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Donnerstag, 28. März 2024
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Zweite Generation wird größer und schöner / Neue Motoren, Getriebe, Optionen

Das ist die neue Mercedes B-Klasse

Daimler
Neuheiten auf breiter Front:
Mercedes B-Klasse
Die neue Mercedes B-Klasse fährt nicht nur mit verfeinertem Design und edlerem Interieur in die Zukunft, sondern gleichzeitig auch mit neuen Motoren und Getrieben sowie zusätzlichen Extras. Als i-Tüpfelchen haben die Stuttgarter der IAA-Neuheit die erste radargestützte Kollisionswarnung der Kompaktklasse spendiert – serienmäßig. Die Mercedes B-Klasse gilt vielen, neben ihrem A-bleger und dem Golf Plus, als das Seniorenauto schlechthin. Das muss nicht per se Negatives bedeuten, aber es war Mercedes wohl trotzdem ein Dorn im Auge. Andererseits können es sich die Stuttgarter nicht leisten, diese große und zahlungskräftige Klientel zu verprellen. Es galt also, die zweite Generation der B-Klasse zu verjüngen, ohne ihren Charakter völlig zu verändern.

Mittel zum Zweck ist zunächst ein neues Design mit deutlich satterem Auftritt. Es geht zurück auf die um knapp neun Zentimeter auf 4,36 Meter gewachsene Außenlänge, was außer beim kürzeren VW Golf als Standard der Unteren Mittelklasse gelten kann. Während die Breite nur um wenige Millimeter wächst, sinkt die Höhe der B-Klasse deutlich: 4,6 Zentimeter sind es nun weniger. Die verbleibenden 1,56 Meter sind immer noch überdurchschnittlich, nehmen dem Auto aber einiges von seinem bisherigen Van-Charakter und dürften wegen des niedrigeren Schwerpunkts auch für eine verbesserte Fahrdynamik sorgen. Und noch eine Zahl: Der Wendekreis konnte von den bisherigen knapp zwölf auf elf Meter reduziert werden, das ist fast das Niveau der heckgetriebenen C-Klasse.

Möglich wurde dies, weil Mercedes die gesamte Konstruktion geändert hat. Der doppelte Sandwich-Boden mit den schräg montierten Motoren ist weitgehend Geschichte, das Chassis entspricht dem üblichen Fronttriebler-Standard dieser Klasse. Entsprechend sinkt die Sitzhöhe, und zwar gleich um gut 8,5 Zentimeter. Das wird trotz des leichteren Zustiegs nicht jedermann freuen, aber Mercedes hat gleichzeitig die zahlreichen Kundenwünsche nach einer besseren Sitzposition erhört. Die ist jetzt aufrechter, bietet also mehr Abstand vom Boden zur Sitzoberfläche. Wie die unterschiedlichen Rückgänge bei Außen- und Sitzhöhe vermuten lassen, hat auch die Kopffreiheit weiter zugelegt. Knapp 1,05 Meter (Modelle ohne Schiebedach) ist ein sehr guter Wert.

Noch imposanter ist die Beinfreiheit für die Fondpassagiere: Mit 97,6 Zentimetern übertrumpft die B-Klasse in dieser Disziplin sogar E- und S-Klasse. Auf Wunsch liefert Mercedes ein sogenanntes "EASY-VARIO-PLUS"-System. Es umfasst u.a. die Längsverstellung der Fondsitze um bis zu 14 Zentimeter sowie eine nach vorn klappbare Beifahrersitzlehne zum Transport langer Gegenstände. Das Kofferraumvolumen beträgt je nach Position der Rückbank zwischen 488 und 666 Liter, bisher waren es 544.
Hochwertigeres Interieur
Das übrige Interieur erfreut mit einer Hochwertigkeit, die Mercedes in den letzten Jahren teilweise nicht einmal eine Klasse darüber hinbekommen hat. Nun aber soll der Maßstab nach oben verschoben werden, tönt es in Stuttgart. Ein Urteil darüber, ob das speziell im Vergleich mit VW und Audi gelungen ist, ist ebenso Geschmackssache wie es einer persönlichen Begutachtung vorbehalten bleibt. Die Liebe zum Detail lässt sich schon den Bildern entnehmen: Klare Instrumente mit hängenden Zeigern à la Audi, gleich fünf aufwendig gestaltete Lüftungsdüsen, bessere Ambientebeleuchtung und eine optional mit Kunstleder bezogene Armaturentafel fallen ins Auge.

Das große Zierteil im B-Klasse-Cockpit ist in vier Varianten von Holz über Alu-Look bis Stoff erhältlich. Der Automatik-Wählhebel sitzt nun wie bei den größeren Baureihen am Lenkrad - eine Lösung, die nicht jedem gefallen wird. Schön sind dagegen die neuen Multimedia-Systeme mit dem freistehend wirkenden Monitor (5,8 oder optional 7 Zoll Größe), die über einen Controller bedient werden und in der höchsten Ausbaustufe einen Internetzugang und App-Funktionalität bieten.
Akzentuiertes Design mit neuen Details und aufwändiger Lichttechnik
Die ersten Bilder zeigen ein eleganteres, dynamischer wirkendes Auto - ohne dass es wirklich elegant oder dynamisch ausgefallen wäre. Die Überhänge der Karosserie fallen jetzt größer aus, ohne allerdings negativ aufzufallen. Natürlich trägt auch die B-Klasse den aus anderen Baureihen bekannten bulligen, senkrecht stehenden Grill und erhält das Pfeildesign für die Spiegelblinker. Auffallend sind aber besonders die beiden ausgeprägten Sicken in den Türen.

Das dritte Seitenfenster verläuft oben endlich in einer Linie mit den Türausschnitten, der neuerdings nach links liegende Heckwischer hat seinen Drehpunkt endlich in der Scheibe, und allgemein sind die Blechlinien filigraner gezogen. Die Heckleuchten sind weicher gezeichnet als bisher und verfügen jedenfalls teilweise über LED-Technik, und auch vorne hat sich Mercedes auffallend bemüht, den Nachholbedarf in Sachen Lichttechnik zu verringern. So gibt es nicht nur ein LED-Tagfahrlicht in der Frontschürze, sondern auch große, höchst auffällig geschwungene Blinker in den Scheinwerfern. Warum Mercedes nach Jahrzehnten auf die Idee gekommen ist, den Tankdeckel unpraktischer- und ungewohnterweise und gegen den Sicherheitsgedanken nach links zu verlegen, wissen wir nicht.
Bestwerte in Sachen Aerodynamik
Viel Mühe und Zeit hat Mercedes mit der Aerodynamik verbracht. Im Ergebnis kommt die B-Klasse auf einen hervorragenden Cw-Wert von 0,26, den Bestwert in der Kompaktklasse. Später soll ein ECO-Technologie-Paket folgen, das den Wert sogar auf 0,24 drückt, womit die B-Klasse dann mit dem E-Klasse Coupé als "Aerodynamik-Weltmeister" gleichzieht. Sensationell sei das, schwärmt Mercedes, und natürlich ist ein geringer Luftwiderstand gut für Akustik und Verbrauch, wenngleich dazu noch keine Angaben vorliegen.
Komplett neuer Antriebsstrang
In das neue Auto pflanzt Mercedes auch neue Motoren und Getriebe. Bei dem Benziner der Baureihe M270 handelt es sich um einen Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum, Turboaufladung und Direkteinspritzung. In der B-Klasse werden sie zunächst mit den weiterhin missverständlichen Bezeichnungen als B 180 mit 122 PS und als B 200 mit 156 PS angeboten, wobei das maximale Drehmoment von 200 bzw. 250 Nm bereits ab 1.250/min zur Verfügung steht. Weitere Leistungsstufen werden folgen, und weil der Motor nicht nur für den Quereinbau wie in der B-Klasse, sondern auch für den Längseinbau konzipiert ist, darf man annehmen, ihn künftig auch in der C-Klasse zu finden, mindestens.

Andersherum gilt dies für den aus C- bis S-Klasse bekannten 2,1-Liter-Diesel, der nun, auf 1,8 Liter verkleinert und in vielen Details überarbeitet, in der B-Klasse quer eingesetzt wird. Als B 180 CDI stehen 109 PS zur Verfügung, als B 200 CDI sind es 136 PS. Das maximale Drehmoment beträgt 250 Nm ab 1.400/min bzw. 300 Nm ab 1.600/min. Daten zu Fahrleistungen hält der Autobauer noch unter Verschluss.

Das Fünfganggetriebe der Benziner hat Mercedes ebenso aufs Altenteil geschickt wie die stufenlose Automatik. Stattdessen übernimmt die Kraftübertragung jetzt ein neu entwickeltes manuelles Sechsgang-Getriebe oder, erstmals in einem Mercedes-Pkw, ein ebenso neues Doppelkupplungsgetriebe "DCT" nach VW-Vorbild mit sieben Gängen. Ein Start-Stopp-System ist modellübergreifend serienmäßig.
Mehr Fokus auf Sicherheit
Mehr Dynamik, mehr Komfort, mehr Design - trotz allem hat sich Mercedes auch der Sicherheit angenommen, und das mehr als erwartet. Als Weltneuheit im Kompaktsegment verfügt die B-Klasse - serienmäßig - über eine radargestützte Kollisionswarnung mit adaptivem Bremsassistenten, was die Gefahr eines Auffahrunfalls verringert. Der sogenannte "COLLISION PREVENTION ASSIST" warnt den eventuell abgelenkten Fahrer optisch und akustisch vor erkannten Hindernissen und bereitet den Bremsassistenten auf eine möglichst punktgenaue Bremsung vor. Diese wird eingeleitet, sobald der Fahrer das Bremspedal deutlich betätigt.

Im Unterschied zu auf dem Markt befindlichen Systemen in dieser Klasse handelt es sich bei dem neuen Brems-Assistenten nicht um ein reines Stadtsystem zur Minimierung von Bagatellschäden. Vielmehr zielt die Lösung auf den Schutz vor typischen Auffahrunfällen in gefährlichen Verkehrssituationen über 30 km/h.

Außerdem verfügt die neue B-Klasse auch hinten (außen) über Gurtkraftbegrenzer, über die Müdigkeitserkennung "Attention Assist" und über sechs statt vier Airbags. Zu den neuen Optionen gehören Seitenairbags hinten, Rückfahrkamera, Abstandstempomat, Toter-Winkel- und Spurhalte-Assistent, "Geschwindigkeitslimit-Assistent" (Schildererkennung), Berganfahrassistent (Hill Holder) und PRE-SAFE. Kern des das vorausschauenden Sicherheitssystems ist die reversible Gurtstraffung, die Schließung von Seitenscheiben und Schiebedach und die Verstellung des optionalen elektrischen Beifahrersitzes in eine optimale Position bei kritischer Quer- oder Längsdynamik oder beim Eingriff bestimmter Assistenzfunktionen. Ein Notrufsystem kann Mercedes jedoch nicht anbieten.
So viele Neuheiten wir noch nie
"So viele Neuheiten auf einen Schlag gab es noch bei keinem Modellwechsel in der Geschichte von Mercedes-Benz", betont Dr. Thomas Weber, Daimler-Vorstand für Konzernforschung und Leiter Entwicklung Mercedes-Benz Cars. Deswegen, weil die neue B-Klasse tendenziell schlicht schöner als die alte ist und weil sie wohl Jüngere ebenso anzusprechen vermag wie die ältere Stammkundschaft, darf man annehmen, dass die Produktionsbänder in Baden-Württemberg und im neuen Werk in Ungarn schon bald nicht mehr still stehen werden, hat sich die alte B-Klasse doch bis zuletzt eher nicht wegen, sondern trotz des bevorstehenden Modellwechsels gut verkauft.

Erstmals in natura zeigt sich die B-Klasse auf der IAA im September, die Händlerpremiere dürfte im November stattfinden. Dass anschließend, noch dynamischer und auffälliger, die neue A-Klasse und zwei weitere Karosserieversionen folgen, ist kein Geheimnis. Die B-Klasse ist aber von allen vier Versionen die flexibelste. Die Techniker haben zwar den doppelten Boden abgeschafft, aber nicht ganz: Unter der Rücksitzbank ist Platz vorgesehen für Batterien oder andere alternative Antriebsformen. Man dürfte von dem Auto noch viel hören.
text  Hanno S. Ritter
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