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Mittwoch, 24. April 2024
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Britische Sportwagenschmiede meldet sich mit 406 PS und 300 km/h zurück

Lotus Evora 400: Das Power-Facelift

Abseits der holprigen Unternehmenssituation stellt die Sportwagenschmiede Lotus auf dem Genfer Salon den deutlich erstarkten, technisch modernisierten und frisch gestylten Evora 400 vor – mit nicht weniger Anspruch, als den gestandenen europäischen Wettbewerbern auf und neben der Rennstrecke das Fürchten zu lehren.
Lotus
Premium nicht, aber ordentlich sportlich:
Der neue Lotus Evora 400 schafft die 300-km/h-Marke
Wenn der geneigte Autokenner nach einem Synonym für Leichtbau und Fahrspaß gefragt wird, steht die Sportwagenmarke Lotus ganz oben auf der Liste. Begeistert doch das famose Konzept des legendären Lotus Seven - auch später als Caterham bekannt - heute wie damals Enthusiasten auf der ganzen Welt. Doch auch ein hervorragender Name schützt vor wirtschaftlichen Einbrüchen und zahlreichen Eignerwechseln nicht, und so gelang es erst 1996, die Marke durch Wiederbelebung alter fahrdynamischer Traditionen in Form des Lotus Elise (im Volksmund eigentlich "die" Elise) und dessen späteren Ablegers Exige als ernstzunehmenden Hersteller begehrenswerter Kurvenräuber neu zu etablieren. So gesehen damals kein schlechter Zeitpunkt für den malaysischen Automobilkonzern Proton, sich das Know-How aus Norfolk im selben Jahr einzuverleiben.
Bewegte Geschichte und suboptimale Publicity
Die großen, 2010 angekündigten Pläne der Lotus-Führung auf Basis zahlreicher neuer Modelle in verschiedenen Segmenten mussten bereits 2012 massiv zurückgefahren werden, da Proton seinerseits vom malaysischen Fahrzeugkonzern DRB-Hicom übernommen wurde und jener angesichts roter Zahlen aus dem Königreich schnell ungeduldig wurde. Schließlich machte man vor wenigen Monaten unrühmliche Schlagzeilen mit einem brachialen Restrukturierungsprogramm, welches den Verzicht auf gut 25 Prozent des Mitarbeiterstamms vorsieht. Insofern ist es nur ein mittelmäßig gutes Klima, in dem Lotus nun kurz vor dem Genfer Salon die Werbetrommel für den überarbeiteten bzw. nach Lesart des Herstellers natürlich "neuen" Evora 400 rührt.
Bekannter Toyota V6 mit 16% mehr Leistung
Die ersten Fakten des bis dato stärksten Serienfahrzeugs mit Lotus-Emblem können sich allerdings sehen lassen: 406 PS bei drehfreudigen 7.000/min und 300 km/h Spitzengeschwindigkeit sind mehr als eine Ansage an hochkarätige und emotionale Wettbewerber wie den unlängst vorgestellten Porsche GT4, den Audi TT RS oder den Alfa Romeo 4C. Dabei werden dem weiterhin von Toyota bezogenen V6-Motor mit 3,5 Litern Hubraum vorwiegend durch einen großvolumigeren Kompressor zusätzlich 56 Pferdestärken und 10 Nm Drehmoment im Vergleich zum stärksten Vorgängermodell Evora S entlockt. Das neue Aggregat verhilft dem Neuling in nicht mehr als 4,1 Sekunden auf 100 km/h, wobei die abgespeckten 22 Kilogramm zwar förderlich, aber ausgehend von einem Basisgewicht um 1.400 kg nicht als revolutionär zu bezeichnen sind.
Größere Bremsen und Sperrdifferential
Ohnehin muss sich der Käufer im Klaren sein, es hier nicht mit dem traditionell-puristischen Lotus der ersten Stunde zu tun zu haben. Mit dem 2008 eingeführten Vorgänger wurde vielmehr ein leicht aufgeweichtes Mittelmotor-Konzept mit 2+2 Sitzanlage und reichlich Komfort-Features eingeführt, die Elise-Fahrer nur vom Hörensagen kennen - namentlich z.B. Servolenkung, Tempomat und Parkpilot. Dennoch darf sich der Evora besonders nach dieser gründlichen technischen Renovierung als reinrassiger Sportwagen bezeichnen, was sich unter anderem auch in der nochmals vergrößerten Bremsanlage (370 und 350 mm Durchmesser) hinter den 19 und 20 Zoll großen Leichtmetallrädern im 5-Arm-Design ausdrückt. Geschaltet wird standardmäßig mit einem manuellen Sechsganggetriebe, das fortan immer mit einem neuen Torsen-Sperrdifferential an der Hinterachse zur Verbesserung der Traktion gekoppelt ist. Optional steht dem Kupplungs-abgewandten Interessenten auch eine 6-Gang-Automatik mit optimierten Schaltzeiten zur Verfügung.
Atmungsaktiv: Neue Front mit großen Lufteinlässen
Das Frontdesign des Evora 400 wurde evolutionär weiterentwickelt, ohne das aktuelle Lotus-Gesicht zu verwässern. Großzügig dimensionierte Lufteinlässe mit grobem Wabengitter sind dabei gleichermaßen optische Hilfsmittel und unabdingbar für die Kompressor-Zwangsbeatmung des Triebwerks, die charakteristischen Luftgitter unterhalb der Windschutzscheibe wurden beibehalten. Etwas getrübt wird die selbstbewusste Vorderansicht allerdings von den lieblos integrierten neuen LED-Tagfahrleuchten, die ein wenig an Nachrüstung aus dem Baumarkt erinnern.

Im Seiten- und Heckbereich fallen die Änderungen Facelift-typisch weniger auffällig aus. So vermag der interessierte Verkehrsteilnehmer bei der seltenen Begegnung mit einem Evora 400 (und dann sehr wahrscheinlich während er von selbigem überholt wird) ein etwas ausdrucksstärkeres Heck dank neuer Gestaltung von Heckflügel, Diffusor, Leuchten und Endschalldämpferblende zu erkennen. Insgesamt - so der Hersteller - führen die aerodynamischen Überarbeitungen zu einer spürbar erhöhten Abtriebskraft bei höheren Geschwindigkeiten, was neben der erhöhten Leistung und optimierten Traktion für erheblich bessere Rundenzeiten auf dem Lotus-Hometrack sorgt.
Moderner und wohnlicher im Innenraum
Im nun leicht geräumigeren Innenraum empfangen den Fahrer ein neues Lenkrad aus Magnesium mit großen Schaltpaddles für das optionale Automatik-Getriebe und komplett neue Sportsitze mit verbessertem Seitenhalt, eingerahmt von aktualisierten Ausstattungslinien wie Voll-Alcantara oder Schottischem Leder. Ebenfalls überarbeitet wurden die Instrumentengrafik und das Infotainment-System. Weiterhin steht für den Evora erstmals eine Start-Stopp-Anlage zur Verfügung.

Angaben zu Preisen und Bestellbarkeit mochte Lotus noch nicht mitteilen, stattdessen jedoch verspürt man in der Chefetage offenbar das Bedürfnis, andere Informationen mit der Pressemitteilung zu verknüpfen und jüngsten Vertrauensdefiziten entgegen zu wirken: Die gesamten Produktionskapazitäten sollen bis September dieses Jahres auf 70/Woche aufgestockt und hierfür bis zu 150 neue Fachkräfte eingestellt werden. Über diesen Trend würden sich Mitarbeiter wie Freunde der Marke sicher gleichermaßen freuen.
text  Wolfgang Schultz
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