der Entzug der Typzulassung die Betriebserlaubnis des einzelnen Fahrzeugs nicht berührt.
Zur Argumentation verweist der AvD auch auf die Rückrufen zugrundeliegende Vorschrift des § 7 Abs. 2 der EG-Fahrzeuggenehmigungs-Verordnung
(EG-FGV), wonach ein Hersteller selbst zum Rückruf verpflichtet ist, wenn ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit, die
Gesundheit oder die Umwelt vorhanden ist. Dies jedoch sei im Falle von VW nicht gegeben. Es sei sogar strittig, welche konkreten
Gesundheitsgefahren von erhöhten Stickoxid-Werten ausgehen, und wer bislang durch diese möglichen Emissionen gefährdet oder gar
geschädigt wurde. Auch die Begründung, das KBA und das Verkehrsministerium hätten den ersten amtlich begründeten Rückruf wegen
der großen Zahl betroffener Fahrzeuge verordnet, sei nicht stichhaltig, weil weder die Wirkung der Maßnahme gesichert noch eine
Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs gegeben und auch kein nachweislich individuell zuzuordnender Schaden Dritter erwiesen sei.
Obwohl noch nicht einmal konkret feststehe, welche Änderungen im Rahmen der Rückrufaktion durchgeführt werden und welche Auswirkungen
sie auf die Automobile haben, sei der Rückruf bereits angeordnet worden. Der Club geht davon aus, dass in den meisten Fällen
- gemeint sind wohl die 2,0-TDI-Motoren - bei den europäischen Fahrzeugen nur das amerikanische Testlaufprogramm deaktiviert wird,
was keinerlei Auswirkungen auf das Fahrverhalten habe.
Ohne das Vorhandensein der für die Maßnahme notwendigen Rechtsgrundlage der dringlichen Abwendung von Gefahren sei der
amtlich verordnete Groß-Rückruf auch deshalb verfrüht, weil auf Werkstätten und Handel als Ansprechpartner der Kunden
ein Milliardenaufwand zukommen könnte.