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Donnerstag, 28. März 2024
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Nur zwei unabhängige Studien zu R-1234yf / Giftige Gase bei Brand als Novum

Wissenschaftler hält neues Klima-Kältemittel für gefährlich

Die Diskussion um die Sicherheit des neuen Kältemittels R-1234yf in Auto-Klimaanlagen geht weiter. Der Experte Andreas Kornath, Chemie-Professor an der Universität München, hält die Chemikalie nicht nur für gefährlich, sondern auch aus Gründen des Klimaschutzes für nicht sinnvoll. Professor Kornath, der früher selbst beim Hersteller DuPont geforscht hat, hält die jetzt beginnende Einführung des neuen Kältemittels etwa in der neuen B-Klasse von Mercedes für unangebracht. Er kritisiert, dass es weltweit nur zwei unabhängige Studien über die Chemikalie gibt.

"Ich habe neben drei von den Herstellern des Kältemittels finanzierten Studien nur zwei unabhängige Untersuchungen finden können", sagte Kornath den "VDI nachrichten". Dabei handele es sich um die 2009 von der Bundesanstalt für Materialsicherheit (BAM) in Berlin erarbeitete Studie, die den Einsatz kritisch sieht, und eine österreichische Studie. Auf so eine dünne Datenlage lasse sich die Erklärung der Unbedenklichkeit des Mittels, wie durch den Verband der Automobilindustrie (VDA) und die Bundesregierung erfolgt, nicht stützen. "Die Bundesregierung verlässt sich bei ihrem Urteil also auf Aussagen, die vor allem auf Studien im Auftrag der Kältemittelhersteller selbst beruhen", kritisiert Kornath.

Der Chemiker und Experte für Kältemittel hält den Einsatz von R-1234f bei jährlich rund 40.000 Fahrzeugbränden in Deutschland für zu gefährlich. "Springender Punkt ist doch, dass R-1234yf bereits bei 405 Grad Celsius brennt und giftige Gase bildet, während das bei R-134a bis 900 Grad Celsius nicht der Fall ist." R-134a ist das bisherige, allerdings klimaschädliche und deswegen bei neuen Typprüfungen nicht mehr genehmigungsfähige Kältemittel. Während 900 Grad Celsius bei Autobränden kaum auftreten, sei ein Niveau von 500 Grad Celsius wahrscheinlich. "Es brennen meist stehende Autos. Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass das für Passanten ungefährlich ist", warnt Kornath. "Es ist ein Novum, dass ein Kältemittel für Kfz-Klimaanlagen beim Verbrennen hochgiftige Gase bildet."

Aber auch die Klimabilanz des neuen Mittels zieht Kornath in Zweifel. Offiziell ist R-1234f nur viermal so klimaschädlich wie reines Kohlendioxid, das 2007 vom VDA zunächst als neues Kältemittel vorgesehen war. "Die Produktion basiert auf einer energieintensiven fünfstufigen Synthese samt einer Pyrolyse bei mehreren hundert Grad Celsius", erklärte Kornath. Obendrein falle jede Menge Sondermüll an, der bei hohen Temperaturen zersetzt werden muss. "Der Aufwand ist höher als bei mancher Arznei", stellt er fest. Herstellt wird R-1234f weltweit nur von dem Joint Venture der US-Konzerne DuPont und Honeywell. Die EU hat Mitte Dezember ein Kartellverfahren eingeleitet, um zu untersuchen, ob die beiden Chemieunternehmen ihre Marktmacht missbrauchen.
text  Hanno S. Ritter
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